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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Mal einen bewegten Charakter verleiht, der bei der Ungezwungenheit der Ge¬
schäftssinnen stets mit einigen tumultuarischen Scenen verbunden zu sein Pflegt.

Der Rittergutsbesitzer Manecke auf Duggenkoppel, schon bekannt durch die
zuerst von ihm erneuerte Opposition gegen die auf nicht legalem Wege wieder¬
hergestellte Feudalverfassung und durch die Unermüdlichkeit, mit welcher er seit
länger als zwei Jahrzehnten den Feudalismus in allen seinen Gestalten be¬
kämpft, hatte unter dem 1. August 1862 folgenden Antrag beim Engeren
Ausschuß von Ritter- und, Landschaft. Zwecks Inklination zum nächsten Land-
atge, eingereicht/: "die Landtagsversammlung wolle erklären: Ritter- und Land¬
schaft erkennen nach ruhiger Ueberlegung und genauer Prüfung der obschwe-
bcnden Verfassungsfrage und in Berücksichtigung des allgemeinen Wunsches
der Bevölkerung Mecklenburgs die zwischen dem Großherzoge von Mecklenburg-
Schwerin und den von der Bevölkerung des Landes gewählten Abgeordneten
vereinbarte und am 10. October 1849 publicirte Repräsentativverfassung
nunmehr als zu Recht bestehend an, und soll der Großherzog nicht allein von
dieser Anerkennung in Kenntniß gesetzt, sondern auch das Gesuch an Allerhöchst-
dcnsclbcn gerichtet werden, für die schleunigste Wiedereinführung der Verfassung
vom 10. October 1849 Sorge zu tragen."

Der Engere Ausschuß von Ritter- und Landschaft war jedoch über diesen
Antrag schweigend hinweggegangen und hatte dessen Inklination absichtlich
unterlassen, aus Grund einer von diesem Collegium während der letzten Jahre
ausgebildeten Theorie, wonach es mit dem, von den Mitgliedern desselben auf
die alte Landesverfassung geleisteten Eide nicht vereinbar sein sull, einen An¬
trag, der aus Aenderung der, Verfassung gerichtet ist, ^ur Berathung zu beför¬
dern. In Erwartung eines solchen Verhaltens des Engeren Ausschusses hatte
Herr Manecke inzwischen die Inklination seines Antrags durch den Engeren
Ausschuß dadurch zu ersetzen gesucht, daß. er den Antrag selbst an die einzelnen
ritterschaftlichen Aemter und Städte mit Begleitschreiben versandte und ihn auf
diesem Wege zur vorgängigen Kenntniß, der. Landstände brachte. In der Land¬
tagssitzung vom 21. November versuchte er nur", dem in der> Reihe der Engeren,,
Ausschuß-Propositionen fehlenden. Antrags mittelst Dictamens zum Landtagspro-
tvkoll zu übergeben und dadurch die Verhandlung über denselben anzubahnen.
Er fand jedoch mit diesem Vorhaben bei deur Vorsitzende" der Landtagsver-
sammlung. dem durch seine lutberjsche Orthodoxie mehr als durch seine dra¬
matischen Dichtungen bekannten Landrath Friedrich v. Maltzcm auf Nothen-
moor, Rcichsfreiherrn zu Wartenberg und Penzlin. so wie bei mehren anderen
Mitgliedern des Landtagsdirectoriums, entschlossenen Widerstand. Eines der
letzteren, der Landraih v. Rieden ans Galenbeck. warf Herrn Manecke Inkon¬
sequenz vor. wenn er die Verfassung von 1849 für zu Recht bestehend erkläre
Mal dennoch an der Versammlung von Ritter- und Landschaft sich betheilige


Mal einen bewegten Charakter verleiht, der bei der Ungezwungenheit der Ge¬
schäftssinnen stets mit einigen tumultuarischen Scenen verbunden zu sein Pflegt.

Der Rittergutsbesitzer Manecke auf Duggenkoppel, schon bekannt durch die
zuerst von ihm erneuerte Opposition gegen die auf nicht legalem Wege wieder¬
hergestellte Feudalverfassung und durch die Unermüdlichkeit, mit welcher er seit
länger als zwei Jahrzehnten den Feudalismus in allen seinen Gestalten be¬
kämpft, hatte unter dem 1. August 1862 folgenden Antrag beim Engeren
Ausschuß von Ritter- und, Landschaft. Zwecks Inklination zum nächsten Land-
atge, eingereicht/: „die Landtagsversammlung wolle erklären: Ritter- und Land¬
schaft erkennen nach ruhiger Ueberlegung und genauer Prüfung der obschwe-
bcnden Verfassungsfrage und in Berücksichtigung des allgemeinen Wunsches
der Bevölkerung Mecklenburgs die zwischen dem Großherzoge von Mecklenburg-
Schwerin und den von der Bevölkerung des Landes gewählten Abgeordneten
vereinbarte und am 10. October 1849 publicirte Repräsentativverfassung
nunmehr als zu Recht bestehend an, und soll der Großherzog nicht allein von
dieser Anerkennung in Kenntniß gesetzt, sondern auch das Gesuch an Allerhöchst-
dcnsclbcn gerichtet werden, für die schleunigste Wiedereinführung der Verfassung
vom 10. October 1849 Sorge zu tragen."

Der Engere Ausschuß von Ritter- und Landschaft war jedoch über diesen
Antrag schweigend hinweggegangen und hatte dessen Inklination absichtlich
unterlassen, aus Grund einer von diesem Collegium während der letzten Jahre
ausgebildeten Theorie, wonach es mit dem, von den Mitgliedern desselben auf
die alte Landesverfassung geleisteten Eide nicht vereinbar sein sull, einen An¬
trag, der aus Aenderung der, Verfassung gerichtet ist, ^ur Berathung zu beför¬
dern. In Erwartung eines solchen Verhaltens des Engeren Ausschusses hatte
Herr Manecke inzwischen die Inklination seines Antrags durch den Engeren
Ausschuß dadurch zu ersetzen gesucht, daß. er den Antrag selbst an die einzelnen
ritterschaftlichen Aemter und Städte mit Begleitschreiben versandte und ihn auf
diesem Wege zur vorgängigen Kenntniß, der. Landstände brachte. In der Land¬
tagssitzung vom 21. November versuchte er nur», dem in der> Reihe der Engeren,,
Ausschuß-Propositionen fehlenden. Antrags mittelst Dictamens zum Landtagspro-
tvkoll zu übergeben und dadurch die Verhandlung über denselben anzubahnen.
Er fand jedoch mit diesem Vorhaben bei deur Vorsitzende» der Landtagsver-
sammlung. dem durch seine lutberjsche Orthodoxie mehr als durch seine dra¬
matischen Dichtungen bekannten Landrath Friedrich v. Maltzcm auf Nothen-
moor, Rcichsfreiherrn zu Wartenberg und Penzlin. so wie bei mehren anderen
Mitgliedern des Landtagsdirectoriums, entschlossenen Widerstand. Eines der
letzteren, der Landraih v. Rieden ans Galenbeck. warf Herrn Manecke Inkon¬
sequenz vor. wenn er die Verfassung von 1849 für zu Recht bestehend erkläre
Mal dennoch an der Versammlung von Ritter- und Landschaft sich betheilige


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/92>, abgerufen am 24.11.2024.