Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Halten wir uns indeß nicht länger auf; wir haben mehr zu sehen. Treten Wieder eine andere Classe läßt uns den berühmten Collaborator Heims Pein Exsergeanten geistig verwandt ist der Kollaborator Peter Knudsen Ganz desselben Schlags ist Eduard Sidonius Boje, der an der Domschule Halten wir uns indeß nicht länger auf; wir haben mehr zu sehen. Treten Wieder eine andere Classe läßt uns den berühmten Collaborator Heims Pein Exsergeanten geistig verwandt ist der Kollaborator Peter Knudsen Ganz desselben Schlags ist Eduard Sidonius Boje, der an der Domschule <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116010"/> <p xml:id="ID_279"> Halten wir uns indeß nicht länger auf; wir haben mehr zu sehen. Treten<lb/> wir in eine andere Classe der Domschule zu Schleswig. Der Adjunct Quist-<lb/> gaardt Muusmann steht gerade auf dem Katheder. Seit August 1835 fungirt<lb/> er hier als Lehrer. Als er sein Amt antrat, sprach und verstand er nicht ein<lb/> Wort Deutsch, und während der acht Jahre, daß er nun deutschen Unterricht<lb/> ertheilt, hat er von der Muttersprache seiner Schüler sich nur soviel angeeignet,<lb/> um sich zur Noth verständlich machen zu tonnen. Von Geburt ein Jude, er¬<lb/> hielt er seine Bildung auf der Kathedralschule in Aarhuus, machte in Kopen¬<lb/> hagen das philologisch-philosophische Examen und hielt sich dann einige Jahre<lb/> zuerst in Norwegen, hierauf in Paris und zuletzt in Oxford auf, von wo er<lb/> nach Kopenhagen zurückkehrte, um bald nachher als Mitarbeiter an der Danisi-<lb/> rung in Schleswig angestellt zu werden. Er ist ein Herr von feinen Manieren,<lb/> aber ohne tiefere pädagogische Kenntnisse und bei seiner geringen Bekanntschaft<lb/> mit der deutschen Sprache zum Unterricht in der Grammatik völlig unbefähigt.<lb/> Ja selbst sein seiner Schliff ist nicht viel werth; denn wenn ihm sein Eider-<lb/> dänenthum in den Kopf steigt, nimmt alle Wohlerzogenheit ein Ende, und<lb/> Kinder, die nicht wissen, daß ihr Baterland Dänemark und Schleswig eigent¬<lb/> lich Südjütland heißt, werden von ihm mit Ohrfeigen und Faustschlägen so<lb/> lange bearbeitet, bis die Einsicht sich einstellt.</p><lb/> <p xml:id="ID_280"> Wieder eine andere Classe läßt uns den berühmten Collaborator Heims<lb/> erblicken, den Tyrtäus der heutigen Dänen. Er ist nämlich der Verfasser des<lb/> Liedes „Der tappere Landsoldat", welches bekanntlich ein Gemisch von Trivia¬<lb/> lität und Unsinn, nichts desto weniger jäher Nationalhymne Dänemarks ist.<lb/> Das Schulprogramm von 1838 rühmt von ihm. daß er den Feldzug gegen die<lb/> Schleswig-Holsteiner mitgemacht, es dabei zum Sergeanten gebracht und sich in<lb/> der Schlacht bei Jdstedt das Danebrogskreuz erworben. Im Examen dagegen<lb/> blühte ihm nur ein sehr bescheidener Lorbeer, er bekam hier nur den Charakter<lb/> ,.Irauä illauäadilis", und seine Amtsführung verdient nicht einmal diese Censur.<lb/> Seine Bildung ist entschieden untermäßig, sein Hauptstudium richtet sich auf<lb/> die Entdeckung der Verwandtschaft zwischen dem Plattdeutschen und dem Dä¬<lb/> nischen, und die Schulstunden müssen ihm dazu dienen, die Ergebnisse dieser<lb/> Forschungen seinen Schülern zu octroyiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_281"> Pein Exsergeanten geistig verwandt ist der Kollaborator Peter Knudsen<lb/> Blicbert. nur ist dessen Eiderdänenthum wo möglich noch fanatischer und ge¬<lb/> waltthätiger als das des Herrn Kollegen. Blicbert ist ohne alle Lebensart,<lb/> seine Manieren sind von bäurischer Ungeschliffenheit, seine Kenntnisse in der<lb/> Philologie höchst oberflächlich. Mit übercinandergeschlagenen Beinen auf dem<lb/> Stuhle sitzend, den Schülern meist den Rücken zudrehend, vergnügt er sich in<lb/> der Regel damit, daß er Figuren auf den Fußboden spuckt. Sein Unterricht<lb/> im Griechischen machte ihn, der nicht einmal richtig conjngiren kann, selbst den<lb/> Obertertianern lächerlich. Seine Vorträge über Geographie, nach einer Ueber¬<lb/> setzung des einfältigen Buches von Brühn gehalten, sind nicht besser. Daß er<lb/> das Deutsche nur radebrecht, versteht sich bei ihm als neuangestelltem Lehrer in<lb/> Schleswig von selbst. Vermuthlich aber besitzt er verborgene Vorzüge; denn<lb/> die Regierung hat ihn zum Schulinsvector gemacht, was freilich auch mit seinem<lb/> bittern Haß gegen alles Deutsche erklärt werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_282" next="#ID_283"> Ganz desselben Schlags ist Eduard Sidonius Boje, der an der Domschule<lb/> Naturgeschichte lehrt, ein vollkommen indolenter Mensch, dessen Vorträge in<lb/> einem Kauderwelsch von Deutsch und Dänisch gehalten werden, welches die<lb/> Schüler vor Kichern nicht zum Nachschreiben kommen läßt. Nichts Erfreu¬<lb/> licheres ist von dem Lehrer H. O. Hansen zu vermelden, Uebleres von dem Ad-<lb/> juncten Lohse, einem der elendesten jener Renegaten, welche in Schleswig durch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
