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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Dieser fromme Erguß einer priesterlichen Seele steht im ^Foäiülr KatoliLlci
wörtlich zu lesen. Der Tygodnik erscheint in Grätz unter der gewandten Re¬
daction des öl-. v. Prusinowst'i, des einzigen polnischen Abgeordneten, der siel,
eine gewisse Selbständigkeit wahrt, den aber sein glühender Haß gegen Pro¬
testantismus und Preußenthum mehr als einmal in schweren Conflict mit dem
Gesetze gebracht hat, dessen mildeste Auslegung für die Ausschweifungen seiner
geistlichen Beredsamkeit keinen Schul; hat. Er ist die Seele der specifisch katho¬
lischen oder klerikalen Partei unter den Polen, bei der wir außer ihm z. B.
noch den durch seine halbvergcblichen und vielgeschvlteneu Bemühungen um eine
Agitation für den Papst bekannten Probst Napoleon v. Osmolski in Wvngro-
wicc finden.

'->- Wollen Sie Herrn v. Prusinvwski näher kennen lernen, so lassen Sie
sich von Pokraka führen. Der beschreibt uns die schauerlich mönchische Ein¬
richtung, die im Nedactionozimmer mit französischem Comfort streitet. Dem
Probst dient die s^I-rA (drmse longuv) zum Ruhesitz; außer den Organen
der Jesuiten liegen ihm Bibel und Acten der Inquisition zur Hand. Im
Nebenzimmer ist seine Gesellschaft von Damen und Herren mit Karten, Wein
und heiterm Gespräch beschäftigt. Der Geistliche aber, der Mann mit dein
ernsten, ruhigen Gesicht und der römischen Nase gebietet seinem Schreiber die
Thür zu schließen, damit dem düstern Cabinet. der Stätte seiner Thätigkeit,
Ruhe und Berborgenheit bliebe, und dictirt ihm dann zu dessen Erstaunen eine
römische "Originalcorrespondenz" voll Entsetzens über die Theilnahme des Dzien-
nik für Garibaldi.

verfolgen wir die Koryphäen dieser Partei weiter, so zeigt uns die Czma
ihr weltlich Haupt, unter dem Namen des Grafen Cäsar Bohater beim Karte"'
spiel um Tausende. Karlchen, I(!U'0loin. der Sohn spielt mit; er war ja in
Metz bei den Jesuiten (W>2non6v) in der Lehre, ist also gewandt genug,
dem Vater und seinem Probst die Summe abzunehmen. Der Alte will Stand
halten, "bis der Berg ein Loch hat" (gor-r, Berg ist der Name des Gutes
v. Graf Cäsar Plater); dies Mal aber wird er von seiner lieben Frau gestört,
welche das ganze Kleinhvmburg aufhebt und Graf "Bohater" beginnt die
geistlichen Uebungen, bei denen ihn nachher der piiter ^esuit-i antrifft.

Endlich können Sie auch die Physiognomien dieser Herren in dem L5in.ja
'MellMpolLlii sehen, der uns ein Rad zeigt, an dessen einer Seite drei Polen
von der Bewegungspartei, an der andern die Ultramontanen ziehen und
worunter zu lesen ist! warum die polnische Karre steht (Dia c/sgo Lollw
^olskis stoi).

Den Klerikalen am nächsten, aber noch weniger als sie im Bolle gewur¬
zelt, steht die Partei der aristokratischen Emigration. Aus ihrem Organe, dem
niaäomosci xolskis habe ich am Schlüsse des vorigen Briefes eine Probe mit-


Dieser fromme Erguß einer priesterlichen Seele steht im ^Foäiülr KatoliLlci
wörtlich zu lesen. Der Tygodnik erscheint in Grätz unter der gewandten Re¬
daction des öl-. v. Prusinowst'i, des einzigen polnischen Abgeordneten, der siel,
eine gewisse Selbständigkeit wahrt, den aber sein glühender Haß gegen Pro¬
testantismus und Preußenthum mehr als einmal in schweren Conflict mit dem
Gesetze gebracht hat, dessen mildeste Auslegung für die Ausschweifungen seiner
geistlichen Beredsamkeit keinen Schul; hat. Er ist die Seele der specifisch katho¬
lischen oder klerikalen Partei unter den Polen, bei der wir außer ihm z. B.
noch den durch seine halbvergcblichen und vielgeschvlteneu Bemühungen um eine
Agitation für den Papst bekannten Probst Napoleon v. Osmolski in Wvngro-
wicc finden.

