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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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über die Stellung Holsteins zu dem Budget von 1861 verhandelte, sich jeder
Andeutung enthielt, daß seit dem Schlüsse der holsteinischen Ständeversammlung
die Ausgaben für 1861 um 1,897,000 Rthlr. erhöht worden, wovon bereits
1,700,000 Rthlr. aus dein Holstein angehörigen "Reservefonds der Monarchie"
entnommen waren, und daß in gleicher Weise unterm 4. und 29. October, also
zu einer Zeit, wo die "internationalen Verhandlungen" eben eröffnet wurden
weitere 700,000 Rthlr. über das Normalbudget hinaus verausgabt wurden.

Drittens, daß während man bei den deutschen Mächten den Glauben er¬
weckte, daß das Decret des Bundes vom 7. Februar, betreffend die Unzulässig¬
keit einer Feststellung des Budgets für 1861 ohne Genehmigung der Stände
jedenfalls während der internationalen Verhandlungen respectirt werden würde,
dasselbe thatsächlich über den Haufen geworfen worden ist.

So hat die dänische Regierung das Wort gehalten, das sie dem Grafen
Russell gab, so ist sie mit der Transaction umgesprungen, bei welcher der
britische Staatssecretair als Vermittler fungirt hat. In London hat sie- dieselbe
als ein "Zugeständniß", als ein "Opfer", durch welches die diplomatischen Ver¬
handlungen "theuer erkauft" sein, dargestellt; in Kopenhagen ließ sie das Ganze
zu einer "leeren Formalität", zu einer bloßen "Buchhaltereifrage" Weginter¬
pretiren, und in Wahrheit endlich war, was sie ausführte, ein vermessenes
Attentat auf die Decrete des Bundes, ein maßloses Vergreifen an den Rechten
und Interessen Holsteins.

Es versteht sich von selbst, daß man dies weder in Itzehoe noch in Frank¬
furt ruhig wird hinnehmen können.

Bei dieser Gelegenheit dürften übrigens noch einige Bemerkungen zur
Erklärung der finanziellen Differenzen am Platz e sein.

Wie man weiß! bilden die Beschwerden über finanzielle Prägravation seit
langen Jahren ein fortlaufendes Capitel in den Verhandlungen der holsteinischen
Stände. Ungeachtet der Beitrag zur Civilliste und zu den Apanagen jetzt von
den Herzogtümern anderweitig geleistet werden muß, hat man z. B. dennoch
die Einnahmen aus den Domainen, obwohl die Domainen nach der Bekannt¬
machung vom 28. Januar 18S2 zu den "Specialangelegenheiten" gehören,
der Specialkassc entzogen und der "Gesammtstaatskasse" überwiesen, und nicht
zufrieden damit hat man überdies eine Menge anderweitiger Einnahmen, die
zu den Grundsteuern zu zählen sind, ebenfalls mit unter die Rubrik, "Domaine-
einnahmen" geworfen, um sie auf diese Weise mit für die "Gesammtstaatskasse"
einzuziehen. In gleicher Weise hat man Holstein, statt circa 21 Proc., wie es
die Bevölkerungszahl mit sich gebracht hätte, 23 Proc. als seinen Antheil zur
Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben der Monarchie aufgebürdet, während
das Königreich seinerseits um so viel weniger zahlte. Es hat daher Holstein
seit 18L2 im Verhältnisse zum Königreiche circa eine halbe Million Per Jahr


über die Stellung Holsteins zu dem Budget von 1861 verhandelte, sich jeder
Andeutung enthielt, daß seit dem Schlüsse der holsteinischen Ständeversammlung
die Ausgaben für 1861 um 1,897,000 Rthlr. erhöht worden, wovon bereits
1,700,000 Rthlr. aus dein Holstein angehörigen „Reservefonds der Monarchie"
entnommen waren, und daß in gleicher Weise unterm 4. und 29. October, also
zu einer Zeit, wo die „internationalen Verhandlungen" eben eröffnet wurden
weitere 700,000 Rthlr. über das Normalbudget hinaus verausgabt wurden.

Drittens, daß während man bei den deutschen Mächten den Glauben er¬
weckte, daß das Decret des Bundes vom 7. Februar, betreffend die Unzulässig¬
keit einer Feststellung des Budgets für 1861 ohne Genehmigung der Stände
jedenfalls während der internationalen Verhandlungen respectirt werden würde,
dasselbe thatsächlich über den Haufen geworfen worden ist.

So hat die dänische Regierung das Wort gehalten, das sie dem Grafen
Russell gab, so ist sie mit der Transaction umgesprungen, bei welcher der
britische Staatssecretair als Vermittler fungirt hat. In London hat sie- dieselbe
als ein „Zugeständniß", als ein „Opfer", durch welches die diplomatischen Ver¬
handlungen „theuer erkauft" sein, dargestellt; in Kopenhagen ließ sie das Ganze
zu einer „leeren Formalität", zu einer bloßen „Buchhaltereifrage" Weginter¬
pretiren, und in Wahrheit endlich war, was sie ausführte, ein vermessenes
Attentat auf die Decrete des Bundes, ein maßloses Vergreifen an den Rechten
und Interessen Holsteins.

Es versteht sich von selbst, daß man dies weder in Itzehoe noch in Frank¬
furt ruhig wird hinnehmen können.

Bei dieser Gelegenheit dürften übrigens noch einige Bemerkungen zur
Erklärung der finanziellen Differenzen am Platz e sein.

Wie man weiß! bilden die Beschwerden über finanzielle Prägravation seit
langen Jahren ein fortlaufendes Capitel in den Verhandlungen der holsteinischen
Stände. Ungeachtet der Beitrag zur Civilliste und zu den Apanagen jetzt von
den Herzogtümern anderweitig geleistet werden muß, hat man z. B. dennoch
die Einnahmen aus den Domainen, obwohl die Domainen nach der Bekannt¬
machung vom 28. Januar 18S2 zu den „Specialangelegenheiten" gehören,
der Specialkassc entzogen und der „Gesammtstaatskasse" überwiesen, und nicht
zufrieden damit hat man überdies eine Menge anderweitiger Einnahmen, die
zu den Grundsteuern zu zählen sind, ebenfalls mit unter die Rubrik, „Domaine-
einnahmen" geworfen, um sie auf diese Weise mit für die „Gesammtstaatskasse"
einzuziehen. In gleicher Weise hat man Holstein, statt circa 21 Proc., wie es
die Bevölkerungszahl mit sich gebracht hätte, 23 Proc. als seinen Antheil zur
Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben der Monarchie aufgebürdet, während
das Königreich seinerseits um so viel weniger zahlte. Es hat daher Holstein
seit 18L2 im Verhältnisse zum Königreiche circa eine halbe Million Per Jahr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/59>, abgerufen am 27.11.2024.