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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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sogenannte Verfassung vom 2. October 1883 nicht mehr gilt, und welches
folglich durch den Reichsrath nicht vertreten ist. Folglich hat die dänische Re¬
gierung willkürlich über den Antheil Holsteins am Reservefonds verfügt. Das
ist ein Pröbchen von der Art und Weise, wie man das, was Herr Hall das
Opfer vom 29. Juli zu nennen beliebt, illusorisch gemacht hat."

In der That Niemand wird ohne Erstaunen nähere Kenntniß von den
Thatsachen nehmen können, auf welche in der angeführten Stelle seitens des
preußischen Cabinets hingewiesen wird.

In der Sitzung des Neichsraths vom 29. Januar 1862 (S. "Rigsraads-
idende" Sy. 131) legte nämlich der Finanzminister "drei königliche Beschlüsse,
gefaßt in Hinblick auf § 54 des Verfassungsgesetzes" vor. Diese Vorlage, die
in den Beilagen zur "Nigsraadstidende" unter Ur. 34, Sy. 763 mitgetheilt
ist, enthält drei von allen Ministern contrasigmrte königliche Beschlüsse,
von denen der erste im Conseil im Schlosse Christiansborg den 17. April
186l, der zweite im Schlosse Christiansborg den 4. October 1861 und der
dritte auf Christiansborg den 29. October 186Z paraphirt worden ist. In dem
ersten dieser Beschlüsse läßt sich das Ministerium in Abwesenheit des Reichs-
raths vom Könige auf Grund einer außerordentlichen, von der Negierung vor
dem Reichsrathe zu vertretenden Vollmacht dazu ermächtigen, über die vom
"Reichsrathe" für 1861 gemachten Bewilligungen hinaus die Summe von
1,897,000 Nthirn. für außerordentliche Rüstungen zu Lande und zur See zu
verausgaben und zur Deckung dieses Betrags 1.700,000 Nthlr. aus dem "Re-
servefond der Monarchie" zu entnehmen; in dem zweiten Beschlusse ist eine
ebensolche Ermächtigung zur Verausgabung von 97,000 Rthlrn, enthalten,
von denen 67,000 Rthlr. wiederum zu Rüstungen und 30,000 Nthlr. zu Aus-
gabeii'für königliche Schlösser verwendet werden sollen, und in gleicher Weise
werden in der dritten unterm 29. October 1861 ausgefertigten Resolution
600,000 Nthlr. auf den "Reservefonds der Monarchie" und zwar wieder für Rü¬
stungen zu Lande und zur See angewiesen.

Der "Reservefond der Monarchie" war ebenso wie der bereits im Vorher¬
gehenden besprochene "Kassebchair" Gesammteigcnthum aller Bestandtheile der
Monarchie. Was Holstein speciell betrifft, so hatte es zur Bildung dieser
Fonds 23 Proc. beigetragen, und mit so viel war es also bei jeder Ausgabe,
die aus denselben bestritten wurde, betheiligt. In allen drei Ordonnanzen
findet sich kein Wort, welches irgend eine Reservation in Betreff der Gerecht¬
same Holsteins an diesen Fonds enthielte. Die Minister stellen sich einfach
auf den Boden des § 54 der "Verfassung für die gemeinsamen Angelegenheiten
der Monarchie" ä, et. 2. October 1855.

Dieser Paragraph lautet: "Keine Ausgabe darf abgehalten werden, welche
nicht in den oben angeführten Finanzgcsetzen begründet ist. Jedoch kann der Kömg


sogenannte Verfassung vom 2. October 1883 nicht mehr gilt, und welches
folglich durch den Reichsrath nicht vertreten ist. Folglich hat die dänische Re¬
gierung willkürlich über den Antheil Holsteins am Reservefonds verfügt. Das
ist ein Pröbchen von der Art und Weise, wie man das, was Herr Hall das
Opfer vom 29. Juli zu nennen beliebt, illusorisch gemacht hat."

In der That Niemand wird ohne Erstaunen nähere Kenntniß von den
Thatsachen nehmen können, auf welche in der angeführten Stelle seitens des
preußischen Cabinets hingewiesen wird.

In der Sitzung des Neichsraths vom 29. Januar 1862 (S. „Rigsraads-
idende" Sy. 131) legte nämlich der Finanzminister „drei königliche Beschlüsse,
gefaßt in Hinblick auf § 54 des Verfassungsgesetzes" vor. Diese Vorlage, die
in den Beilagen zur „Nigsraadstidende" unter Ur. 34, Sy. 763 mitgetheilt
ist, enthält drei von allen Ministern contrasigmrte königliche Beschlüsse,
von denen der erste im Conseil im Schlosse Christiansborg den 17. April
186l, der zweite im Schlosse Christiansborg den 4. October 1861 und der
dritte auf Christiansborg den 29. October 186Z paraphirt worden ist. In dem
ersten dieser Beschlüsse läßt sich das Ministerium in Abwesenheit des Reichs-
raths vom Könige auf Grund einer außerordentlichen, von der Negierung vor
dem Reichsrathe zu vertretenden Vollmacht dazu ermächtigen, über die vom
„Reichsrathe" für 1861 gemachten Bewilligungen hinaus die Summe von
1,897,000 Nthirn. für außerordentliche Rüstungen zu Lande und zur See zu
verausgaben und zur Deckung dieses Betrags 1.700,000 Nthlr. aus dem „Re-
servefond der Monarchie" zu entnehmen; in dem zweiten Beschlusse ist eine
ebensolche Ermächtigung zur Verausgabung von 97,000 Rthlrn, enthalten,
von denen 67,000 Rthlr. wiederum zu Rüstungen und 30,000 Nthlr. zu Aus-
gabeii'für königliche Schlösser verwendet werden sollen, und in gleicher Weise
werden in der dritten unterm 29. October 1861 ausgefertigten Resolution
600,000 Nthlr. auf den „Reservefonds der Monarchie" und zwar wieder für Rü¬
stungen zu Lande und zur See angewiesen.

Der „Reservefond der Monarchie" war ebenso wie der bereits im Vorher¬
gehenden besprochene „Kassebchair" Gesammteigcnthum aller Bestandtheile der
Monarchie. Was Holstein speciell betrifft, so hatte es zur Bildung dieser
Fonds 23 Proc. beigetragen, und mit so viel war es also bei jeder Ausgabe,
die aus denselben bestritten wurde, betheiligt. In allen drei Ordonnanzen
findet sich kein Wort, welches irgend eine Reservation in Betreff der Gerecht¬
same Holsteins an diesen Fonds enthielte. Die Minister stellen sich einfach
auf den Boden des § 54 der „Verfassung für die gemeinsamen Angelegenheiten
der Monarchie" ä, et. 2. October 1855.

Dieser Paragraph lautet: „Keine Ausgabe darf abgehalten werden, welche
nicht in den oben angeführten Finanzgcsetzen begründet ist. Jedoch kann der Kömg


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/56>, abgerufen am 28.07.2024.