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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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der Belastung nur den nach veralteten Normen festgestellten Taxwcrth mit dem
wirklichen Werth in Einklang gebracht zu sehen wünschten. Herr Pogge empfahl
die Bewilligung. Die Bauern seien theilweise unverschuldet zurückgekommen
und wünschten nun durch eigene Kraft sich wieder emporzuhelfen. Aber der
Landrath v. Maltzan entgegnete: Bauern müßten ihre Grundstücke überhaupt
nicht verschulden, das sei stets ein Unglück für sie. Er habe es glücklicherweise
dahin gebracht, daß seine Bauern gar keine Schulden machen dürften. Für
die Petenten liege auch gar kein Bedürfniß der Aenderung vor; sie hätten eine
wohlwollende Verwaltung, an die sie sich im Nothfalle wenden könnten. --
Das Gesuch ward abgelehnt.

Die Ritterschaft des Amtes Gnoien stellte den Antrag: "daß zur Besei¬
tigung der vielfachen Klagen und UebeWnde, welche daraus entstehen, daß ledig¬
lose Leute anstatt zu dienen auswärts in Tagelohn arbeiten, deren Heranziehung
zur außerordentlichen Contribution mit einem sehr viel höheren als dem jetzt
geltenden Steuersatz bei der Landesregierung beantragt werden möge." Das
communistische Princip war indessen diesem Antrag zu deutlich an die Stirn
geschrieben, als daß die Landtagsvcrsammlung es gewagt hätte, demselben zu¬
zustimmen.

Eine ähnliche, auf die Zurückhaltung der Arbeitskräfte zu Gunsten der
Gutsbesitzer gerichtete Tendenz hatte ein Antrag, welchen der Kammerherr
v. Oertzen auf Kotclvw bei der Verhandlung über einen Gesetzentwurf wegen
Regelung und Ueberwachung der Auswanderung stellte. Er verlangte eine Be¬
steuerung der Auswanderungsagenten mit 5 Thlr. für jeden von ihnen beför¬
derten Auswanderer, was natürlich der Auswanderung der Gutstagelöhner,
welche neuerdings einen starken Zug nach Nußland genommen hat, zur Er¬
schwerung dienen sollte.

Bei der Frage über die von einem städtischen Comite befürwortete Er¬
höhung des Chausseegeldes figurirte unter den Gründen der Freunde dieser
Maßregel auch dieser: daß es billig sei, die Kosten der Erhaltung der Chausseen
jener Minderzahl der Bevölkerung aufzuerlegen, welche die Chausseen mit ihrem
Fuhrwerk benutzte, die übrigen Einwohner aber damit zu verschonen. Als
ob durch das Chausseegeld wirklich nur derjenige getroffen würde, welcher
dasselbe zahlt!

Eine der werthvollsten Blüthen der durch Erbschaft oder Kauf eines Gutes
erworbenen gesetzgeberischen Weisheit, welche der Landtag zu Tage förderte, ist
endlich ein Antrag des Domänenrath v. Pertz, welcher im Namen der Ritter¬
schaft des Amtes Güstrow von dem Deputirten derselben übergeben ward. Der
Antrag geht auf Beurlaubung sämmtlichen Militärs während des Zeitraums
vom is. Juli bis zum 13. September jedes Jahres. Da dieser Antrag in
Verbindung mit seiner Motivirung zur Charakteristik der mecklenburgischen


der Belastung nur den nach veralteten Normen festgestellten Taxwcrth mit dem
wirklichen Werth in Einklang gebracht zu sehen wünschten. Herr Pogge empfahl
die Bewilligung. Die Bauern seien theilweise unverschuldet zurückgekommen
und wünschten nun durch eigene Kraft sich wieder emporzuhelfen. Aber der
Landrath v. Maltzan entgegnete: Bauern müßten ihre Grundstücke überhaupt
nicht verschulden, das sei stets ein Unglück für sie. Er habe es glücklicherweise
dahin gebracht, daß seine Bauern gar keine Schulden machen dürften. Für
die Petenten liege auch gar kein Bedürfniß der Aenderung vor; sie hätten eine
wohlwollende Verwaltung, an die sie sich im Nothfalle wenden könnten. —
Das Gesuch ward abgelehnt.

Die Ritterschaft des Amtes Gnoien stellte den Antrag: „daß zur Besei¬
tigung der vielfachen Klagen und UebeWnde, welche daraus entstehen, daß ledig¬
lose Leute anstatt zu dienen auswärts in Tagelohn arbeiten, deren Heranziehung
zur außerordentlichen Contribution mit einem sehr viel höheren als dem jetzt
geltenden Steuersatz bei der Landesregierung beantragt werden möge." Das
communistische Princip war indessen diesem Antrag zu deutlich an die Stirn
geschrieben, als daß die Landtagsvcrsammlung es gewagt hätte, demselben zu¬
zustimmen.

