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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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dort erschien, um seinen grvßdeutschen Standpunkt zu vertheidigen, während
seine beiden heutigen Bundesgenossen, Becher und Oesterlen, auf dem Punkte
standen nach Frankfurt zu gehen -- Becher der Reichsregent vom Jahr 1849,
später gesuchter Vertheidiger in politischen Processen, mit fließender Rede aus¬
gestattet und mit einer Stimme, deren Wohlklanges er sich selbst am besten
bewußt ist, noch heute zur äußersten Linken gehörig, wie Oesterlen, der
auch als Politiker den Advocaten nicht verläugnet und dessen breite pathetische
Redeweise mitunter an den Geschmack des Jahres 1848 erinnert, der aber
freilich noch nicht zu vergleichen ist mit dem excentrischen ehemaligen Pfarrer
Hopf, längere Zeit Redacteur des Beobachters, dem erkant, teriidlcz der Partei.
Nur Wenige fehlen, die sonst auf diesen Versammlungen zu erscheinen Pflegen.
Wir vermißten von bekannteren Namen den Director Pfeifer, den eifrigen Freund
des Nationalvereins und des Handelsvertrags, Sigmund Schott, den sonst
unzertrennlichen Gefährten Probsts, Reyscher, den von Tübingen hinweg-
gemaßregelten Professor, jetzt Abgeordneter der Stadt Stuttgart, und Hermann
Reuchlin, den Geschichtschreiber Italiens, die beiden letzten übrigens mehr zur
altliberalen Partei neigend.

Die Anträge in der deutschen Frage, welche das Conn6 vorbereitet hatte,
waren im Wesentlichen übereinstimmend mit den Beschlüssen des Abgeordneten¬
tags und der Generalversammlung des Nationalvereins. Sie sprachen die
entschiedene Verwerfung des Delegirtenprojects und des Bundesgerichts aus,
erklärten sich für die Ausführung der gesetzlich zu Stande gekommenen Reichs¬
verfassung vom 18. März 1849, und für Einberufung einer Nationalversamm¬
lung zur Lösung der Oberhauptsfrage und zur Vornahme der etwa für noth¬
wendig und wünschenswert!) erkannten Abänderungen der Reichsverfassung.
Endlich wurde es als eine dringende nationale Forderung bezeichnet, daß alle
deutschen Bundesstaaten mit Einschluß Deutschöstreichs sich dem in der Reichs¬
verfassung begründeten Gesammtverband anschlössen. Sollten aber der Her¬
stellung einer Gesammtdeutschland umfassenden bundesstaatlichen Einigung in
Deutschöstreich oder in einem andern deutschen Staate für jetzt unübersteigliche
Hindernisse im Wege stehen, so dürfe dies für die übrigen Staaten kein Ab¬
haltungsgrund sein, mit der Ausführung des nationalen Werks an ihrem Theile
zu beginnen.

Gegen den letzteren Punkt richtete sich vornehmlich die Einsprache der groß-
deutsch-demokratischen Fraction. Deutsch-Oestreich dürfe auf keine Weise aus¬
geschlossen werden, die gleichmäßige Theilnahme aller deutschen Stämme und
Staaten sei die wesentliche Voraussetzung einer engeren Vereinigung. Es war
eine Wiederholung der bekannten Sätze der großdeutschen Partei. Aber auch
gegen die Forderung der Reichsverfassung legten die Herren Probst, Oesterlen,
Becher Verwahrung ein, deren tiefer liegendes Motiv, wenn es auch nicht ge


dort erschien, um seinen grvßdeutschen Standpunkt zu vertheidigen, während
seine beiden heutigen Bundesgenossen, Becher und Oesterlen, auf dem Punkte
standen nach Frankfurt zu gehen — Becher der Reichsregent vom Jahr 1849,
später gesuchter Vertheidiger in politischen Processen, mit fließender Rede aus¬
gestattet und mit einer Stimme, deren Wohlklanges er sich selbst am besten
bewußt ist, noch heute zur äußersten Linken gehörig, wie Oesterlen, der
auch als Politiker den Advocaten nicht verläugnet und dessen breite pathetische
Redeweise mitunter an den Geschmack des Jahres 1848 erinnert, der aber
freilich noch nicht zu vergleichen ist mit dem excentrischen ehemaligen Pfarrer
Hopf, längere Zeit Redacteur des Beobachters, dem erkant, teriidlcz der Partei.
Nur Wenige fehlen, die sonst auf diesen Versammlungen zu erscheinen Pflegen.
Wir vermißten von bekannteren Namen den Director Pfeifer, den eifrigen Freund
des Nationalvereins und des Handelsvertrags, Sigmund Schott, den sonst
unzertrennlichen Gefährten Probsts, Reyscher, den von Tübingen hinweg-
gemaßregelten Professor, jetzt Abgeordneter der Stadt Stuttgart, und Hermann
Reuchlin, den Geschichtschreiber Italiens, die beiden letzten übrigens mehr zur
altliberalen Partei neigend.

