Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.scheu Reich ist auch jenes Schattenbild einer Nationalkirche, das Corpus Evangeli- Zunächst freilich haben die Liberalen der protestantischen Kirche, auch wenn he Schon im vorigen Jahre wurde auf der freisinnigen badischen Kirchenconscrenz Dort kamen denn 131 Freunde der Sache zusammen -- eine sehr befriedigende Wie sich schon aus den aufgeführten Namen ergibt, waren die verschiedensten scheu Reich ist auch jenes Schattenbild einer Nationalkirche, das Corpus Evangeli- Zunächst freilich haben die Liberalen der protestantischen Kirche, auch wenn he Schon im vorigen Jahre wurde auf der freisinnigen badischen Kirchenconscrenz Dort kamen denn 131 Freunde der Sache zusammen — eine sehr befriedigende Wie sich schon aus den aufgeführten Namen ergibt, waren die verschiedensten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116015"/> <p xml:id="ID_315" prev="#ID_314"> scheu Reich ist auch jenes Schattenbild einer Nationalkirche, das Corpus Evangeli-<lb/> corum 180K gefallen. Was seitdem zur Herstellung eines allumfassenden Bandes<lb/> geschehen ist. beschränkt sich auf entschieden conservative Bestrebungen, einfach und<lb/> in gutem Sinn konservative wie die des Gustav-Adolf-Vereins. rcactionür conser-<lb/> vative wie die des evangelischen Kirchentags und die der Kirchenregiments-Conferenzen.<lb/> Activ liberale Bestrebungen sind hier noch gar nicht hervorgetreten. Und doch ver¬<lb/> sprechen nur sie, gerade wie in der politischen Sphäre, eine Einheit herzustellen,<lb/> die den großen Interessen der Nation gemäß ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_316"> Zunächst freilich haben die Liberalen der protestantischen Kirche, auch wenn he<lb/> ihre Kraft durch Vereinigung zu erhoben suchen, noch eine beschränktere Ausgabe.<lb/> Es gilt erst innerhalb der einzelnen Landeskirchen den Grundsatz der Selbstregierung<lb/> durch synodale Repräsentation zur Geltung zu bringen. bevor man der Kirche<lb/> Deutschlands zeitgemäße Organe schafft. Eine Art Bundestag hat ja auch die<lb/> deutsche evangelische Kirche bereits in den von Kliefoth und Genossen beherrschten<lb/> Kirchenregiments-Conferenzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_317"> Schon im vorigen Jahre wurde auf der freisinnigen badischen Kirchenconscrenz<lb/> zu Durlach der Wunsch laut, einen deutschen Protestautcntag ins Leben gerufen zu<lb/> sehen. In diesem Jahre nahm der Führer der durlachcr Kirchenpartci. Prof. Schen¬<lb/> kel aus Heidelberg, die Sache mit einem förmlichen Antrage auf. Man beschloß in¬<lb/> folge dessen Einladungen ergehen zu lassen an namhafte Gesinnungsgenossen in<lb/> !,anz Deutschland zu einer noch in diesem Herbst zu haltenden Vorversammlung. Pfar¬<lb/> rer Zittek aus Heidelberg begab sich nach Berlin, um den Kreis der krauseschcu<lb/> protestantischen Kirchenzeitung für den Plan zu gewinnen. Diese Freunde wiesen<lb/> den Vorschlag nicht von der Hand, hatten aber mancherlei Ausstellungen im Einzel¬<lb/> nen zu machen, und erhoben den Anspruch, an der Initiative betheiligt zu werden,<lb/> für welchen Fall sie namentlich die Gewinnung einiger hervorragender Politiker in<lb/> Aussicht stellten. Doch waren inzwischen in dem Heidelberger Kreise die Vorberei¬<lb/> tungen schon zu weit -gediehen, als daß sich darauf noch hätte eingehen lassen. Die<lb/> Einladungen ergingen, anfangs aus den 7. October. dann, weil Tags vorher die<lb/> hannoversche Vorsynode zusammentreten wird, aus den 30. September nach Frank¬<lb/> furt am Main.</p><lb/> <p xml:id="ID_318"> Dort kamen denn 131 Freunde der Sache zusammen — eine sehr befriedigende<lb/> Zahl, indem nur etwa hundert unmittelbar persönliche Einladungen erlassen<lb/> worden waren. Unter ihnen waren die liberalen Parteien der Landeskirchen von<lb/> Baden. Hannover, beiden Hessen. Nassau und Frankfurt zufriedenstellend vertreten;<lb/> Preußen, Bayern und Würtemberg dagegen so gut wie gar nicht, Sachsen, Olden¬<lb/> burg. Mecklenburg und die Hansestädte schwach, Thüringen wenigstens nicht sehr<lb/> ausgiebig. Von den theologischen Facultäten hatten nur Heidelberg und Jena Mit¬<lb/> glieder entsandt. Im Uebriqcn aber machte die versammelte Gesellschaft einen<lb/> stattlichen und vielversprechenden Eindruck. Theologen wie Nöthe, C. Schwarz.<lb/> Stop, Baumgarten, Schenkel, und Hitzig populäre Prediger wie Zittek, Ebert.<lb/> Baurschmidt und Nonweiler. Gelehrte anderer Fächer wie Bluntschli und Rau,<lb/> Politiker wie v. Bennigsen und Oclkcr, Souehay und Varrentrapp, gaben der Masse<lb/> einen Kern, der sich schon sehen lassen kann. Es waltete ferner in dieser Griindcr-<lb/> schaar eine ernstgesinntc Jugend hinlänglich vor. um zu Hoffnungen einer bes¬<lb/> sern Zukunft zu berechtigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_319" next="#ID_320"> Wie sich schon aus den aufgeführten Namen ergibt, waren die verschiedensten<lb/> dogmatischen Richtungen vertreten. Gleichwohl kam es zu keinem Dogmcnstrett<lb/> Von vornherein war man beinahe auf allen Seiten darüber klar, daß man nicht<lb/> eine Lchrpartei gründen könne und wolle, sondern eine Vcrfassungspartei. In<lb/> dem Heidelberger Statutencntwurf war dies nicht mit völliger Klarheit ausgeprägt;<lb/> da that C. Schwarz aus Gotha der Versammlung den Dienst, die Ausnahme</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
scheu Reich ist auch jenes Schattenbild einer Nationalkirche, das Corpus Evangeli-
corum 180K gefallen. Was seitdem zur Herstellung eines allumfassenden Bandes
geschehen ist. beschränkt sich auf entschieden conservative Bestrebungen, einfach und
in gutem Sinn konservative wie die des Gustav-Adolf-Vereins. rcactionür conser-
vative wie die des evangelischen Kirchentags und die der Kirchenregiments-Conferenzen.
