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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Stolz war. Sie befehlet" sich gern, daß sie auf dieses unsterbliche Wer? wenig
Anspruch machen dürfe -- den hohen himmlischen Geist, der in ihm weht,
hat keine Menschenschule gegeben. Aber wohl wußte sie, daß es in ihrem Schooß
empfangen war, und sagte sich oft mit demüthiger Freude, daß sie es gewesen,
die Klopstocks Geist zu dem erhabenen Gedanken, den Messias zu singen geweckt,
und mit der ätherischen Kost der griechischen und römischen Muse genährt habe.

Dankbar legt sie das Geschenk der Weihe in dem kleinen Heiligthum ihres .
Musei nieder, ans daß es jetzt und künftig seine heiligen Flammen in des
Jünglings Herz Ströme.

Den Platz, welcher ihm als Werk der Kunst gebührt, hat längst Vaterland
und Ausland, mit Einer Stimme entschieden; aber als Gabe der achtenden Liebe
Klopstocks an die Pforte -- räumt diese ihr den Platz über alle ihre Schätze ein.

Ihr, denen Talent und Fleiß, Kenntniß und Sittlichkeit den hohen Lohn
erwarb, des großen Dichters Willen zu vollstrecken, groß ist die Verpflichtung,
die ihr damit übernehme, ihm und seinem Verdienste, wenn gleich in weiter
Ferne zu folgen. Hier neben dem heiligen Denkmale seines Geistes und Her¬
zens gelobt, gelobt aufs neue, zu trachten nach jeglichem Lobe und nach jeg¬
licher Tugend, und Herz und Leben dem Auferstandenen zu heiligen, den wir
heute feiern, und den Er in unsterblichen Tönen auf Sions Harfe sang.

Und ihr andern, denen ein freundliches Geschick es vergönnte, dieser Feier
Zeugen zu sein, wenn ihr ein Herz habt für dieses Gelöbniß, so sprechet leis'
es nach, und wandelt voll höhern Eifers den Pfad, auf welchem Er mit hell-
lodernder Fackel euch vorleuchtet."

!>lector Heimbach verfehlte nicht dem Sänger des Messias zu berichten,
wie sehr sein Geschenk von der Schule gewürdigt worden sei, Klopstock freute
sich über den Bericht, wollte aber noch einige nähere Umstände über die Feier¬
lichkeit erfahren. Er beschenkte den Rector mit einem Oelblatt vom Oelberge,
das ihm ein "würdiger Reisender" aus dem heiligen Lande gebracht hatte, die
Schüler aber mit vier goldnen Medaillen "von einem seiner Freunde" als Preis
für solche, welche Stücke aus dem Messias am besten declamiren würden.

Die Jugend Pfortas gerieth darüber in angenehme Aufregung und schrieb
lateinische Distichen auf den Fürsten der deutschen Verleger und Drucker (l^xo-
teetmitÄS <Ä<zriNÄnil>,k ?iiireii>i), Göschen, und Oden an Klopstocks himmlischen
Namen, in welchen nach sechzigjährigen friedlichem Grabesschlummer auch
der lieve verewigte Conrector Stubet (nicht Stüvel) als Engel auftritt und über¬
rascht die Schüler Pfortas also anredet:


Wie, denkt jener noch mein, jener so liebend mein,
Junge Blumen aufs Grab feierlich streuend mir,
Dessen himmlische Harfe
Selbst der Seraphim Chor oft rührt ?



Stolz war. Sie befehlet» sich gern, daß sie auf dieses unsterbliche Wer? wenig
Anspruch machen dürfe — den hohen himmlischen Geist, der in ihm weht,
hat keine Menschenschule gegeben. Aber wohl wußte sie, daß es in ihrem Schooß
empfangen war, und sagte sich oft mit demüthiger Freude, daß sie es gewesen,
die Klopstocks Geist zu dem erhabenen Gedanken, den Messias zu singen geweckt,
und mit der ätherischen Kost der griechischen und römischen Muse genährt habe.

Dankbar legt sie das Geschenk der Weihe in dem kleinen Heiligthum ihres .
Musei nieder, ans daß es jetzt und künftig seine heiligen Flammen in des
Jünglings Herz Ströme.

Den Platz, welcher ihm als Werk der Kunst gebührt, hat längst Vaterland
und Ausland, mit Einer Stimme entschieden; aber als Gabe der achtenden Liebe
Klopstocks an die Pforte — räumt diese ihr den Platz über alle ihre Schätze ein.

Ihr, denen Talent und Fleiß, Kenntniß und Sittlichkeit den hohen Lohn
erwarb, des großen Dichters Willen zu vollstrecken, groß ist die Verpflichtung,
die ihr damit übernehme, ihm und seinem Verdienste, wenn gleich in weiter
Ferne zu folgen. Hier neben dem heiligen Denkmale seines Geistes und Her¬
zens gelobt, gelobt aufs neue, zu trachten nach jeglichem Lobe und nach jeg¬
licher Tugend, und Herz und Leben dem Auferstandenen zu heiligen, den wir
heute feiern, und den Er in unsterblichen Tönen auf Sions Harfe sang.

