Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.nicht zureichen wollte, um durch Worte und Gedanken das Herz des Zu¬ Im October des genannten Jahres erhielt Karl August von Goethe semen "Das ist eine schwere Aufgabe, mein lieber Nseearms für einen Laien und Einige Zeit darauf folgte in nachstehendem Schreiben (Br. 161) die Re- "Hier schicke ich Dir, was ich zusammengebracht habe. Die von Dir auf¬ "Um die Frage zu beantworten, ob und wie dem Schauspiel, der Groß- Allerdings würde das Publikum weniger betroffen seyn, eine Rolle spielen nicht zureichen wollte, um durch Worte und Gedanken das Herz des Zu¬ Im October des genannten Jahres erhielt Karl August von Goethe semen „Das ist eine schwere Aufgabe, mein lieber Nseearms für einen Laien und Einige Zeit darauf folgte in nachstehendem Schreiben (Br. 161) die Re- „Hier schicke ich Dir, was ich zusammengebracht habe. Die von Dir auf¬ „Um die Frage zu beantworten, ob und wie dem Schauspiel, der Groß- Allerdings würde das Publikum weniger betroffen seyn, eine Rolle spielen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0055" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115983"/> <p xml:id="ID_164" prev="#ID_163"> nicht zureichen wollte, um durch Worte und Gedanken das Herz des Zu¬<lb/> schauers zu rühren.</p><lb/> <p xml:id="ID_165"> Im October des genannten Jahres erhielt Karl August von Goethe semen<lb/> Groß-Cophta zur Beurtheilung übersandt. Er antwortet darauf zunächst<lb/> (Br. 160):</p><lb/> <p xml:id="ID_166"> „Das ist eine schwere Aufgabe, mein lieber Nseearms für einen Laien und<lb/> einen höchst unsystematischen Dilettanten; indessen will ich mein Mögliches thun.<lb/> Der herzliche Antheil, den ich an Allem nehme, was von Dir kommt und zu<lb/> Dir geht, wird mir vielleicht Lichter aufstecken. Nur bitte ich um Zeit und<lb/> Geduld; mein Kopf wird so ofte aus seinem Gleichgewicht gerückt, daß ich<lb/> nicht immer für seine Brauchbarkeit stehen kann. Die beste Stellung, deren er<lb/> fähig ist, soll aber dem Cophta gewidmet werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_167"> Einige Zeit darauf folgte in nachstehendem Schreiben (Br. 161) die Re-<lb/> cension des Stückes:</p><lb/> <p xml:id="ID_168"> „Hier schicke ich Dir, was ich zusammengebracht habe. Die von Dir auf¬<lb/> gestellte Frage überschreite ich freilich, indessen lege ich den Ueberflus; meiner<lb/> Antwort als Stoff nieder, auf den sich einige Unterhaltungen gründen können,<lb/> als Zweifel, die man auflösen kann, wenn man von der Materie eben einmal<lb/> reden mag. Es wäre schade, wenn man immer einerlei Meinung wäre, sonsten<lb/> müßre man am Ende beständig schlafen. Blos das Hin- und Herstreben ist's,<lb/> was das Leben im Gang erhält."</p><lb/> <p xml:id="ID_169"> „Um die Frage zu beantworten, ob und wie dem Schauspiel, der Groß-<lb/> Eophta, zu helfen sey, damit es den Zuschauern mehr gefalle, als dieses bis<lb/> jetzt gelungen ist. ob das Verhältniß eines Ehebruchs in das eines emtieiMen<lb/> evueuditi verändert, hinlänglich sei, die Lauligtcit des Publicums bei diesem<lb/> Stücke aufzuheben, wagt man Folgendes zu bemerken:</p><lb/> <p xml:id="ID_170" next="#ID_171"> Allerdings würde das Publikum weniger betroffen seyn, eine Rolle spielen<lb/> zu sehen, die mit der Liebhaberin in Diderots Hausvater und einigen andern<lb/> Charakteren dieser Art Aehnlichkeit hätte, als wie sich mit der Vorstellung<lb/> eines ehebrecherischen Ehepaars belustigen zu müssen, welches Leichtsinn und<lb/> Liederlichkeit stempelt, während die Fehltritte der Diderotschen und anderer<lb/> französischen Sünderinnen aus feineren und weichern Motiven entstehen und<lb/> nach erlaubten Zwecken streben. Indessen würden die Marquise und Marquis<lb/> aus Eheleuten in Bruder und Schwester verwandelt und die Nichte dadurch<lb/> von einer größern Vergehung befreit; so fiele das Zwangsmittel weg, wodurch<lb/> letztere zur Betrügerin geworben wird und alsdann müßte das Stück um¬<lb/> gearbeitet und neue Motive eingeschaltet werden, um die Nichte so handeln zu<lb/> machen, wie es zum Gange des Stückes nöthig ist. Ein blos anticipirter<lb/> Beischlaf auf die Hoffnung einer zukünftigen Ehe unternommen, würde wohl<lb/> schwerlich ein Mädchen, das nicht schon ganz in die Klasse der verworfenen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
nicht zureichen wollte, um durch Worte und Gedanken das Herz des Zu¬
schauers zu rühren.
