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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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zum Beispiel die des Korns, so ist dock" jene immer nur ein verschwindend
kleiner Theil des gesammten Vorraths, diese dagegen der Gcsammtvorrath selbst,
und daher erzeugt die Ausbeutung auch des reichsten Goldlagers nicht von einem
Jahr zum andern solche Schwankungen im Goldpreis wie die Aufeinander¬
folge guter und schlechter Ernten im Kornpreis, Endlich und hauptsächlich ist
das Metall unter allen Waaren diejenige, die den idealen Begriff des Werthes
mit der mindesten Unvollkommenheit ausdrückt. Denn das Wesen des Werthes
ist die Fähigkeit gleich dem Quecksilber sich unendlich zu theilen und unendlich
zu verbinden; und diese Operation verträgt keine andere Waare so grenzenlos
wie das Metall, Vorzugsweise gilt dies Alles von den sogenannten edlen Me¬
tallen, dein Gold und dem Silber, Nicht blos kommen die eben bezeichneten
Eigenschaften, besonders die Unzerstörbarkeit und die Transportabilität, ihnen in
höherem Grade zu als den unscheinbareren Geschwistern; sondern sie haben eine
Eigenschaft vor diesen voraus, die sie recht eigentlich zu den geborenen Werthmaßcn
macht. Man nennt sie die edlen, weil sie müßig gehen, genau genommen in
der Wirthschaft überflüssig sind. Ohne Eisen. Kupfer. Blei, Zinn, Zink könnte
die entwickelte Industrie nicht bestehen; der wirthschaftlich nothwendige oder auch
nur zweckmäßige Gebrauch vom Silber ist gering und noch geringer der vom
Golde, Sie zieren wie Perlen und bunte Steine, aber sie fördern den Men¬
schen nicht; und darum schwankt das Begehren diese Metalle zu besitzen weit
weniger als das Begehren nach ihren unedlen Genossen. Als die Gewohnheit
aufkam sich vor Speer und Schwert durch Kupferrüstung zu schützen, stieg der
Gebrauch und also der Preis des Kupfers; als die Wagen auf eisernen Schienen
zu rollen begannen, schlug das Eisen auf; die Bedürfnisse des Menschen
wechseln, aber seine Thorheiten bleiben dieselben. Nach Golde drängt, am
Golde hängt das Menschenherz nun einmal heute noch wie in der Morgen¬
dämmerung der Menschengeschichte; und ob es als Ring in der Nase oder als
Armband getragen wird, als goldener Reif um das Haupt oder als goldene
Uhr in der Tasche, das macht nationalökonomisch wenig Unterschied. So bleibt
der Verbrauch von Gold und Silber in einem festeren Verhältniß zu der Ge-
sammtzahl der civilisirten Menschheit als der der andern Metalle; und dazu
kommt und ist vielleicht noch wichtiger, daß jene ja eben sonst nichts zu thun
haben und also weit passender als die übrigen nützlicher beschäftigten Stoffe ge¬
braucht werden als Zwischenträger und Vermittler unter den übrigen Waaren. ^"
Insofern sind allerdings die edlen Metalle der vollkommenste Ausdruck für den
idealen Werthbcgriff, der im Gebiet der Waaren überhaupt sich finden läßt.
Freilich aber keineswegs der vollkommenste reale Ausdruck des Werthbegriffs
überhaupt. Der ausgemünzte Staatscredit, unser Papiergeld übertrifft in allen
jenen Eigenschaften, die das Wesen des Geldes ausmachen, um ebensoviel
das Metallgeld wie dieses die andern Waaren. Es ist dauerhafter; denn das


zum Beispiel die des Korns, so ist dock» jene immer nur ein verschwindend
kleiner Theil des gesammten Vorraths, diese dagegen der Gcsammtvorrath selbst,
und daher erzeugt die Ausbeutung auch des reichsten Goldlagers nicht von einem
Jahr zum andern solche Schwankungen im Goldpreis wie die Aufeinander¬
folge guter und schlechter Ernten im Kornpreis, Endlich und hauptsächlich ist
das Metall unter allen Waaren diejenige, die den idealen Begriff des Werthes
mit der mindesten Unvollkommenheit ausdrückt. Denn das Wesen des Werthes
ist die Fähigkeit gleich dem Quecksilber sich unendlich zu theilen und unendlich
zu verbinden; und diese Operation verträgt keine andere Waare so grenzenlos
wie das Metall, Vorzugsweise gilt dies Alles von den sogenannten edlen Me¬
tallen, dein Gold und dem Silber, Nicht blos kommen die eben bezeichneten
Eigenschaften, besonders die Unzerstörbarkeit und die Transportabilität, ihnen in
höherem Grade zu als den unscheinbareren Geschwistern; sondern sie haben eine
Eigenschaft vor diesen voraus, die sie recht eigentlich zu den geborenen Werthmaßcn
macht. Man nennt sie die edlen, weil sie müßig gehen, genau genommen in
der Wirthschaft überflüssig sind. Ohne Eisen. Kupfer. Blei, Zinn, Zink könnte
die entwickelte Industrie nicht bestehen; der wirthschaftlich nothwendige oder auch
nur zweckmäßige Gebrauch vom Silber ist gering und noch geringer der vom
Golde, Sie zieren wie Perlen und bunte Steine, aber sie fördern den Men¬
schen nicht; und darum schwankt das Begehren diese Metalle zu besitzen weit
weniger als das Begehren nach ihren unedlen Genossen. Als die Gewohnheit
aufkam sich vor Speer und Schwert durch Kupferrüstung zu schützen, stieg der
Gebrauch und also der Preis des Kupfers; als die Wagen auf eisernen Schienen
zu rollen begannen, schlug das Eisen auf; die Bedürfnisse des Menschen
wechseln, aber seine Thorheiten bleiben dieselben. Nach Golde drängt, am
Golde hängt das Menschenherz nun einmal heute noch wie in der Morgen¬
dämmerung der Menschengeschichte; und ob es als Ring in der Nase oder als
Armband getragen wird, als goldener Reif um das Haupt oder als goldene
Uhr in der Tasche, das macht nationalökonomisch wenig Unterschied. So bleibt
der Verbrauch von Gold und Silber in einem festeren Verhältniß zu der Ge-
sammtzahl der civilisirten Menschheit als der der andern Metalle; und dazu
kommt und ist vielleicht noch wichtiger, daß jene ja eben sonst nichts zu thun
haben und also weit passender als die übrigen nützlicher beschäftigten Stoffe ge¬
braucht werden als Zwischenträger und Vermittler unter den übrigen Waaren. ^"
Insofern sind allerdings die edlen Metalle der vollkommenste Ausdruck für den
idealen Werthbcgriff, der im Gebiet der Waaren überhaupt sich finden läßt.
Freilich aber keineswegs der vollkommenste reale Ausdruck des Werthbegriffs
überhaupt. Der ausgemünzte Staatscredit, unser Papiergeld übertrifft in allen
jenen Eigenschaften, die das Wesen des Geldes ausmachen, um ebensoviel
das Metallgeld wie dieses die andern Waaren. Es ist dauerhafter; denn das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/392>, abgerufen am 23.11.2024.