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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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t,o: Ich habe Recht; im wiener Congreß und im Occupationspatent vom
>5. Mai g. lantrot: Bleiben Sie mir mit dem Patente vom Halse; unis fly
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^niostz Nichtigkeitsbeschwerde alö Oberer^duvütg..

Nun müssen Sie vollends erwägen, daß "das um seine Sprache ringende Volk"
M Zeit der "Freiheit" in der Kirche und vor Gericht larcinisch sprach, daß es
jetzt noch die lateinische Messe und im Salon die französische Konversation hat, und
daß sie zur warschauer Zeit amilich fast nur deutsch verkehrten. Ich habe zahllose
Verfügungen und Bescheinigungen der damaligen Patrimonialgerichte gesehn,
die alle deutsch waren, und noch eben kam mir ein Attest in die Hände, welches
Herr Bogustaw v. --ki am 18. Juli 1808 deutsch ausgestellt hat. Auf dem
Gute seines Sohnes erschien vor wenige" Wochen der des Polnischen nicht
mächtige Kreisthicrarzt. Der Schmied machte ihm den Krankheitsbericht über
daH Vieh im wohlverstandenen Interesse des Herrn auf Deutsch. Da erschien
der Herr mit der Peitsche scheltend und drohend, weil er auf seinem Gehöft
kein deutsches Wort hören wollte.

Statt ungerecht und unwahr zu klagen, sollten die polnischen Herren lieber
die Augen aufmachen und sehen, was die preußische Regierung für sie gethan
bat. Eine mir bekannte Stadt hatte 1830 noch eine einclassige simultan
schule, heute eine katholische Schule mit fünf, eine evangelische mit drei Classen,
eine jüdische Privatschule, eine polnische höhere Töchterschule und eine jener
königlichen Mittelschulen (Nectorclasscn). deren die Negierung 1843 in allen
Gerichtsstätten einrichtete. In einem derjenigen Kreise, die noch zu "/z pol-
>usch und katholisch sind, übernahm die preußische Verwaltung', fünfzehn
evangelische und vier katholische Schulen, also elf deutsche mehr
Ebendort waren 1858:

4 evangelische Stadtschulen mit 6 Lehrern,
17 " Landschulen " 17 "
4 katholische Stadtschulen " 9
52 " Landschulen " 53 "
2 jüdische Stadischulen "2 "

; also 21 evan-

Mische Schulen mit 23 Lehrern; 56 katholische Schulen mit 62 Lehrern; die
Regierung erhob also -- unter dem Widerstreben der Geistlichen,
Gemeinden und Patrone die Zahl der katholischen Schulen aus
das Bierzehnfa che, die der Lehrer fast auf das Sechzehnfache.

Ueberhaupt fand die preußische Regierung 1815: zwei katholische Priester
seminare, ein katholisches Lehrerseminar, zwei Gymnasien und 543 Elementar¬
schulen mit 884 Lehrern und 31.000 Schülern.

König Wladistaw Czartoryski oder Dictator Mieroslawski würde heute fin-


48"

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^niostz Nichtigkeitsbeschwerde alö Oberer^duvütg..

Nun müssen Sie vollends erwägen, daß „das um seine Sprache ringende Volk"
M Zeit der „Freiheit" in der Kirche und vor Gericht larcinisch sprach, daß es
jetzt noch die lateinische Messe und im Salon die französische Konversation hat, und
daß sie zur warschauer Zeit amilich fast nur deutsch verkehrten. Ich habe zahllose
Verfügungen und Bescheinigungen der damaligen Patrimonialgerichte gesehn,
die alle deutsch waren, und noch eben kam mir ein Attest in die Hände, welches
Herr Bogustaw v. —ki am 18. Juli 1808 deutsch ausgestellt hat. Auf dem
Gute seines Sohnes erschien vor wenige» Wochen der des Polnischen nicht
mächtige Kreisthicrarzt. Der Schmied machte ihm den Krankheitsbericht über
daH Vieh im wohlverstandenen Interesse des Herrn auf Deutsch. Da erschien
der Herr mit der Peitsche scheltend und drohend, weil er auf seinem Gehöft
kein deutsches Wort hören wollte.

Statt ungerecht und unwahr zu klagen, sollten die polnischen Herren lieber
die Augen aufmachen und sehen, was die preußische Regierung für sie gethan
bat. Eine mir bekannte Stadt hatte 1830 noch eine einclassige simultan
schule, heute eine katholische Schule mit fünf, eine evangelische mit drei Classen,
eine jüdische Privatschule, eine polnische höhere Töchterschule und eine jener
königlichen Mittelschulen (Nectorclasscn). deren die Negierung 1843 in allen
Gerichtsstätten einrichtete. In einem derjenigen Kreise, die noch zu »/z pol-
>usch und katholisch sind, übernahm die preußische Verwaltung', fünfzehn
evangelische und vier katholische Schulen, also elf deutsche mehr
Ebendort waren 1858:

4 evangelische Stadtschulen mit 6 Lehrern,
17 „ Landschulen „ 17 „
4 katholische Stadtschulen „ 9
52 „ Landschulen „ 53 „
2 jüdische Stadischulen „2 „

; also 21 evan-

Mische Schulen mit 23 Lehrern; 56 katholische Schulen mit 62 Lehrern; die
Regierung erhob also — unter dem Widerstreben der Geistlichen,
Gemeinden und Patrone die Zahl der katholischen Schulen aus
das Bierzehnfa che, die der Lehrer fast auf das Sechzehnfache.

Ueberhaupt fand die preußische Regierung 1815: zwei katholische Priester
seminare, ein katholisches Lehrerseminar, zwei Gymnasien und 543 Elementar¬
schulen mit 884 Lehrern und 31.000 Schülern.

König Wladistaw Czartoryski oder Dictator Mieroslawski würde heute fin-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/387>, abgerufen am 28.07.2024.