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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band.

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tcirischc Laufbahn abgeschlossen. Denn für den Corpora! in der östreichischen
Artillerie war das bekannte: "Wer es erst zum Corporal hat gebracht ze."
vollkommen unanwendbar. Er mochte noch so geschickt, thätig und tapfer sein,
ihm stand in der Regel höchstens die Beförderung zum Feldwebel vor Augen.
Da aber jede Compagnie nur einen Feldwebel hatte und dieser seine Verhältnißmäßig
einträgliche Stelle in der Regel vor dem Eintritt in das höchste Greisenalter
nicht leicht aufgab, so kann man ermessen, wie selten ein Corporal diesen
Posten erreichte.

Die jüngsten und intelligentesten Zöglinge der Regimentsschulen aber wur¬
den zu Bombardieren befördert und in das Bombardiercorps, die Pflanzschule
der Artillerieoffiziere, versetzt.

Dieses Bombardiercorps hatte eine Stärke'von über tausend Mann, die
einzelne Compagnie bestand aus 120 Bombardieren, 36 Feuerwerkern, 24 Ober-
feuerwerkern und 6 sogenannten k. k. Kadetten, 2 Tambouren und 4 Offi¬
zieren. Der Bombardier galt als "der vorzüglichste Gemeine der Armee",
war also dem Corporal subordinire, avancirte aber in der Regel sogleich zu
dem im Feldwebclrangc stehenden Feuerwerker. Der Oberfcuerwerker war der
Vorgesetzte- des Feuerwerkers, verrichtete, wenn er einer Batterie oder Artillerie¬
compagnie zugetheilt war. den Dienst eines Offiziers und wurde im Falle der
Invalidität als Offizier pensionirt.

Der neubeförderte Bombardier hatte immer eine drei- oder mindestens
zweijährige Dienstzeit zurückgelegt, wurde aber demungeachtet längere Zeit als
Neuling behandelt und zugleich zur Fortsetzung seiner Studien angehalten.
Die Schulen umfaßten einen Lehrcurs von fünf Jahren, und der Hauptlehr¬
gegenstand war die Mathematik, welche mit einer Gründlichkeit und in einer
Ausdehnung, wie kaum an irgend einer polytechnischen Lehranstalt behandelt
wurde. Neben der niedern und höhern Arithmetik und Geometrie, Clementar-
und höheren Mechanik wurden noch Terrainlehre, die Perspective, Befestigungs¬
kunst, Pyrotechnik und höhere Artillcrielehre, Taktik und Geographie gelehrt.
An der Spitze aller Lehrer stand ein Stabsoffizier als "?roksssor matkvsvos"
welcher an der Wiener Universität das Doctordiplom erlangt haben mußte.
Die Strenge, womit diese Schulen gehandhabt wurden, war sehr groß; doch
wurde hier mehr auf den Erfolg, als auf das Lernen selbst geachtet und der
Besuch der Schulen nicht zur unabweislichen Pflicht gemacht. Derjenige, welcher
keine Lust oder nicht die Fähigkeit zur Fortsetzung der Studien besaß, wurde
hiervon auf sein eigenes Ansuchen, im Falle eines begangenen Vergehens aber
auf Befehl des Corpscommandanten, ausgeschlossen und unter die Classe der
sogenannten praktischen Bombardiere, welche den größten Theil des Dienstes
zu bestreiten hatten, versetzt, verlor aber auch den Anspru.h auf Beförderung.
-- Denn der Bombardier konnte nur dann, wenn er diesen fünfjährigen Lehr-


tcirischc Laufbahn abgeschlossen. Denn für den Corpora! in der östreichischen
Artillerie war das bekannte: „Wer es erst zum Corporal hat gebracht ze."
vollkommen unanwendbar. Er mochte noch so geschickt, thätig und tapfer sein,
ihm stand in der Regel höchstens die Beförderung zum Feldwebel vor Augen.
Da aber jede Compagnie nur einen Feldwebel hatte und dieser seine Verhältnißmäßig
einträgliche Stelle in der Regel vor dem Eintritt in das höchste Greisenalter
nicht leicht aufgab, so kann man ermessen, wie selten ein Corporal diesen
Posten erreichte.

Die jüngsten und intelligentesten Zöglinge der Regimentsschulen aber wur¬
den zu Bombardieren befördert und in das Bombardiercorps, die Pflanzschule
der Artillerieoffiziere, versetzt.

Dieses Bombardiercorps hatte eine Stärke'von über tausend Mann, die
einzelne Compagnie bestand aus 120 Bombardieren, 36 Feuerwerkern, 24 Ober-
feuerwerkern und 6 sogenannten k. k. Kadetten, 2 Tambouren und 4 Offi¬
zieren. Der Bombardier galt als „der vorzüglichste Gemeine der Armee",
war also dem Corporal subordinire, avancirte aber in der Regel sogleich zu
dem im Feldwebclrangc stehenden Feuerwerker. Der Oberfcuerwerker war der
Vorgesetzte- des Feuerwerkers, verrichtete, wenn er einer Batterie oder Artillerie¬
compagnie zugetheilt war. den Dienst eines Offiziers und wurde im Falle der
Invalidität als Offizier pensionirt.

Der neubeförderte Bombardier hatte immer eine drei- oder mindestens
zweijährige Dienstzeit zurückgelegt, wurde aber demungeachtet längere Zeit als
Neuling behandelt und zugleich zur Fortsetzung seiner Studien angehalten.
Die Schulen umfaßten einen Lehrcurs von fünf Jahren, und der Hauptlehr¬
gegenstand war die Mathematik, welche mit einer Gründlichkeit und in einer
Ausdehnung, wie kaum an irgend einer polytechnischen Lehranstalt behandelt
wurde. Neben der niedern und höhern Arithmetik und Geometrie, Clementar-
und höheren Mechanik wurden noch Terrainlehre, die Perspective, Befestigungs¬
kunst, Pyrotechnik und höhere Artillcrielehre, Taktik und Geographie gelehrt.
An der Spitze aller Lehrer stand ein Stabsoffizier als „?roksssor matkvsvos"
welcher an der Wiener Universität das Doctordiplom erlangt haben mußte.
Die Strenge, womit diese Schulen gehandhabt wurden, war sehr groß; doch
wurde hier mehr auf den Erfolg, als auf das Lernen selbst geachtet und der
Besuch der Schulen nicht zur unabweislichen Pflicht gemacht. Derjenige, welcher
keine Lust oder nicht die Fähigkeit zur Fortsetzung der Studien besaß, wurde
hiervon auf sein eigenes Ansuchen, im Falle eines begangenen Vergehens aber
auf Befehl des Corpscommandanten, ausgeschlossen und unter die Classe der
sogenannten praktischen Bombardiere, welche den größten Theil des Dienstes
zu bestreiten hatten, versetzt, verlor aber auch den Anspru.h auf Beförderung.
— Denn der Bombardier konnte nur dann, wenn er diesen fünfjährigen Lehr-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_187493/116>, abgerufen am 27.11.2024.