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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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Von Sabrina ab wendet sich der Strom, der bis dahin westwärts ging,
fast unter rechtem Winkel nordwärts. In dieser Richtung durchschneidet er.
nachdem er vorher den Abfluß des großen Obrabruchcs empfangen, die Stadt
Posen, 300' breit, und ändert seinen Laus erst bei Obornik. wo er sich mit
der Welna verbindet. Von da an geht die Warthe wieder gen Westen und
ergießt sich bald nach ihrem Austritt aus Posen, über 400' breit in die Oder.
Zur polnischen Zeit waren ihre Ufer Sumpf und Moor, mit Gesträuch und
Wald durchwachsen; schiffbar war sie erst von Posen ab, und auch da hinderten
zahllose Mühlen die Schifffahrt. Seitdem ist unendlich viel geschehen. Das
Strombett ist regulirt, die Sümpfe sind trocken gelegt, eine große Wasserstraße,
unterstützt durch einzelne Seitenlinien, hat der Industrie und dem Handel der
Provinz aufgeholfen und ihr reiche Erwerbsquellen geöffnet. Wenn trotzdem
noch Klagen über den Fluß und Wünsche in Betreff desselben laut werden,
so liegt darin gewiß ein Grund, für die Provinzialen, selbst Hand ans Wert
zu legen.

Was für das Departement Posen die Warthe. dasselbe und vielleicht "och
mehr ist für Bromberg die Netze (Me"<:). Sie entspringt im Goplvsee, nahe
bei Kruszwitz; ihr erster nördlicher Lauf geht unausgesetzt durch kleinere und
größere Seen, darunter einmal IV" Meile lang durch den Trlvngsee, bis Ratel, wo
sie schiffbar wird. Darauf durchzieht sie den Norden der Provinz in der Rich¬
tung von Osten nach Westen und verläßt dieselbe nach ihrer Bereinigung mit
der Drage, unterhalb Filehne, um sechs Meilen weiterhin in die Warthe zu
münden. Ihre Breite, die bei Ratel 100' beträgt, steigt bis zu 300', ihre Trag¬
kraft bis (,00 Ctnr, Nicht fern von Ratel liegt Bromberg an der Brahe, auch
Braa oder Braanie genannt. Dieser Nebenfluß der Weichsel, welche selbst etwa
fünf Meilen lang, bei Schulitz und Fordvn vorüber, die Grenze von Posen
und Westpreußen macht, ist 40-- 50' breit, flößbar und seit 1772 von Brom¬
berg ab schiffbar. Das ganze Weichselgebiet der Provinz Posen beträgt
36 ^Meilen.

Zwischen Netze und Weichsel fand der große Friedrich eine Wüstenei, ein
"europäisches Kanada". Mit unermüdlicher Energie und Freigebigkeit hat er
die wilde, verrottete Gegend in einen Fruchtgarten verwandelt. Den Mittel¬
punkt seiner Arbeiten bildete der Kanal, welchen er von Ratel bis Bromberg
zur Verbindung von Netze und Brahe anlegen ließ. Der Kanal ist '.",624 Ru¬
then lang, 60' breit, 3' tief. Der höchste Punkt desselben steht 78' über dem
Wasserspiegel der Brahe und 13' über dem der Netze. Zwölf Schleichen vermitteln
einerseits das Aufsteigen der Schiffe von der Brahe, anderseits deren Herab¬
lassung von der Netze aus. Ein Speisekanal aus der Netze führt Wasser herbei.
Die Arbeit geschah sehr rasch; sie wurde am 1. März 1773 begonnen, und
schon am Is. September 1774 fuhren Schiffe aus der Netze in die Weichsel.


Von Sabrina ab wendet sich der Strom, der bis dahin westwärts ging,
fast unter rechtem Winkel nordwärts. In dieser Richtung durchschneidet er.
nachdem er vorher den Abfluß des großen Obrabruchcs empfangen, die Stadt
Posen, 300' breit, und ändert seinen Laus erst bei Obornik. wo er sich mit
der Welna verbindet. Von da an geht die Warthe wieder gen Westen und
ergießt sich bald nach ihrem Austritt aus Posen, über 400' breit in die Oder.
Zur polnischen Zeit waren ihre Ufer Sumpf und Moor, mit Gesträuch und
Wald durchwachsen; schiffbar war sie erst von Posen ab, und auch da hinderten
zahllose Mühlen die Schifffahrt. Seitdem ist unendlich viel geschehen. Das
Strombett ist regulirt, die Sümpfe sind trocken gelegt, eine große Wasserstraße,
unterstützt durch einzelne Seitenlinien, hat der Industrie und dem Handel der
Provinz aufgeholfen und ihr reiche Erwerbsquellen geöffnet. Wenn trotzdem
noch Klagen über den Fluß und Wünsche in Betreff desselben laut werden,
so liegt darin gewiß ein Grund, für die Provinzialen, selbst Hand ans Wert
zu legen.

