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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Talifornien und Australien dasselbe im Großen und Ganzen sich bis auf den
heutigen Tag nicht sehr wesentlich Verschoben hat. So weit es übrigens ver¬
schoben ist. ist dies geschehen zum Vortheil des Goldes: dies ist heure reichlich funf-
jehnmal so viel werth wie das Silber. Was nun den gleichzeitigen Gebrauch der
beiden edlen Metalle in der Wcrthmünzc anlangt, so wäre leicht zu zeigen, wie die
Finanzpolitiker des Alterthums genau wie die neueren sich hier mit der Quadratur
des Zirkels, mit der Fixnung eines nicht zu fixirenden Verhältnisses geplagt ha¬
ben ; wie das Nebeneinanderstehen der beiden Werthmetalle auch damals das
Münzwesen zerrüttet und Krise nach Krise über die Völkerölonomie herbeigeführt
hat; wie sodann im Alterthum ebenso wie heutzutage alle Staaten, die von frei
und weit blickenden Staatsmännern geleitet wurden, das Silber ausgaben und
zum ausschließlichen Goldverl'ehr übergingen, bis endlich in der spätrömischen
Zeit nicht blos der römische Kaiser, sondern auch das römische Gold allein
die Welt regiert hat. Es wäre dies und manches Andere zu sagen; aber es
genügt hier daran erinnert zu haben, daß die Münzordnung fast so voll¬
endet ins Leben getreten ist wie die Buchdruckerkunst und daß sie dem praktisch
politischen Nerstand ihrer namenlosen Schöpfer ebensolche Ehre macht, wie
die Stempel der alten Münzen zeugen von dem frischen Aufblühen griechischer
Kunst.

Die weitere Entwickelung des Münzwcscns im Alterthume kann hier nicht
gegeben werden. Unsere Wissenschaft ist nicht so gering, daß sie sich in einen
Fingerhut fassen und also davontragen ließe. Es sei mir nur gestattet als eine
Exemplification von den Ergebnissen der geschichtlichen Münzbetrachtung schlie߬
lich im kurzen Abriß die Geschichte einer einzelnen Münzsorte vorzuführen, die frei-
lich unter allen wie die älteste so auch die dauerndste und geschichtlich merkwürdigste
ist- Es ist dies keine andere als der schon genannte phokaische Gvldstater.
Seine Heimath ist, wie gesagt, Kleinasien; er ist ursprünglich die Stadt-
"ninze Phvtaeas und anderer griechischer Freistaaten auf der kleinasiatischen
Küste. Aus ihm geht dann ebenfalls in Kleinasten in der ersten Hälfte des
sechsten Jahrhunderts vor Chr. hervor der sogenannte stäter des Krösos. ein¬
seitig geprägt wie der phokaische und bezeichnet mit dem halben Stier und dem
bald en Löwen, in den Trümmern von Sardes noch heutzutage häufig zu
finden. Dieser ist nichts als die Hälfte des phokaischen Staterö. eigenthümlich
"ber ist ihm die reiche theils decimale, theils duodccimale Entwicklung der
Theilmünzen. Nicht wesentlich verschieden von dem phokaischen stäter und
offenbar aus ihm entwickelt ist auch die persische Neichsgoldmünze. nur daß
°" Ganzstücke hier sehr selten und die dem kröfischen stäter entsprechenden
Haften weit häusiger geschlagen sind; dies sind die sogenannten goldenen Da-
"item. gleich den vorigen nur einseitig gestempelt und bezeichnet mit dem Bilde
des Großkönigs als Bogenschützen: in königlichem Gewände, die Lanze in der


Talifornien und Australien dasselbe im Großen und Ganzen sich bis auf den
heutigen Tag nicht sehr wesentlich Verschoben hat. So weit es übrigens ver¬
schoben ist. ist dies geschehen zum Vortheil des Goldes: dies ist heure reichlich funf-
jehnmal so viel werth wie das Silber. Was nun den gleichzeitigen Gebrauch der
beiden edlen Metalle in der Wcrthmünzc anlangt, so wäre leicht zu zeigen, wie die
Finanzpolitiker des Alterthums genau wie die neueren sich hier mit der Quadratur
des Zirkels, mit der Fixnung eines nicht zu fixirenden Verhältnisses geplagt ha¬
ben ; wie das Nebeneinanderstehen der beiden Werthmetalle auch damals das
Münzwesen zerrüttet und Krise nach Krise über die Völkerölonomie herbeigeführt
hat; wie sodann im Alterthum ebenso wie heutzutage alle Staaten, die von frei
und weit blickenden Staatsmännern geleitet wurden, das Silber ausgaben und
zum ausschließlichen Goldverl'ehr übergingen, bis endlich in der spätrömischen
Zeit nicht blos der römische Kaiser, sondern auch das römische Gold allein
die Welt regiert hat. Es wäre dies und manches Andere zu sagen; aber es
genügt hier daran erinnert zu haben, daß die Münzordnung fast so voll¬
endet ins Leben getreten ist wie die Buchdruckerkunst und daß sie dem praktisch
politischen Nerstand ihrer namenlosen Schöpfer ebensolche Ehre macht, wie
die Stempel der alten Münzen zeugen von dem frischen Aufblühen griechischer
Kunst.