Die Anträge in der deutschen Frage, welche das Conn6 vorbereitet hatte,
waren im Wesentlichen übereinstimmend mit den Beschlüssen des Abgeordneten¬
tags und der Generalversammlung des Nationalvereins. Sie sprachen die
entschiedene Verwerfung des Delegirtenprojects und des Bundesgerichts aus,
erklärten sich für die Ausführung der gesetzlich zu Stande gekommenen Reichs¬
verfassung vom 18. März 1849, und für Einberufung einer Nationalversamm¬
lung zur Lösung der Oberhauptsfrage und zur Vornahme der etwa für noth¬
wendig und wünschenswert!) erkannten Abänderungen der Reichsverfassung.
Endlich wurde es als eine dringende nationale Forderung bezeichnet, daß alle
deutschen Bundesstaaten mit Einschluß Deutschöstreichs sich dem in der Reichs¬
verfassung begründeten Gesammtverband anschlössen. Sollten aber der Her¬
stellung einer Gesammtdeutschland umfassenden bundesstaatlichen Einigung in
Deutschöstreich oder in einem andern deutschen Staate für jetzt unübersteigliche
Hindernisse im Wege stehen, so dürfe dies für die übrigen Staaten kein Ab¬
haltungsgrund sein, mit der Ausführung des nationalen Werks an ihrem Theile
zu beginnen.

Gegen den letzteren Punkt richtete sich vornehmlich die Einsprache der groß-
deutsch-demokratischen Fraction. Deutsch-Oestreich dürfe auf keine Weise aus¬
geschlossen werden, die gleichmäßige Theilnahme aller deutschen Stämme und
Staaten sei die wesentliche Voraussetzung einer engeren Vereinigung. Es war
eine Wiederholung der bekannten Sätze der großdeutschen Partei. Aber auch
gegen die Forderung der Reichsverfassung legten die Herren Probst, Oesterlen,
Becher Verwahrung ein, deren tiefer liegendes Motiv, wenn es auch nicht ge


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[0018] dort erschien, um seinen grvßdeutschen Standpunkt zu vertheidigen, während seine beiden heutigen Bundesgenossen, Becher und Oesterlen, auf dem Punkte standen nach Frankfurt zu gehen — Becher der Reichsregent vom Jahr 1849, später gesuchter Vertheidiger in politischen Processen, mit fließender Rede aus¬ gestattet und mit einer Stimme, deren Wohlklanges er sich selbst am besten bewußt ist, noch heute zur äußersten Linken gehörig, wie Oesterlen, der auch als Politiker den Advocaten nicht verläugnet und dessen breite pathetische Redeweise mitunter an den Geschmack des Jahres 1848 erinnert, der aber freilich noch nicht zu vergleichen ist mit dem excentrischen ehemaligen Pfarrer Hopf, längere Zeit Redacteur des Beobachters, dem erkant, teriidlcz der Partei. Nur Wenige fehlen, die sonst auf diesen Versammlungen zu erscheinen Pflegen. Wir vermißten von bekannteren Namen den Director Pfeifer, den eifrigen Freund des Nationalvereins und des Handelsvertrags, Sigmund Schott, den sonst unzertrennlichen Gefährten Probsts, Reyscher, den von Tübingen hinweg- gemaßregelten Professor, jetzt Abgeordneter der Stadt Stuttgart, und Hermann Reuchlin, den Geschichtschreiber Italiens, die beiden letzten übrigens mehr zur altliberalen Partei neigend. Die Anträge in der deutschen Frage, welche das Conn6 vorbereitet hatte, waren im Wesentlichen übereinstimmend mit den Beschlüssen des Abgeordneten¬ tags und der Generalversammlung des Nationalvereins. Sie sprachen die entschiedene Verwerfung des Delegirtenprojects und des Bundesgerichts aus, erklärten sich für die Ausführung der gesetzlich zu Stande gekommenen Reichs¬ verfassung vom 18. März 1849, und für Einberufung einer Nationalversamm¬ lung zur Lösung der Oberhauptsfrage und zur Vornahme der etwa für noth¬ wendig und wünschenswert!) erkannten Abänderungen der Reichsverfassung. Endlich wurde es als eine dringende nationale Forderung bezeichnet, daß alle deutschen Bundesstaaten mit Einschluß Deutschöstreichs sich dem in der Reichs¬ verfassung begründeten Gesammtverband anschlössen. Sollten aber der Her¬ stellung einer Gesammtdeutschland umfassenden bundesstaatlichen Einigung in Deutschöstreich oder in einem andern deutschen Staate für jetzt unübersteigliche Hindernisse im Wege stehen, so dürfe dies für die übrigen Staaten kein Ab¬ haltungsgrund sein, mit der Ausführung des nationalen Werks an ihrem Theile zu beginnen. Gegen den letzteren Punkt richtete sich vornehmlich die Einsprache der groß- deutsch-demokratischen Fraction. Deutsch-Oestreich dürfe auf keine Weise aus¬ geschlossen werden, die gleichmäßige Theilnahme aller deutschen Stämme und Staaten sei die wesentliche Voraussetzung einer engeren Vereinigung. Es war eine Wiederholung der bekannten Sätze der großdeutschen Partei. Aber auch gegen die Forderung der Reichsverfassung legten die Herren Probst, Oesterlen, Becher Verwahrung ein, deren tiefer liegendes Motiv, wenn es auch nicht ge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/18>, abgerufen am 25.11.2024.