Was für das Departement Posen die Warthe. dasselbe und vielleicht »och
mehr ist für Bromberg die Netze (Me«<:). Sie entspringt im Goplvsee, nahe
bei Kruszwitz; ihr erster nördlicher Lauf geht unausgesetzt durch kleinere und
größere Seen, darunter einmal IV» Meile lang durch den Trlvngsee, bis Ratel, wo
sie schiffbar wird. Darauf durchzieht sie den Norden der Provinz in der Rich¬
tung von Osten nach Westen und verläßt dieselbe nach ihrer Bereinigung mit
der Drage, unterhalb Filehne, um sechs Meilen weiterhin in die Warthe zu
münden. Ihre Breite, die bei Ratel 100' beträgt, steigt bis zu 300', ihre Trag¬
kraft bis (,00 Ctnr, Nicht fern von Ratel liegt Bromberg an der Brahe, auch
Braa oder Braanie genannt. Dieser Nebenfluß der Weichsel, welche selbst etwa
fünf Meilen lang, bei Schulitz und Fordvn vorüber, die Grenze von Posen
und Westpreußen macht, ist 40— 50' breit, flößbar und seit 1772 von Brom¬
berg ab schiffbar. Das ganze Weichselgebiet der Provinz Posen beträgt
36 ^Meilen.

Zwischen Netze und Weichsel fand der große Friedrich eine Wüstenei, ein
„europäisches Kanada". Mit unermüdlicher Energie und Freigebigkeit hat er
die wilde, verrottete Gegend in einen Fruchtgarten verwandelt. Den Mittel¬
punkt seiner Arbeiten bildete der Kanal, welchen er von Ratel bis Bromberg
zur Verbindung von Netze und Brahe anlegen ließ. Der Kanal ist '.»,624 Ru¬
then lang, 60' breit, 3' tief. Der höchste Punkt desselben steht 78' über dem
Wasserspiegel der Brahe und 13' über dem der Netze. Zwölf Schleichen vermitteln
einerseits das Aufsteigen der Schiffe von der Brahe, anderseits deren Herab¬
lassung von der Netze aus. Ein Speisekanal aus der Netze führt Wasser herbei.
Die Arbeit geschah sehr rasch; sie wurde am 1. März 1773 begonnen, und
schon am Is. September 1774 fuhren Schiffe aus der Netze in die Weichsel.


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[0133] Von Sabrina ab wendet sich der Strom, der bis dahin westwärts ging, fast unter rechtem Winkel nordwärts. In dieser Richtung durchschneidet er. nachdem er vorher den Abfluß des großen Obrabruchcs empfangen, die Stadt Posen, 300' breit, und ändert seinen Laus erst bei Obornik. wo er sich mit der Welna verbindet. Von da an geht die Warthe wieder gen Westen und ergießt sich bald nach ihrem Austritt aus Posen, über 400' breit in die Oder. Zur polnischen Zeit waren ihre Ufer Sumpf und Moor, mit Gesträuch und Wald durchwachsen; schiffbar war sie erst von Posen ab, und auch da hinderten zahllose Mühlen die Schifffahrt. Seitdem ist unendlich viel geschehen. Das Strombett ist regulirt, die Sümpfe sind trocken gelegt, eine große Wasserstraße, unterstützt durch einzelne Seitenlinien, hat der Industrie und dem Handel der Provinz aufgeholfen und ihr reiche Erwerbsquellen geöffnet. Wenn trotzdem noch Klagen über den Fluß und Wünsche in Betreff desselben laut werden, so liegt darin gewiß ein Grund, für die Provinzialen, selbst Hand ans Wert zu legen. Was für das Departement Posen die Warthe. dasselbe und vielleicht »och mehr ist für Bromberg die Netze (Me«<:). Sie entspringt im Goplvsee, nahe bei Kruszwitz; ihr erster nördlicher Lauf geht unausgesetzt durch kleinere und größere Seen, darunter einmal IV» Meile lang durch den Trlvngsee, bis Ratel, wo sie schiffbar wird. Darauf durchzieht sie den Norden der Provinz in der Rich¬ tung von Osten nach Westen und verläßt dieselbe nach ihrer Bereinigung mit der Drage, unterhalb Filehne, um sechs Meilen weiterhin in die Warthe zu münden. Ihre Breite, die bei Ratel 100' beträgt, steigt bis zu 300', ihre Trag¬ kraft bis (,00 Ctnr, Nicht fern von Ratel liegt Bromberg an der Brahe, auch Braa oder Braanie genannt. Dieser Nebenfluß der Weichsel, welche selbst etwa fünf Meilen lang, bei Schulitz und Fordvn vorüber, die Grenze von Posen und Westpreußen macht, ist 40— 50' breit, flößbar und seit 1772 von Brom¬ berg ab schiffbar. Das ganze Weichselgebiet der Provinz Posen beträgt 36 ^Meilen. Zwischen Netze und Weichsel fand der große Friedrich eine Wüstenei, ein „europäisches Kanada". Mit unermüdlicher Energie und Freigebigkeit hat er die wilde, verrottete Gegend in einen Fruchtgarten verwandelt. Den Mittel¬ punkt seiner Arbeiten bildete der Kanal, welchen er von Ratel bis Bromberg zur Verbindung von Netze und Brahe anlegen ließ. Der Kanal ist '.»,624 Ru¬ then lang, 60' breit, 3' tief. Der höchste Punkt desselben steht 78' über dem Wasserspiegel der Brahe und 13' über dem der Netze. Zwölf Schleichen vermitteln einerseits das Aufsteigen der Schiffe von der Brahe, anderseits deren Herab¬ lassung von der Netze aus. Ein Speisekanal aus der Netze führt Wasser herbei. Die Arbeit geschah sehr rasch; sie wurde am 1. März 1773 begonnen, und schon am Is. September 1774 fuhren Schiffe aus der Netze in die Weichsel.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/133>, abgerufen am 28.07.2024.