Im October des genannten Jahres erhielt Karl August von Goethe semen
Groß-Cophta zur Beurtheilung übersandt. Er antwortet darauf zunächst
(Br. 160):
„Das ist eine schwere Aufgabe, mein lieber Nseearms für einen Laien und
einen höchst unsystematischen Dilettanten; indessen will ich mein Mögliches thun.
Der herzliche Antheil, den ich an Allem nehme, was von Dir kommt und zu
Dir geht, wird mir vielleicht Lichter aufstecken. Nur bitte ich um Zeit und
Geduld; mein Kopf wird so ofte aus seinem Gleichgewicht gerückt, daß ich
nicht immer für seine Brauchbarkeit stehen kann. Die beste Stellung, deren er
fähig ist, soll aber dem Cophta gewidmet werden."
Einige Zeit darauf folgte in nachstehendem Schreiben (Br. 161) die Re-
cension des Stückes:
„Hier schicke ich Dir, was ich zusammengebracht habe. Die von Dir auf¬
gestellte Frage überschreite ich freilich, indessen lege ich den Ueberflus; meiner
Antwort als Stoff nieder, auf den sich einige Unterhaltungen gründen können,
als Zweifel, die man auflösen kann, wenn man von der Materie eben einmal
reden mag. Es wäre schade, wenn man immer einerlei Meinung wäre, sonsten
müßre man am Ende beständig schlafen. Blos das Hin- und Herstreben ist's,
was das Leben im Gang erhält."
„Um die Frage zu beantworten, ob und wie dem Schauspiel, der Groß-
Eophta, zu helfen sey, damit es den Zuschauern mehr gefalle, als dieses bis
jetzt gelungen ist. ob das Verhältniß eines Ehebruchs in das eines emtieiMen
evueuditi verändert, hinlänglich sei, die Lauligtcit des Publicums bei diesem
Stücke aufzuheben, wagt man Folgendes zu bemerken:
Allerdings würde das Publikum weniger betroffen seyn, eine Rolle spielen
zu sehen, die mit der Liebhaberin in Diderots Hausvater und einigen andern
Charakteren dieser Art Aehnlichkeit hätte, als wie sich mit der Vorstellung
eines ehebrecherischen Ehepaars belustigen zu müssen, welches Leichtsinn und
Liederlichkeit stempelt, während die Fehltritte der Diderotschen und anderer
französischen Sünderinnen aus feineren und weichern Motiven entstehen und
nach erlaubten Zwecken streben. Indessen würden die Marquise und Marquis
aus Eheleuten in Bruder und Schwester verwandelt und die Nichte dadurch
von einer größern Vergehung befreit; so fiele das Zwangsmittel weg, wodurch
letztere zur Betrügerin geworben wird und alsdann müßte das Stück um¬
gearbeitet und neue Motive eingeschaltet werden, um die Nichte so handeln zu
machen, wie es zum Gange des Stückes nöthig ist. Ein blos anticipirter
Beischlaf auf die Hoffnung einer zukünftigen Ehe unternommen, würde wohl
schwerlich ein Mädchen, das nicht schon ganz in die Klasse der verworfenen
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