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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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hältniß etwas zu ändern. Erst als die Verschwörung des Jahres 1846 seine
geringe Betheiligung landschaftlicher Beamten aufwies, stellte der Minister, ohne
sonst'an den cochorativen Verhältnissen etwas zu ändern, einen königlichen Be¬
amten an die Spitze der Landschaft. 1848 wurde sogar diese Ernennung
zurückgezogen und der Direction die alte Freiheit wieder gegeben. Die Polen
und ihre Anwälte unter unsrer Bevölkerung berufen sich gern auf die Land-
schaftsdircction als auf ein Zeugniß für die Tüchtigkeit polnischer Beamten;
indessen ist unsre "alte" oder "polnische" Landschaft weitaus die theuerste im
Lande. Nach dem Ausgabeetat von 18S8, welcher in den spätern Jahren noch
gesteigert worden ist, kostet die Direction jährlich 19,048 Thlr. 13 Sgr. -- Pf.;

dazu eine Provinzialdircction 18,843 "_12 " 11 Pf.
37.888 Thlr. 27 Sgr. 11 Pf.,

während die ostpreußische Landschaft bei drei Provinzialdirectioncn und viel
ausgedehnterer Thätigkeit nur 31.171 Thlr. 16 Sgr. 1 Pf., d. h. 20"/"
weniger Unkosten veranlaßte. Im Jahre 184? war die Emission neuer
Pfandbriefe von 1842--1847 gestattet worden; unter anderen Bedingungen,
denn man bedürfte keiner Reizmittel mehr, um das Capital nach unserer
Provinz zu locken. Diese Emission zu gestatten, hatte der absolute König
das formale Recht; auch das materielle stand auf seiner Seite, denn da
die ersten Pfandbriefsinhaber das Recht hatten, jeder Zeit ihre Forderung
zu kündigen, so waren sie durch die weitere Belastung der ihnen verpfändeten
200.000 Thlr. Malischer Gelder nebst Auskünften (1,800.000 Tblr. im Ganzen)
nicht beeinträchtigt. Die zweiten Gläubiger haben das Kündigungsrecht nicht
Wieder, die Regierung die Macht nicht mehr, die zinslose Darlehnung der
200,000 Thlr. zu prolongircn. Die Concession zu einer dritten Pfandbriefs¬
emission, die namentlich für diejenige" Herrn, welche 1846--1848 ihren lcmdes-
verrätherischcn Bestrebungen viele pecuniärc Opfer gebracht hatten, ein dringend
Bedürfniß geworden war, konnte der "alten Landschaft" nur auf dem Wege des
Gesetzes ertheilt werden. Bei den Verhandlungen, welche deshalb mit ihr ge¬
pflogen wurden, ging die Ncgicrungsbemühung namentlich dahin, die Societät
zum Verzicht auf diejenigen Privilegien zu bestimmen, durch welche die hinter
ihr stehenden Gläubiger ihren Schuldnern gegenüber fast rechtslos sind. Die
Polnischen Herren gaben kein Titelchen von ihrem Rechte auf und zogen es
vor. daß die Landschaft mit Ablauf der letzten Amortisationen der aufgenom¬
menen Pfandbriefe von 1842/6 eingehe und sie neuen Grund zu einem
Schmerzensschrei hätten. Die Behörde hat nämlich im wohlverstanden Inter¬
esse der Provinz eine neue Landschaft gegründet, welche im Gegensatze zu der
alten, nur Rittergüter beleihenden, alle Landgüter bis herab zum Werthe von
6000 Thlr. aufnimmt. Die Verwaltung dieses Institutes ist sehr vereinfacht
und liegt in äußerst humanen und gewandten Händen. Die polnischen Herren


hältniß etwas zu ändern. Erst als die Verschwörung des Jahres 1846 seine
geringe Betheiligung landschaftlicher Beamten aufwies, stellte der Minister, ohne
sonst'an den cochorativen Verhältnissen etwas zu ändern, einen königlichen Be¬
amten an die Spitze der Landschaft. 1848 wurde sogar diese Ernennung
zurückgezogen und der Direction die alte Freiheit wieder gegeben. Die Polen
und ihre Anwälte unter unsrer Bevölkerung berufen sich gern auf die Land-
schaftsdircction als auf ein Zeugniß für die Tüchtigkeit polnischer Beamten;
indessen ist unsre „alte" oder „polnische" Landschaft weitaus die theuerste im
Lande. Nach dem Ausgabeetat von 18S8, welcher in den spätern Jahren noch
gesteigert worden ist, kostet die Direction jährlich 19,048 Thlr. 13 Sgr. — Pf.;

