Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Das Begleitschreiben Castlereaghs bewegte sich dann freilich in den schmei¬ Um ihren Worten mehr Gewicht zu verschaffen, hatten die englischen Nebenher wurden im mündlichen Verkehr von Lord Castlereagh der Krone Hardenberg verfolgte wirklich die hier angedeuteten Bahnen, aber als 12"
Das Begleitschreiben Castlereaghs bewegte sich dann freilich in den schmei¬ Um ihren Worten mehr Gewicht zu verschaffen, hatten die englischen Nebenher wurden im mündlichen Verkehr von Lord Castlereagh der Krone Hardenberg verfolgte wirklich die hier angedeuteten Bahnen, aber als 12"
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0099" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116027"/> <p xml:id="ID_355"> Das Begleitschreiben Castlereaghs bewegte sich dann freilich in den schmei¬<lb/> chelhaftesten Formen, feierte den Kaiser als denjenigen, von welchem Europa<lb/> sein Heil erwarte, und versprach Englands gute Dienste für eine reichliche Ver¬<lb/> größerung Rußlands an seiner westlichen Grenze, wiederholte aber weiterhin<lb/> die Forderungen der officiellen Note, Was der Frieden Europas fordere, hieß<lb/> es, lasse sich mit den wohlwollenden Absichten des Kaisers für Polen vereinigen,<lb/> wenn derselbe „seiner oberherrlicher Gewalt in Polen keine Schranken auf¬<lb/> erlege" und seinen polnischen Besitzungen nicht einen Namen verleihe, der<lb/> zwar den Ehrgeiz einiger dortigen Adelsfamilien befriedigen, dem Volk aber<lb/> nicht soviel Freiheit und Glück bringen könne, als weniger in die Augen fal¬<lb/> lende Verbesserungen der Verwaltung.</p><lb/> <p xml:id="ID_356"> Um ihren Worten mehr Gewicht zu verschaffen, hatten die englischen<lb/> Staatsmänner sich mit den beide» Hauptmächten Deutschlands zu verständigen<lb/> gesucht. Dies schien bei der hier vorherrschenden Ansicht von der Sachlage<lb/> leicht, aber bald ergab sich, daß die Entscheidung hinsichtlich Sachsens unlösbar<lb/> mit den Verhandlungen über Polen verflochten und von deren Ergebniß in<lb/> einer Weise abhängig war. welche deutschen Patrioten wie Stein, Gneisenau<lb/> und Humboldt in hohem Grade unheilvoll erschien. Am 11. October hatte<lb/> Lord Castlereagh schriftlich und in amtlicher Form der preußischen Regierung<lb/> erklärt, daß England nichts gegen die Vereinigung Sachsens mit Preußen<lb/> habe; solle jedoch diese Erwerbung als Ausgleichung für aufgegebene Ansprüche<lb/> Preußens' im Osten oder mögliche Gefahren von dorther angesehen werden<lb/> oder als ein Mittel. Preußen dahin zu bringen, daß es einwillige, sich mit<lb/> schutzlosen Grenzen in offenbare Abhängigkeit von Rußland zu begeben, so<lb/> werde England einer solchen Anordnung nicht zustimmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_357"> Nebenher wurden im mündlichen Verkehr von Lord Castlereagh der Krone<lb/> Preußen die sächsischen Lande bestimmt und ausdrücklich zugesagt, doch immer<lb/> wieder unter der Bedingung, daß Preußen sich in Gemeinschaft mit England<lb/> den Plänen Kaiser Alexanders mit Polen widersetze.