Und ihr andern, denen ein freundliches Geschick es vergönnte, dieser Feier
Zeugen zu sein, wenn ihr ein Herz habt für dieses Gelöbniß, so sprechet leis'
es nach, und wandelt voll höhern Eifers den Pfad, auf welchem Er mit hell-
lodernder Fackel euch vorleuchtet."

!>lector Heimbach verfehlte nicht dem Sänger des Messias zu berichten,
wie sehr sein Geschenk von der Schule gewürdigt worden sei, Klopstock freute
sich über den Bericht, wollte aber noch einige nähere Umstände über die Feier¬
lichkeit erfahren. Er beschenkte den Rector mit einem Oelblatt vom Oelberge,
das ihm ein „würdiger Reisender" aus dem heiligen Lande gebracht hatte, die
Schüler aber mit vier goldnen Medaillen „von einem seiner Freunde" als Preis
für solche, welche Stücke aus dem Messias am besten declamiren würden.

Die Jugend Pfortas gerieth darüber in angenehme Aufregung und schrieb
lateinische Distichen auf den Fürsten der deutschen Verleger und Drucker (l^xo-
teetmitÄS <Ä<zriNÄnil>,k ?iiireii>i), Göschen, und Oden an Klopstocks himmlischen
Namen, in welchen nach sechzigjährigen friedlichem Grabesschlummer auch
der lieve verewigte Conrector Stubet (nicht Stüvel) als Engel auftritt und über¬
rascht die Schüler Pfortas also anredet:


Wie, denkt jener noch mein, jener so liebend mein,
Junge Blumen aufs Grab feierlich streuend mir,
Dessen himmlische Harfe
Selbst der Seraphim Chor oft rührt ?



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[0435] Stolz war. Sie befehlet» sich gern, daß sie auf dieses unsterbliche Wer? wenig Anspruch machen dürfe — den hohen himmlischen Geist, der in ihm weht, hat keine Menschenschule gegeben. Aber wohl wußte sie, daß es in ihrem Schooß empfangen war, und sagte sich oft mit demüthiger Freude, daß sie es gewesen, die Klopstocks Geist zu dem erhabenen Gedanken, den Messias zu singen geweckt, und mit der ätherischen Kost der griechischen und römischen Muse genährt habe. Dankbar legt sie das Geschenk der Weihe in dem kleinen Heiligthum ihres . Musei nieder, ans daß es jetzt und künftig seine heiligen Flammen in des Jünglings Herz Ströme. Den Platz, welcher ihm als Werk der Kunst gebührt, hat längst Vaterland und Ausland, mit Einer Stimme entschieden; aber als Gabe der achtenden Liebe Klopstocks an die Pforte — räumt diese ihr den Platz über alle ihre Schätze ein. Ihr, denen Talent und Fleiß, Kenntniß und Sittlichkeit den hohen Lohn erwarb, des großen Dichters Willen zu vollstrecken, groß ist die Verpflichtung, die ihr damit übernehme, ihm und seinem Verdienste, wenn gleich in weiter Ferne zu folgen. Hier neben dem heiligen Denkmale seines Geistes und Her¬ zens gelobt, gelobt aufs neue, zu trachten nach jeglichem Lobe und nach jeg¬ licher Tugend, und Herz und Leben dem Auferstandenen zu heiligen, den wir heute feiern, und den Er in unsterblichen Tönen auf Sions Harfe sang. Und ihr andern, denen ein freundliches Geschick es vergönnte, dieser Feier Zeugen zu sein, wenn ihr ein Herz habt für dieses Gelöbniß, so sprechet leis' es nach, und wandelt voll höhern Eifers den Pfad, auf welchem Er mit hell- lodernder Fackel euch vorleuchtet." !>lector Heimbach verfehlte nicht dem Sänger des Messias zu berichten, wie sehr sein Geschenk von der Schule gewürdigt worden sei, Klopstock freute sich über den Bericht, wollte aber noch einige nähere Umstände über die Feier¬ lichkeit erfahren. Er beschenkte den Rector mit einem Oelblatt vom Oelberge, das ihm ein „würdiger Reisender" aus dem heiligen Lande gebracht hatte, die Schüler aber mit vier goldnen Medaillen „von einem seiner Freunde" als Preis für solche, welche Stücke aus dem Messias am besten declamiren würden. Die Jugend Pfortas gerieth darüber in angenehme Aufregung und schrieb lateinische Distichen auf den Fürsten der deutschen Verleger und Drucker (l^xo- teetmitÄS <Ä<zriNÄnil>,k ?iiireii>i), Göschen, und Oden an Klopstocks himmlischen Namen, in welchen nach sechzigjährigen friedlichem Grabesschlummer auch der lieve verewigte Conrector Stubet (nicht Stüvel) als Engel auftritt und über¬ rascht die Schüler Pfortas also anredet: Wie, denkt jener noch mein, jener so liebend mein, Junge Blumen aufs Grab feierlich streuend mir, Dessen himmlische Harfe Selbst der Seraphim Chor oft rührt ?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/435>, abgerufen am 22.11.2024.