dazu eine Provinzialdircction 18,843 „_12 „ 11 Pf.
37.888 Thlr. 27 Sgr. 11 Pf.,

während die ostpreußische Landschaft bei drei Provinzialdirectioncn und viel
ausgedehnterer Thätigkeit nur 31.171 Thlr. 16 Sgr. 1 Pf., d. h. 20"/»
weniger Unkosten veranlaßte. Im Jahre 184? war die Emission neuer
Pfandbriefe von 1842—1847 gestattet worden; unter anderen Bedingungen,
denn man bedürfte keiner Reizmittel mehr, um das Capital nach unserer
Provinz zu locken. Diese Emission zu gestatten, hatte der absolute König
das formale Recht; auch das materielle stand auf seiner Seite, denn da
die ersten Pfandbriefsinhaber das Recht hatten, jeder Zeit ihre Forderung
zu kündigen, so waren sie durch die weitere Belastung der ihnen verpfändeten
200.000 Thlr. Malischer Gelder nebst Auskünften (1,800.000 Tblr. im Ganzen)
nicht beeinträchtigt. Die zweiten Gläubiger haben das Kündigungsrecht nicht
Wieder, die Regierung die Macht nicht mehr, die zinslose Darlehnung der
200,000 Thlr. zu prolongircn. Die Concession zu einer dritten Pfandbriefs¬
emission, die namentlich für diejenige» Herrn, welche 1846—1848 ihren lcmdes-
verrätherischcn Bestrebungen viele pecuniärc Opfer gebracht hatten, ein dringend
Bedürfniß geworden war, konnte der „alten Landschaft" nur auf dem Wege des
Gesetzes ertheilt werden. Bei den Verhandlungen, welche deshalb mit ihr ge¬
pflogen wurden, ging die Ncgicrungsbemühung namentlich dahin, die Societät
zum Verzicht auf diejenigen Privilegien zu bestimmen, durch welche die hinter
ihr stehenden Gläubiger ihren Schuldnern gegenüber fast rechtslos sind. Die
Polnischen Herren gaben kein Titelchen von ihrem Rechte auf und zogen es
vor. daß die Landschaft mit Ablauf der letzten Amortisationen der aufgenom¬
menen Pfandbriefe von 1842/6 eingehe und sie neuen Grund zu einem
Schmerzensschrei hätten. Die Behörde hat nämlich im wohlverstanden Inter¬
esse der Provinz eine neue Landschaft gegründet, welche im Gegensatze zu der
alten, nur Rittergüter beleihenden, alle Landgüter bis herab zum Werthe von
6000 Thlr. aufnimmt. Die Verwaltung dieses Institutes ist sehr vereinfacht
und liegt in äußerst humanen und gewandten Händen. Die polnischen Herren


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[0381] hältniß etwas zu ändern. Erst als die Verschwörung des Jahres 1846 seine geringe Betheiligung landschaftlicher Beamten aufwies, stellte der Minister, ohne sonst'an den cochorativen Verhältnissen etwas zu ändern, einen königlichen Be¬ amten an die Spitze der Landschaft. 1848 wurde sogar diese Ernennung zurückgezogen und der Direction die alte Freiheit wieder gegeben. Die Polen und ihre Anwälte unter unsrer Bevölkerung berufen sich gern auf die Land- schaftsdircction als auf ein Zeugniß für die Tüchtigkeit polnischer Beamten; indessen ist unsre „alte" oder „polnische" Landschaft weitaus die theuerste im Lande. Nach dem Ausgabeetat von 18S8, welcher in den spätern Jahren noch gesteigert worden ist, kostet die Direction jährlich 19,048 Thlr. 13 Sgr. — Pf.; dazu eine Provinzialdircction 18,843 „_12 „ 11 Pf. 37.888 Thlr. 27 Sgr. 11 Pf., während die ostpreußische Landschaft bei drei Provinzialdirectioncn und viel ausgedehnterer Thätigkeit nur 31.171 Thlr. 16 Sgr. 1 Pf., d. h. 20"/» weniger Unkosten veranlaßte. Im Jahre 184? war die Emission neuer Pfandbriefe von 1842—1847 gestattet worden; unter anderen Bedingungen, denn man bedürfte keiner Reizmittel mehr, um das Capital nach unserer Provinz zu locken. Diese Emission zu gestatten, hatte der absolute König das formale Recht; auch das materielle stand auf seiner Seite, denn da die ersten Pfandbriefsinhaber das Recht hatten, jeder Zeit ihre Forderung zu kündigen, so waren sie durch die weitere Belastung der ihnen verpfändeten 200.000 Thlr. Malischer Gelder nebst Auskünften (1,800.000 Tblr. im Ganzen) nicht beeinträchtigt. Die zweiten Gläubiger haben das Kündigungsrecht nicht Wieder, die Regierung die Macht nicht mehr, die zinslose Darlehnung der 200,000 Thlr. zu prolongircn. Die Concession zu einer dritten Pfandbriefs¬ emission, die namentlich für diejenige» Herrn, welche 1846—1848 ihren lcmdes- verrätherischcn Bestrebungen viele pecuniärc Opfer gebracht hatten, ein dringend Bedürfniß geworden war, konnte der „alten Landschaft" nur auf dem Wege des Gesetzes ertheilt werden. Bei den Verhandlungen, welche deshalb mit ihr ge¬ pflogen wurden, ging die Ncgicrungsbemühung namentlich dahin, die Societät zum Verzicht auf diejenigen Privilegien zu bestimmen, durch welche die hinter ihr stehenden Gläubiger ihren Schuldnern gegenüber fast rechtslos sind. Die Polnischen Herren gaben kein Titelchen von ihrem Rechte auf und zogen es vor. daß die Landschaft mit Ablauf der letzten Amortisationen der aufgenom¬ menen Pfandbriefe von 1842/6 eingehe und sie neuen Grund zu einem Schmerzensschrei hätten. Die Behörde hat nämlich im wohlverstanden Inter¬ esse der Provinz eine neue Landschaft gegründet, welche im Gegensatze zu der alten, nur Rittergüter beleihenden, alle Landgüter bis herab zum Werthe von 6000 Thlr. aufnimmt. Die Verwaltung dieses Institutes ist sehr vereinfacht und liegt in äußerst humanen und gewandten Händen. Die polnischen Herren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/381>, abgerufen am 25.11.2024.