</p><lb/> <p xml:id="ID_358" next="#ID_359"> Hardenberg verfolgte wirklich die hier angedeuteten Bahnen, aber als<lb/> Oestreich aufgefordert werden mußte, sich der Politik Englands und Preußens<lb/> anzuschließen, nahm dieses eine zweideutige, nach keiner Seite vollkommen red¬<lb/> liche Haltung an. die schließlich das Mißlingen des Planes herbeiführte. Diese<lb/> Haltung hatte nicht blos, wie man vielfach gemeint hat, in der Liebhaberei des<lb/> Fürsten Metternich für Intriguen, welche ihn auch in den einfachsten Dingen<lb/> krumme Wege den geraden vorziehen ließ, sondern auch in dem seinen Grund,<lb/> was man in Wien das östreichische Interesse nannte. Und überdies dürfen<lb/> wir den Herrn und Gebieter Metternichs, Kaiser Franz nicht außer Rechnung<lb/> lassen, den Mann mit dem steinharten Herzen, dessen äußeres Benehmen zur<lb/> Freude seiner treuen Unterthanen eine, wenn auch etwas trockne, doch naive</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 12"</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0099]
Das Begleitschreiben Castlereaghs bewegte sich dann freilich in den schmei¬
chelhaftesten Formen, feierte den Kaiser als denjenigen, von welchem Europa
sein Heil erwarte, und versprach Englands gute Dienste für eine reichliche Ver¬
größerung Rußlands an seiner westlichen Grenze, wiederholte aber weiterhin
die Forderungen der officiellen Note, Was der Frieden Europas fordere, hieß
es, lasse sich mit den wohlwollenden Absichten des Kaisers für Polen vereinigen,
wenn derselbe „seiner oberherrlicher Gewalt in Polen keine Schranken auf¬
erlege" und seinen polnischen Besitzungen nicht einen Namen verleihe, der
zwar den Ehrgeiz einiger dortigen Adelsfamilien befriedigen, dem Volk aber
nicht soviel Freiheit und Glück bringen könne, als weniger in die Augen fal¬
lende Verbesserungen der Verwaltung.
Um ihren Worten mehr Gewicht zu verschaffen, hatten die englischen
Staatsmänner sich mit den beide» Hauptmächten Deutschlands zu verständigen
gesucht. Dies schien bei der hier vorherrschenden Ansicht von der Sachlage
leicht, aber bald ergab sich, daß die Entscheidung hinsichtlich Sachsens unlösbar
mit den Verhandlungen über Polen verflochten und von deren Ergebniß in
einer Weise abhängig war. welche deutschen Patrioten wie Stein, Gneisenau
und Humboldt in hohem Grade unheilvoll erschien. Am 11. October hatte
Lord Castlereagh schriftlich und in amtlicher Form der preußischen Regierung
erklärt, daß England nichts gegen die Vereinigung Sachsens mit Preußen
habe; solle jedoch diese Erwerbung als Ausgleichung für aufgegebene Ansprüche
Preußens' im Osten oder mögliche Gefahren von dorther angesehen werden
oder als ein Mittel. Preußen dahin zu bringen, daß es einwillige, sich mit
schutzlosen Grenzen in offenbare Abhängigkeit von Rußland zu begeben, so
werde England einer solchen Anordnung nicht zustimmen.
Nebenher wurden im mündlichen Verkehr von Lord Castlereagh der Krone
Preußen die sächsischen Lande bestimmt und ausdrücklich zugesagt, doch immer
wieder unter der Bedingung, daß Preußen sich in Gemeinschaft mit England
den Plänen Kaiser Alexanders mit Polen widersetze.
Hardenberg verfolgte wirklich die hier angedeuteten Bahnen, aber als
Oestreich aufgefordert werden mußte, sich der Politik Englands und Preußens
anzuschließen, nahm dieses eine zweideutige, nach keiner Seite vollkommen red¬
liche Haltung an. die schließlich das Mißlingen des Planes herbeiführte. Diese
Haltung hatte nicht blos, wie man vielfach gemeint hat, in der Liebhaberei des
Fürsten Metternich für Intriguen, welche ihn auch in den einfachsten Dingen
krumme Wege den geraden vorziehen ließ, sondern auch in dem seinen Grund,
was man in Wien das östreichische Interesse nannte. Und überdies dürfen
wir den Herrn und Gebieter Metternichs, Kaiser Franz nicht außer Rechnung
lassen, den Mann mit dem steinharten Herzen, dessen äußeres Benehmen zur
Freude seiner treuen Unterthanen eine, wenn auch etwas trockne, doch naive
12"
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