'->- Wollen Sie Herrn v. Prusinvwski näher kennen lernen, so lassen Sie
sich von Pokraka führen. Der beschreibt uns die schauerlich mönchische Ein¬
richtung, die im Nedactionozimmer mit französischem Comfort streitet. Dem
Probst dient die s^I-rA (drmse longuv) zum Ruhesitz; außer den Organen
der Jesuiten liegen ihm Bibel und Acten der Inquisition zur Hand. Im
Nebenzimmer ist seine Gesellschaft von Damen und Herren mit Karten, Wein
und heiterm Gespräch beschäftigt. Der Geistliche aber, der Mann mit dein
ernsten, ruhigen Gesicht und der römischen Nase gebietet seinem Schreiber die
Thür zu schließen, damit dem düstern Cabinet. der Stätte seiner Thätigkeit,
Ruhe und Berborgenheit bliebe, und dictirt ihm dann zu dessen Erstaunen eine
römische „Originalcorrespondenz" voll Entsetzens über die Theilnahme des Dzien-
nik für Garibaldi.

verfolgen wir die Koryphäen dieser Partei weiter, so zeigt uns die Czma
ihr weltlich Haupt, unter dem Namen des Grafen Cäsar Bohater beim Karte»'
spiel um Tausende. Karlchen, I(!U'0loin. der Sohn spielt mit; er war ja in
Metz bei den Jesuiten (W>2non6v) in der Lehre, ist also gewandt genug,
dem Vater und seinem Probst die Summe abzunehmen. Der Alte will Stand
halten, „bis der Berg ein Loch hat" (gor-r, Berg ist der Name des Gutes
v. Graf Cäsar Plater); dies Mal aber wird er von seiner lieben Frau gestört,
welche das ganze Kleinhvmburg aufhebt und Graf „Bohater" beginnt die
geistlichen Uebungen, bei denen ihn nachher der piiter ^esuit-i antrifft.

Endlich können Sie auch die Physiognomien dieser Herren in dem L5in.ja
'MellMpolLlii sehen, der uns ein Rad zeigt, an dessen einer Seite drei Polen
von der Bewegungspartei, an der andern die Ultramontanen ziehen und
worunter zu lesen ist! warum die polnische Karre steht (Dia c/sgo Lollw
^olskis stoi).

Den Klerikalen am nächsten, aber noch weniger als sie im Bolle gewur¬
zelt, steht die Partei der aristokratischen Emigration. Aus ihrem Organe, dem
niaäomosci xolskis habe ich am Schlüsse des vorigen Briefes eine Probe mit-


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[0424] Dieser fromme Erguß einer priesterlichen Seele steht im ^Foäiülr KatoliLlci wörtlich zu lesen. Der Tygodnik erscheint in Grätz unter der gewandten Re¬ daction des öl-. v. Prusinowst'i, des einzigen polnischen Abgeordneten, der siel, eine gewisse Selbständigkeit wahrt, den aber sein glühender Haß gegen Pro¬ testantismus und Preußenthum mehr als einmal in schweren Conflict mit dem Gesetze gebracht hat, dessen mildeste Auslegung für die Ausschweifungen seiner geistlichen Beredsamkeit keinen Schul; hat. Er ist die Seele der specifisch katho¬ lischen oder klerikalen Partei unter den Polen, bei der wir außer ihm z. B. noch den durch seine halbvergcblichen und vielgeschvlteneu Bemühungen um eine Agitation für den Papst bekannten Probst Napoleon v. Osmolski in Wvngro- wicc finden. '->- Wollen Sie Herrn v. Prusinvwski näher kennen lernen, so lassen Sie sich von Pokraka führen. Der beschreibt uns die schauerlich mönchische Ein¬ richtung, die im Nedactionozimmer mit französischem Comfort streitet. Dem Probst dient die s^I-rA (drmse longuv) zum Ruhesitz; außer den Organen der Jesuiten liegen ihm Bibel und Acten der Inquisition zur Hand. Im Nebenzimmer ist seine Gesellschaft von Damen und Herren mit Karten, Wein und heiterm Gespräch beschäftigt. Der Geistliche aber, der Mann mit dein ernsten, ruhigen Gesicht und der römischen Nase gebietet seinem Schreiber die Thür zu schließen, damit dem düstern Cabinet. der Stätte seiner Thätigkeit, Ruhe und Berborgenheit bliebe, und dictirt ihm dann zu dessen Erstaunen eine römische „Originalcorrespondenz" voll Entsetzens über die Theilnahme des Dzien- nik für Garibaldi. verfolgen wir die Koryphäen dieser Partei weiter, so zeigt uns die Czma ihr weltlich Haupt, unter dem Namen des Grafen Cäsar Bohater beim Karte»' spiel um Tausende. Karlchen, I(!U'0loin. der Sohn spielt mit; er war ja in Metz bei den Jesuiten (W>2non6v) in der Lehre, ist also gewandt genug, dem Vater und seinem Probst die Summe abzunehmen. Der Alte will Stand halten, „bis der Berg ein Loch hat" (gor-r, Berg ist der Name des Gutes v. Graf Cäsar Plater); dies Mal aber wird er von seiner lieben Frau gestört, welche das ganze Kleinhvmburg aufhebt und Graf „Bohater" beginnt die geistlichen Uebungen, bei denen ihn nachher der piiter ^esuit-i antrifft. Endlich können Sie auch die Physiognomien dieser Herren in dem L5in.ja 'MellMpolLlii sehen, der uns ein Rad zeigt, an dessen einer Seite drei Polen von der Bewegungspartei, an der andern die Ultramontanen ziehen und worunter zu lesen ist! warum die polnische Karre steht (Dia c/sgo Lollw ^olskis stoi). Den Klerikalen am nächsten, aber noch weniger als sie im Bolle gewur¬ zelt, steht die Partei der aristokratischen Emigration. Aus ihrem Organe, dem niaäomosci xolskis habe ich am Schlüsse des vorigen Briefes eine Probe mit-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/424>, abgerufen am 22.11.2024.