Halten wir uns indeß nicht länger auf; wir haben mehr zu sehen. Treten
wir in eine andere Classe der Domschule zu Schleswig. Der Adjunct Quist-
gaardt Muusmann steht gerade auf dem Katheder. Seit August 1835 fungirt
er hier als Lehrer. Als er sein Amt antrat, sprach und verstand er nicht ein
Wort Deutsch, und während der acht Jahre, daß er nun deutschen Unterricht
ertheilt, hat er von der Muttersprache seiner Schüler sich nur soviel angeeignet,
um sich zur Noth verständlich machen zu tonnen. Von Geburt ein Jude, er¬
hielt er seine Bildung auf der Kathedralschule in Aarhuus, machte in Kopen¬
hagen das philologisch-philosophische Examen und hielt sich dann einige Jahre
zuerst in Norwegen, hierauf in Paris und zuletzt in Oxford auf, von wo er
nach Kopenhagen zurückkehrte, um bald nachher als Mitarbeiter an der Danisi-
rung in Schleswig angestellt zu werden. Er ist ein Herr von feinen Manieren,
aber ohne tiefere pädagogische Kenntnisse und bei seiner geringen Bekanntschaft
mit der deutschen Sprache zum Unterricht in der Grammatik völlig unbefähigt.
Ja selbst sein seiner Schliff ist nicht viel werth; denn wenn ihm sein Eider-
dänenthum in den Kopf steigt, nimmt alle Wohlerzogenheit ein Ende, und
Kinder, die nicht wissen, daß ihr Baterland Dänemark und Schleswig eigent¬
lich Südjütland heißt, werden von ihm mit Ohrfeigen und Faustschlägen so
lange bearbeitet, bis die Einsicht sich einstellt.
Wieder eine andere Classe läßt uns den berühmten Collaborator Heims
erblicken, den Tyrtäus der heutigen Dänen. Er ist nämlich der Verfasser des
Liedes „Der tappere Landsoldat", welches bekanntlich ein Gemisch von Trivia¬
lität und Unsinn, nichts desto weniger jäher Nationalhymne Dänemarks ist.
Das Schulprogramm von 1838 rühmt von ihm. daß er den Feldzug gegen die
Schleswig-Holsteiner mitgemacht, es dabei zum Sergeanten gebracht und sich in
der Schlacht bei Jdstedt das Danebrogskreuz erworben. Im Examen dagegen
blühte ihm nur ein sehr bescheidener Lorbeer, er bekam hier nur den Charakter
,.Irauä illauäadilis", und seine Amtsführung verdient nicht einmal diese Censur.
Seine Bildung ist entschieden untermäßig, sein Hauptstudium richtet sich auf
die Entdeckung der Verwandtschaft zwischen dem Plattdeutschen und dem Dä¬
nischen, und die Schulstunden müssen ihm dazu dienen, die Ergebnisse dieser
Forschungen seinen Schülern zu octroyiren.
Pein Exsergeanten geistig verwandt ist der Kollaborator Peter Knudsen
Blicbert. nur ist dessen Eiderdänenthum wo möglich noch fanatischer und ge¬
waltthätiger als das des Herrn Kollegen. Blicbert ist ohne alle Lebensart,
seine Manieren sind von bäurischer Ungeschliffenheit, seine Kenntnisse in der
Philologie höchst oberflächlich. Mit übercinandergeschlagenen Beinen auf dem
Stuhle sitzend, den Schülern meist den Rücken zudrehend, vergnügt er sich in
der Regel damit, daß er Figuren auf den Fußboden spuckt. Sein Unterricht
im Griechischen machte ihn, der nicht einmal richtig conjngiren kann, selbst den
Obertertianern lächerlich. Seine Vorträge über Geographie, nach einer Ueber¬
setzung des einfältigen Buches von Brühn gehalten, sind nicht besser. Daß er
das Deutsche nur radebrecht, versteht sich bei ihm als neuangestelltem Lehrer in
Schleswig von selbst. Vermuthlich aber besitzt er verborgene Vorzüge; denn
die Regierung hat ihn zum Schulinsvector gemacht, was freilich auch mit seinem
bittern Haß gegen alles Deutsche erklärt werden kann.
Ganz desselben Schlags ist Eduard Sidonius Boje, der an der Domschule
Naturgeschichte lehrt, ein vollkommen indolenter Mensch, dessen Vorträge in
einem Kauderwelsch von Deutsch und Dänisch gehalten werden, welches die
Schüler vor Kichern nicht zum Nachschreiben kommen läßt. Nichts Erfreu¬
licheres ist von dem Lehrer H. O. Hansen zu vermelden, Uebleres von dem Ad-
juncten Lohse, einem der elendesten jener Renegaten, welche in Schleswig durch
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