Activ liberale Bestrebungen sind hier noch gar nicht hervorgetreten. Und doch ver¬
sprechen nur sie, gerade wie in der politischen Sphäre, eine Einheit herzustellen,
die den großen Interessen der Nation gemäß ist.
Zunächst freilich haben die Liberalen der protestantischen Kirche, auch wenn he
ihre Kraft durch Vereinigung zu erhoben suchen, noch eine beschränktere Ausgabe.
Es gilt erst innerhalb der einzelnen Landeskirchen den Grundsatz der Selbstregierung
durch synodale Repräsentation zur Geltung zu bringen. bevor man der Kirche
Deutschlands zeitgemäße Organe schafft. Eine Art Bundestag hat ja auch die
deutsche evangelische Kirche bereits in den von Kliefoth und Genossen beherrschten
Kirchenregiments-Conferenzen.
Schon im vorigen Jahre wurde auf der freisinnigen badischen Kirchenconscrenz
zu Durlach der Wunsch laut, einen deutschen Protestautcntag ins Leben gerufen zu
sehen. In diesem Jahre nahm der Führer der durlachcr Kirchenpartci. Prof. Schen¬
kel aus Heidelberg, die Sache mit einem förmlichen Antrage auf. Man beschloß in¬
folge dessen Einladungen ergehen zu lassen an namhafte Gesinnungsgenossen in
!,anz Deutschland zu einer noch in diesem Herbst zu haltenden Vorversammlung. Pfar¬
rer Zittek aus Heidelberg begab sich nach Berlin, um den Kreis der krauseschcu
protestantischen Kirchenzeitung für den Plan zu gewinnen. Diese Freunde wiesen
den Vorschlag nicht von der Hand, hatten aber mancherlei Ausstellungen im Einzel¬
nen zu machen, und erhoben den Anspruch, an der Initiative betheiligt zu werden,
für welchen Fall sie namentlich die Gewinnung einiger hervorragender Politiker in
Aussicht stellten. Doch waren inzwischen in dem Heidelberger Kreise die Vorberei¬
tungen schon zu weit -gediehen, als daß sich darauf noch hätte eingehen lassen. Die
Einladungen ergingen, anfangs aus den 7. October. dann, weil Tags vorher die
hannoversche Vorsynode zusammentreten wird, aus den 30. September nach Frank¬
furt am Main.
Dort kamen denn 131 Freunde der Sache zusammen — eine sehr befriedigende
Zahl, indem nur etwa hundert unmittelbar persönliche Einladungen erlassen
worden waren. Unter ihnen waren die liberalen Parteien der Landeskirchen von
Baden. Hannover, beiden Hessen. Nassau und Frankfurt zufriedenstellend vertreten;
Preußen, Bayern und Würtemberg dagegen so gut wie gar nicht, Sachsen, Olden¬
burg. Mecklenburg und die Hansestädte schwach, Thüringen wenigstens nicht sehr
ausgiebig. Von den theologischen Facultäten hatten nur Heidelberg und Jena Mit¬
glieder entsandt. Im Uebriqcn aber machte die versammelte Gesellschaft einen
stattlichen und vielversprechenden Eindruck. Theologen wie Nöthe, C. Schwarz.
Stop, Baumgarten, Schenkel, und Hitzig populäre Prediger wie Zittek, Ebert.
Baurschmidt und Nonweiler. Gelehrte anderer Fächer wie Bluntschli und Rau,
Politiker wie v. Bennigsen und Oclkcr, Souehay und Varrentrapp, gaben der Masse
einen Kern, der sich schon sehen lassen kann. Es waltete ferner in dieser Griindcr-
schaar eine ernstgesinntc Jugend hinlänglich vor. um zu Hoffnungen einer bes¬
sern Zukunft zu berechtigen.
Wie sich schon aus den aufgeführten Namen ergibt, waren die verschiedensten
dogmatischen Richtungen vertreten. Gleichwohl kam es zu keinem Dogmcnstrett
Von vornherein war man beinahe auf allen Seiten darüber klar, daß man nicht
eine Lchrpartei gründen könne und wolle, sondern eine Vcrfassungspartei. In
dem Heidelberger Statutencntwurf war dies nicht mit völliger Klarheit ausgeprägt;
da that C. Schwarz aus Gotha der Versammlung den Dienst, die Ausnahme
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