Die weitere Entwickelung des Münzwcscns im Alterthume kann hier nicht
gegeben werden. Unsere Wissenschaft ist nicht so gering, daß sie sich in einen
Fingerhut fassen und also davontragen ließe. Es sei mir nur gestattet als eine
Exemplification von den Ergebnissen der geschichtlichen Münzbetrachtung schlie߬
lich im kurzen Abriß die Geschichte einer einzelnen Münzsorte vorzuführen, die frei-
lich unter allen wie die älteste so auch die dauerndste und geschichtlich merkwürdigste
ist- Es ist dies keine andere als der schon genannte phokaische Gvldstater.
Seine Heimath ist, wie gesagt, Kleinasien; er ist ursprünglich die Stadt-
»ninze Phvtaeas und anderer griechischer Freistaaten auf der kleinasiatischen
Küste. Aus ihm geht dann ebenfalls in Kleinasten in der ersten Hälfte des
sechsten Jahrhunderts vor Chr. hervor der sogenannte stäter des Krösos. ein¬
seitig geprägt wie der phokaische und bezeichnet mit dem halben Stier und dem
bald en Löwen, in den Trümmern von Sardes noch heutzutage häufig zu
finden. Dieser ist nichts als die Hälfte des phokaischen Staterö. eigenthümlich
"ber ist ihm die reiche theils decimale, theils duodccimale Entwicklung der
Theilmünzen. Nicht wesentlich verschieden von dem phokaischen stäter und
offenbar aus ihm entwickelt ist auch die persische Neichsgoldmünze. nur daß
°" Ganzstücke hier sehr selten und die dem kröfischen stäter entsprechenden
Haften weit häusiger geschlagen sind; dies sind die sogenannten goldenen Da-
"item. gleich den vorigen nur einseitig gestempelt und bezeichnet mit dem Bilde
des Großkönigs als Bogenschützen: in königlichem Gewände, die Lanze in der


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[0399] Talifornien und Australien dasselbe im Großen und Ganzen sich bis auf den heutigen Tag nicht sehr wesentlich Verschoben hat. So weit es übrigens ver¬ schoben ist. ist dies geschehen zum Vortheil des Goldes: dies ist heure reichlich funf- jehnmal so viel werth wie das Silber. Was nun den gleichzeitigen Gebrauch der beiden edlen Metalle in der Wcrthmünzc anlangt, so wäre leicht zu zeigen, wie die Finanzpolitiker des Alterthums genau wie die neueren sich hier mit der Quadratur des Zirkels, mit der Fixnung eines nicht zu fixirenden Verhältnisses geplagt ha¬ ben ; wie das Nebeneinanderstehen der beiden Werthmetalle auch damals das Münzwesen zerrüttet und Krise nach Krise über die Völkerölonomie herbeigeführt hat; wie sodann im Alterthum ebenso wie heutzutage alle Staaten, die von frei und weit blickenden Staatsmännern geleitet wurden, das Silber ausgaben und zum ausschließlichen Goldverl'ehr übergingen, bis endlich in der spätrömischen Zeit nicht blos der römische Kaiser, sondern auch das römische Gold allein die Welt regiert hat. Es wäre dies und manches Andere zu sagen; aber es genügt hier daran erinnert zu haben, daß die Münzordnung fast so voll¬ endet ins Leben getreten ist wie die Buchdruckerkunst und daß sie dem praktisch politischen Nerstand ihrer namenlosen Schöpfer ebensolche Ehre macht, wie die Stempel der alten Münzen zeugen von dem frischen Aufblühen griechischer Kunst. Die weitere Entwickelung des Münzwcscns im Alterthume kann hier nicht gegeben werden. Unsere Wissenschaft ist nicht so gering, daß sie sich in einen Fingerhut fassen und also davontragen ließe. Es sei mir nur gestattet als eine Exemplification von den Ergebnissen der geschichtlichen Münzbetrachtung schlie߬ lich im kurzen Abriß die Geschichte einer einzelnen Münzsorte vorzuführen, die frei- lich unter allen wie die älteste so auch die dauerndste und geschichtlich merkwürdigste ist- Es ist dies keine andere als der schon genannte phokaische Gvldstater. Seine Heimath ist, wie gesagt, Kleinasien; er ist ursprünglich die Stadt- »ninze Phvtaeas und anderer griechischer Freistaaten auf der kleinasiatischen Küste. Aus ihm geht dann ebenfalls in Kleinasten in der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts vor Chr. hervor der sogenannte stäter des Krösos. ein¬ seitig geprägt wie der phokaische und bezeichnet mit dem halben Stier und dem bald en Löwen, in den Trümmern von Sardes noch heutzutage häufig zu finden. Dieser ist nichts als die Hälfte des phokaischen Staterö. eigenthümlich "ber ist ihm die reiche theils decimale, theils duodccimale Entwicklung der Theilmünzen. Nicht wesentlich verschieden von dem phokaischen stäter und offenbar aus ihm entwickelt ist auch die persische Neichsgoldmünze. nur daß °" Ganzstücke hier sehr selten und die dem kröfischen stäter entsprechenden Haften weit häusiger geschlagen sind; dies sind die sogenannten goldenen Da- "item. gleich den vorigen nur einseitig gestempelt und bezeichnet mit dem Bilde des Großkönigs als Bogenschützen: in königlichem Gewände, die Lanze in der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/399>, abgerufen am 23.11.2024.