Eine ähnliche, auf die Zurückhaltung der Arbeitskräfte zu Gunsten der
Gutsbesitzer gerichtete Tendenz hatte ein Antrag, welchen der Kammerherr
v. Oertzen auf Kotclvw bei der Verhandlung über einen Gesetzentwurf wegen
Regelung und Ueberwachung der Auswanderung stellte. Er verlangte eine Be¬
steuerung der Auswanderungsagenten mit 5 Thlr. für jeden von ihnen beför¬
derten Auswanderer, was natürlich der Auswanderung der Gutstagelöhner,
welche neuerdings einen starken Zug nach Nußland genommen hat, zur Er¬
schwerung dienen sollte.

Bei der Frage über die von einem städtischen Comite befürwortete Er¬
höhung des Chausseegeldes figurirte unter den Gründen der Freunde dieser
Maßregel auch dieser: daß es billig sei, die Kosten der Erhaltung der Chausseen
jener Minderzahl der Bevölkerung aufzuerlegen, welche die Chausseen mit ihrem
Fuhrwerk benutzte, die übrigen Einwohner aber damit zu verschonen. Als
ob durch das Chausseegeld wirklich nur derjenige getroffen würde, welcher
dasselbe zahlt!

Eine der werthvollsten Blüthen der durch Erbschaft oder Kauf eines Gutes
erworbenen gesetzgeberischen Weisheit, welche der Landtag zu Tage förderte, ist
endlich ein Antrag des Domänenrath v. Pertz, welcher im Namen der Ritter¬
schaft des Amtes Güstrow von dem Deputirten derselben übergeben ward. Der
Antrag geht auf Beurlaubung sämmtlichen Militärs während des Zeitraums
vom is. Juli bis zum 13. September jedes Jahres. Da dieser Antrag in
Verbindung mit seiner Motivirung zur Charakteristik der mecklenburgischen


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[0197] der Belastung nur den nach veralteten Normen festgestellten Taxwcrth mit dem wirklichen Werth in Einklang gebracht zu sehen wünschten. Herr Pogge empfahl die Bewilligung. Die Bauern seien theilweise unverschuldet zurückgekommen und wünschten nun durch eigene Kraft sich wieder emporzuhelfen. Aber der Landrath v. Maltzan entgegnete: Bauern müßten ihre Grundstücke überhaupt nicht verschulden, das sei stets ein Unglück für sie. Er habe es glücklicherweise dahin gebracht, daß seine Bauern gar keine Schulden machen dürften. Für die Petenten liege auch gar kein Bedürfniß der Aenderung vor; sie hätten eine wohlwollende Verwaltung, an die sie sich im Nothfalle wenden könnten. — Das Gesuch ward abgelehnt. Die Ritterschaft des Amtes Gnoien stellte den Antrag: „daß zur Besei¬ tigung der vielfachen Klagen und UebeWnde, welche daraus entstehen, daß ledig¬ lose Leute anstatt zu dienen auswärts in Tagelohn arbeiten, deren Heranziehung zur außerordentlichen Contribution mit einem sehr viel höheren als dem jetzt geltenden Steuersatz bei der Landesregierung beantragt werden möge." Das communistische Princip war indessen diesem Antrag zu deutlich an die Stirn geschrieben, als daß die Landtagsvcrsammlung es gewagt hätte, demselben zu¬ zustimmen. Eine ähnliche, auf die Zurückhaltung der Arbeitskräfte zu Gunsten der Gutsbesitzer gerichtete Tendenz hatte ein Antrag, welchen der Kammerherr v. Oertzen auf Kotclvw bei der Verhandlung über einen Gesetzentwurf wegen Regelung und Ueberwachung der Auswanderung stellte. Er verlangte eine Be¬ steuerung der Auswanderungsagenten mit 5 Thlr. für jeden von ihnen beför¬ derten Auswanderer, was natürlich der Auswanderung der Gutstagelöhner, welche neuerdings einen starken Zug nach Nußland genommen hat, zur Er¬ schwerung dienen sollte. Bei der Frage über die von einem städtischen Comite befürwortete Er¬ höhung des Chausseegeldes figurirte unter den Gründen der Freunde dieser Maßregel auch dieser: daß es billig sei, die Kosten der Erhaltung der Chausseen jener Minderzahl der Bevölkerung aufzuerlegen, welche die Chausseen mit ihrem Fuhrwerk benutzte, die übrigen Einwohner aber damit zu verschonen. Als ob durch das Chausseegeld wirklich nur derjenige getroffen würde, welcher dasselbe zahlt! Eine der werthvollsten Blüthen der durch Erbschaft oder Kauf eines Gutes erworbenen gesetzgeberischen Weisheit, welche der Landtag zu Tage förderte, ist endlich ein Antrag des Domänenrath v. Pertz, welcher im Namen der Ritter¬ schaft des Amtes Güstrow von dem Deputirten derselben übergeben ward. Der Antrag geht auf Beurlaubung sämmtlichen Militärs während des Zeitraums vom is. Juli bis zum 13. September jedes Jahres. Da dieser Antrag in Verbindung mit seiner Motivirung zur Charakteristik der mecklenburgischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/197>, abgerufen am 24.11.2024.