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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Korrespondenz gestattet. Privatpersonen, von denen es nickt feststeht, daß sie
deutsch sprechen, erhalten deutsche Verfügungen mit polnischer Uebersetzung.
Da kann nun Niemand deutsch. Derjenige Probst, der auf einem preußischen
Gymnasium sein Abiturientenexamen bestanden hat, ist nicht im Stande,
gedruckte Schemata "auf deutsch" mit Ziffern auszufüllen. Herr von W.
auf D., der eben beim Rector war, ihn deutsch bat, seine Jungen gut deutsch
zu lehren, geht hin und schickt der Regierung die ihm zugekommene deutsche
Perfügung zurück. Der biedere Rittergutsbesitzer X. auf U., der vor zwei
Jahren im schönste" Deutsch mündUch und schriftlich die straflose Heimkehr
seines verurtheilten Verwandten erbat und erreichte, gibt jetzt sogar dem Ober-
Präsidenten seine deutsch adressirtcn Verfügungen uneröffnet zurück.

Witzig war ein Probst. Er halte vordem deutsch geschrieben, nun polnisch.
"Warum jetzt, da Dn doch anders kannst?" -- "Seht Euch doch nur meine
früheren Berichte an; sie sind ja voll Fehler." Es war richtig, aber sein Polnisch
war leider viel incorrecter als sein Deutsch. Endlich der Probst Kinecki wider¬
legt in selbstgeschriebenem langen Aufsatz in der Posener Zeitung einige falsche
Angaben über seine Weigerung, deutsch zu schreiben, das er natürlich nicht
kann. Der Oberpräsident v. Bonin erwähnt des Falles in seiner berühmten
dankenswerthen Kammerrede vom 23. März 1861. Nun erklärt Herr Kinecki
in der Posener Zeitung, daß er sich die betreffenden Erklärungen natürlich habe
machen lassen. Sein neues scriptum ist auch von neuer Hand geschrieben,
ragt aber Correcturen der alten wohlbekannten, die den gewandten Stilisten
verrathen.

Unter den im Deutschen völlig ungeübten Pröbsten befand sich auch Herr
R.. der in Breelau studirt und eine Agentur (die schwedter) angenommen
hatte, bei der Alles nur deutsch verhandelt wird.

Selbst Pokrata hält sich über die Großpolen auf, welche selbst nur noch
gebrochen und falsch polnisch reden und dabei wer weiß was zum Schutz ihrer
Muttersprache anstellen. In nachfolgendem unübersetzbarem Gespräch, läßt
das Witzblatt einen Großpolen seinen Streit mit dem Landrath erzählen, der
ihm, da er einen deutschgeschriebencn Brief nicht annahm, den Executor über
den Hals geschickt hat. Er ist beim Landrath gewesen, hat sich auf die Ver¬
träge berufen u. f. w. Da er aber schlecht angekommen ist, wird er klage"
und seine Sacke bis zur Nichtigkeitsbeschwerde verfolgen.

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Herrn Justyn v. Wygcmski auf Wyganowv Hochwohlgeboren i. t,. <l. Es ver¬
steht sich "lo oüew'intra, Ismtrot, pri-zweue egrelnitor". Dieser ist kein Spaß,
vitze MeellÄtöm alö lantiDt-r. I in6viy mu: Warum schreiben Sie an mir
deutsch und ich verstehe nicht deutsch. ^ ein mi oäp0vis(1/.i<)1. Das ist wieder
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Korrespondenz gestattet. Privatpersonen, von denen es nickt feststeht, daß sie
deutsch sprechen, erhalten deutsche Verfügungen mit polnischer Uebersetzung.
Da kann nun Niemand deutsch. Derjenige Probst, der auf einem preußischen
Gymnasium sein Abiturientenexamen bestanden hat, ist nicht im Stande,
gedruckte Schemata „auf deutsch" mit Ziffern auszufüllen. Herr von W.
auf D., der eben beim Rector war, ihn deutsch bat, seine Jungen gut deutsch
zu lehren, geht hin und schickt der Regierung die ihm zugekommene deutsche
Perfügung zurück. Der biedere Rittergutsbesitzer X. auf U., der vor zwei
Jahren im schönste» Deutsch mündUch und schriftlich die straflose Heimkehr
seines verurtheilten Verwandten erbat und erreichte, gibt jetzt sogar dem Ober-
Präsidenten seine deutsch adressirtcn Verfügungen uneröffnet zurück.

Witzig war ein Probst. Er halte vordem deutsch geschrieben, nun polnisch.
„Warum jetzt, da Dn doch anders kannst?" — „Seht Euch doch nur meine
früheren Berichte an; sie sind ja voll Fehler." Es war richtig, aber sein Polnisch
war leider viel incorrecter als sein Deutsch. Endlich der Probst Kinecki wider¬
legt in selbstgeschriebenem langen Aufsatz in der Posener Zeitung einige falsche
Angaben über seine Weigerung, deutsch zu schreiben, das er natürlich nicht
kann. Der Oberpräsident v. Bonin erwähnt des Falles in seiner berühmten
dankenswerthen Kammerrede vom 23. März 1861. Nun erklärt Herr Kinecki
in der Posener Zeitung, daß er sich die betreffenden Erklärungen natürlich habe
machen lassen. Sein neues scriptum ist auch von neuer Hand geschrieben,
ragt aber Correcturen der alten wohlbekannten, die den gewandten Stilisten
verrathen.

Unter den im Deutschen völlig ungeübten Pröbsten befand sich auch Herr
R.. der in Breelau studirt und eine Agentur (die schwedter) angenommen
hatte, bei der Alles nur deutsch verhandelt wird.

Selbst Pokrata hält sich über die Großpolen auf, welche selbst nur noch
gebrochen und falsch polnisch reden und dabei wer weiß was zum Schutz ihrer
Muttersprache anstellen. In nachfolgendem unübersetzbarem Gespräch, läßt
das Witzblatt einen Großpolen seinen Streit mit dem Landrath erzählen, der
ihm, da er einen deutschgeschriebencn Brief nicht annahm, den Executor über
den Hals geschickt hat. Er ist beim Landrath gewesen, hat sich auf die Ver¬
träge berufen u. f. w. Da er aber schlecht angekommen ist, wird er klage»
und seine Sacke bis zur Nichtigkeitsbeschwerde verfolgen.

^OLttZM äoswt bitt list. Oil llMlll'ven., ^al'lZ850vol av mirilZ An den
Herrn Justyn v. Wygcmski auf Wyganowv Hochwohlgeboren i. t,. <l. Es ver¬
steht sich «lo oüew'intra, Ismtrot, pri-zweue egrelnitor». Dieser ist kein Spaß,
vitze MeellÄtöm alö lantiDt-r. I in6viy mu: Warum schreiben Sie an mir
deutsch und ich verstehe nicht deutsch. ^ ein mi oäp0vis(1/.i<)1. Das ist wieder
der .vnilZNlliK ^oiiUÄi^Kj Schuld, früher haben Sie angenommen, mu rra


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/386>, abgerufen am 24.11.2024.