Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187957"/><quote><lg xml:id="POEMID_24" type="poem"><l> pi'-z^M? — witoswn^ va via; denn um ihretwillen — Erläßt<lb/> pus^i nam >vur^ ^ ^>v»D^ ete. der barmherzige Gott uns die Schuld.<lb/> — Um dein Erbarmen u. s. s.</l></lg></quote><lb/> Die preußische Negierung hat diesen Liedern die Ehre erwiesen, ihren<lb/> Gesang in den Schulen zu untersagen. Es wäre klüger gewesen, den Kindern<lb/> ihr Spielzeug zu lassen. Natürlich hat das Verbot einen besondern Eifer er¬<lb/> regt. In Plescben, und nicht dort allein, sang man am 18. October 1861<lb/> nach der Krönungsfeier das Lo-is. Der Probst von Opatow im Schildberg-<lb/> schcn schrieb der Regierung, er habe das Lied nicht gekannt; da es aber die<lb/> Behörde für gefährlich halte, sich vor ihm fürchte, wie Herodes vor dem<lb/> Jesuskinde, so werde er es sich verschaffen, es von Kleinen und Großen<lb/> singen lassen u. s. w. „weil ich ein Pole bin". Der Probst W. un<lb/> wongrowiecer Kreise ward um seiner Bemühungen für die verbotenen Lieder<lb/> willen seines Schulinspectorates entbunden. Er forderte nun die Gemeinde<lb/> von der Kanzel herab auf, gegen die Maßregel zu remonstriren. eventuell aber<lb/> die Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken, da ja die Behörde dieselbe<lb/> leicht evangelisch machen könne.<lb/> Wer Wind säet, wird Sturm ernten. Der Geistliche Wojtaschewski in<lb/> Goscieszvn war mit dem Lehrer und Organisten Lagowsti daselbst, einem<lb/> Familienvater einig geworden, dem Befehl der Obrigkeit Folge zu leisten. Als ><lb/> nun am 28. Juli er. einige Personen aus dem Orgelchor erschienen, sich ihr<lb/> geliebtes IZvM bestellten, wies der Organist ihr Ansinnen zurück, indem er<lb/> ihnen zu seiner Entschuldigung die Verfügung der posener Negierung zeigte.<lb/> „Das überzeugte die Unverständigen nicht, denen die Störung der kirchlichen<lb/> Ordnung mehr galt, als der Gottesdienst, und als der Organist unter Be¬<lb/> gleitung der Orgel und des Volkes das Lied an die heilige Jungfrau anstimmte,<lb/> sing eine Anzahl von Männern zum Aergerniß der ganzen Schaar der Gläu¬<lb/> bigen trotz des kräftigen Orgelspiels das Lied Loos 006 ?o1ZKtz zu schreien<lb/> «n. Es entstand ein solcher Tumult in der Kirche, eine solche Bestürzung über<lb/> die EntHeiligung des Gotteshauses, über die Mißachtung des heiligen Opfers<lb/> der Messe, eine solche Aufregung der wahrhaft frommen Menge, daß der<lb/> Pnester nicht vor dem Altar bleiben konnte und abtrat, um erst die Ruhe<lb/> Wiederkehren zu lassen. Die Orgel verstummte nach der Unterbrechung des<lb/> Gottesdienstes, die Unverschämter beendeten ihr Lied, und erst dann nahm die<lb/> Messe ihren Anfang."<lb/> So erzählen die vierzehn Geistlichen des grätzer Decanates, unter ihnen<lb/> Prusinvwsti, in längerer Erklärung vom 10. August 1861 den Vorfall der<lb/> Redaction des Nadwislanin, N. 77, 1861.<lb/> Trotz dieser Erfahrung gibt der polnische Klerus sein widerlich frivoles<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0463]
pi'-z^M? — witoswn^ va via; denn um ihretwillen — Erläßt
pus^i nam >vur^ ^ ^>v»D^ ete. der barmherzige Gott uns die Schuld.
— Um dein Erbarmen u. s. s.
Die preußische Negierung hat diesen Liedern die Ehre erwiesen, ihren
Gesang in den Schulen zu untersagen. Es wäre klüger gewesen, den Kindern
ihr Spielzeug zu lassen. Natürlich hat das Verbot einen besondern Eifer er¬
regt. In Plescben, und nicht dort allein, sang man am 18. October 1861
nach der Krönungsfeier das Lo-is. Der Probst von Opatow im Schildberg-
schcn schrieb der Regierung, er habe das Lied nicht gekannt; da es aber die
Behörde für gefährlich halte, sich vor ihm fürchte, wie Herodes vor dem
Jesuskinde, so werde er es sich verschaffen, es von Kleinen und Großen
singen lassen u. s. w. „weil ich ein Pole bin". Der Probst W. un
wongrowiecer Kreise ward um seiner Bemühungen für die verbotenen Lieder
willen seines Schulinspectorates entbunden. Er forderte nun die Gemeinde
von der Kanzel herab auf, gegen die Maßregel zu remonstriren. eventuell aber
die Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken, da ja die Behörde dieselbe
leicht evangelisch machen könne.
Wer Wind säet, wird Sturm ernten. Der Geistliche Wojtaschewski in
Goscieszvn war mit dem Lehrer und Organisten Lagowsti daselbst, einem
Familienvater einig geworden, dem Befehl der Obrigkeit Folge zu leisten. Als >
nun am 28. Juli er. einige Personen aus dem Orgelchor erschienen, sich ihr
geliebtes IZvM bestellten, wies der Organist ihr Ansinnen zurück, indem er
ihnen zu seiner Entschuldigung die Verfügung der posener Negierung zeigte.
„Das überzeugte die Unverständigen nicht, denen die Störung der kirchlichen
Ordnung mehr galt, als der Gottesdienst, und als der Organist unter Be¬
gleitung der Orgel und des Volkes das Lied an die heilige Jungfrau anstimmte,
sing eine Anzahl von Männern zum Aergerniß der ganzen Schaar der Gläu¬
bigen trotz des kräftigen Orgelspiels das Lied Loos 006 ?o1ZKtz zu schreien
«n. Es entstand ein solcher Tumult in der Kirche, eine solche Bestürzung über
die EntHeiligung des Gotteshauses, über die Mißachtung des heiligen Opfers
der Messe, eine solche Aufregung der wahrhaft frommen Menge, daß der
Pnester nicht vor dem Altar bleiben konnte und abtrat, um erst die Ruhe
Wiederkehren zu lassen. Die Orgel verstummte nach der Unterbrechung des
Gottesdienstes, die Unverschämter beendeten ihr Lied, und erst dann nahm die
Messe ihren Anfang."
So erzählen die vierzehn Geistlichen des grätzer Decanates, unter ihnen
Prusinvwsti, in längerer Erklärung vom 10. August 1861 den Vorfall der
Redaction des Nadwislanin, N. 77, 1861.
Trotz dieser Erfahrung gibt der polnische Klerus sein widerlich frivoles
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