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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Die deutsche Lmldwirthschast sonst und jetzt
von
Reinhard Schaum. , '6. / ^ . ,

.Die Ausstellung landwirtschaftlicher Geräthe und Maschinen bot ein Feld,
auf dem die Industrie und die Agricultur sich begegnen. Einmal zeigt die
erstere, wie sie der letzteren zu dienen bereit sei, dann aber empfängt die
Landwirthschaft von der Industrie das Mittel, zu einem größeren Betriebe über¬
zugehen. Etwas Unbekanntes, ganz Neues bot die Hamburger Ausstellung
nicht; aber man konnte sattsam vergleichen, wer die bessere Arbeit geliefert habe,
und sie am billigsten ablasse, und das Resultat des Vergleichs war: die Eng¬
länder überwiegen noch bedeutend. Nicht nur daß die Ausführung jedes Ge°
räthes in einer uns Deutschen selten gebotenen Sauberkeit geliefert wird und
die Preise loco London sich enorm billig stellen, auch die Construction der
Maschine zeigt, wie sehr sich die englischen Fabrikanten bemühen, den Land¬
wirthen zu Hilfe zu kommen. Dazu haben deutsche Fabrikanten leider wenig
Geschick, und sie erscheinen mehr oder minder als Nachahmer des englischen
Werkes. Der zollvereinsländische Schutzzoll auf landwirtschaftliche Maschinen
fällt, was leicht zu beweisen ist, lediglich dem Fabrikanten, nicht dem Dorf-
schmied und Arbeiter zu, schmälert die Einnahme des Staates und schadet der
Landwirthschaft. Zahlte bei Einfuhr landwirtschaftlicher Geräthe der Centner
Schmiedeeisen statt sechs nur zwei Thaler Zoll, so würde den Fabrikanten im
Zollverein eine heilsame Concurrenz erwachsen; die besseren Maschinen könnten
ohne Opfer eingeführt werden zum Heil der Landwirthschaft und, da dann weit
mehr eingeführt würde, so müßte die Einnahme des Staates aus diesem Zoll
sich vergrößern.

Mit den Pflügen beginnend, sehn wir, wie weit es die englische Mechanik
gebracht hat; sie producirt zur Wahl des Käufers Pflüge zu rechtwinkligen,
spitzwinkligen, stumpfwinkligen, hohlen Furchen, Pflüge, die überaus leicht
gehn und wenig Zugkraft erfordern. Leider vertheuert der Eingangszvll für
deutsche Landwirthe diese Pflüge wesentlich, obgleich sie, zu moderner Cultur
fast unentbehrlich sind.

In Deutschland behauptet das größte Terrain der hohenheimer Schrauben¬
pflug, der von Johannes Ethardt aus Altheim bei Ulm in anerkennungswerther
Ausführung ausgestellt war. Derselbe wagte mit den Howard-Pflügen, denen


Die deutsche Lmldwirthschast sonst und jetzt
von
Reinhard Schaum. , '6. / ^ . ,

.Die Ausstellung landwirtschaftlicher Geräthe und Maschinen bot ein Feld,
auf dem die Industrie und die Agricultur sich begegnen. Einmal zeigt die
erstere, wie sie der letzteren zu dienen bereit sei, dann aber empfängt die
Landwirthschaft von der Industrie das Mittel, zu einem größeren Betriebe über¬
zugehen. Etwas Unbekanntes, ganz Neues bot die Hamburger Ausstellung
nicht; aber man konnte sattsam vergleichen, wer die bessere Arbeit geliefert habe,
und sie am billigsten ablasse, und das Resultat des Vergleichs war: die Eng¬
länder überwiegen noch bedeutend. Nicht nur daß die Ausführung jedes Ge°
räthes in einer uns Deutschen selten gebotenen Sauberkeit geliefert wird und
die Preise loco London sich enorm billig stellen, auch die Construction der
Maschine zeigt, wie sehr sich die englischen Fabrikanten bemühen, den Land¬
wirthen zu Hilfe zu kommen. Dazu haben deutsche Fabrikanten leider wenig
Geschick, und sie erscheinen mehr oder minder als Nachahmer des englischen
Werkes. Der zollvereinsländische Schutzzoll auf landwirtschaftliche Maschinen
fällt, was leicht zu beweisen ist, lediglich dem Fabrikanten, nicht dem Dorf-
schmied und Arbeiter zu, schmälert die Einnahme des Staates und schadet der
Landwirthschaft. Zahlte bei Einfuhr landwirtschaftlicher Geräthe der Centner
Schmiedeeisen statt sechs nur zwei Thaler Zoll, so würde den Fabrikanten im
Zollverein eine heilsame Concurrenz erwachsen; die besseren Maschinen könnten
ohne Opfer eingeführt werden zum Heil der Landwirthschaft und, da dann weit
mehr eingeführt würde, so müßte die Einnahme des Staates aus diesem Zoll
sich vergrößern.

Mit den Pflügen beginnend, sehn wir, wie weit es die englische Mechanik
gebracht hat; sie producirt zur Wahl des Käufers Pflüge zu rechtwinkligen,
spitzwinkligen, stumpfwinkligen, hohlen Furchen, Pflüge, die überaus leicht
gehn und wenig Zugkraft erfordern. Leider vertheuert der Eingangszvll für
deutsche Landwirthe diese Pflüge wesentlich, obgleich sie, zu moderner Cultur
fast unentbehrlich sind.

In Deutschland behauptet das größte Terrain der hohenheimer Schrauben¬
pflug, der von Johannes Ethardt aus Altheim bei Ulm in anerkennungswerther
Ausführung ausgestellt war. Derselbe wagte mit den Howard-Pflügen, denen


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[0516] Die deutsche Lmldwirthschast sonst und jetzt von Reinhard Schaum. , '6. / ^ . , .Die Ausstellung landwirtschaftlicher Geräthe und Maschinen bot ein Feld, auf dem die Industrie und die Agricultur sich begegnen. Einmal zeigt die erstere, wie sie der letzteren zu dienen bereit sei, dann aber empfängt die Landwirthschaft von der Industrie das Mittel, zu einem größeren Betriebe über¬ zugehen. Etwas Unbekanntes, ganz Neues bot die Hamburger Ausstellung nicht; aber man konnte sattsam vergleichen, wer die bessere Arbeit geliefert habe, und sie am billigsten ablasse, und das Resultat des Vergleichs war: die Eng¬ länder überwiegen noch bedeutend. Nicht nur daß die Ausführung jedes Ge° räthes in einer uns Deutschen selten gebotenen Sauberkeit geliefert wird und die Preise loco London sich enorm billig stellen, auch die Construction der Maschine zeigt, wie sehr sich die englischen Fabrikanten bemühen, den Land¬ wirthen zu Hilfe zu kommen. Dazu haben deutsche Fabrikanten leider wenig Geschick, und sie erscheinen mehr oder minder als Nachahmer des englischen Werkes. Der zollvereinsländische Schutzzoll auf landwirtschaftliche Maschinen fällt, was leicht zu beweisen ist, lediglich dem Fabrikanten, nicht dem Dorf- schmied und Arbeiter zu, schmälert die Einnahme des Staates und schadet der Landwirthschaft. Zahlte bei Einfuhr landwirtschaftlicher Geräthe der Centner Schmiedeeisen statt sechs nur zwei Thaler Zoll, so würde den Fabrikanten im Zollverein eine heilsame Concurrenz erwachsen; die besseren Maschinen könnten ohne Opfer eingeführt werden zum Heil der Landwirthschaft und, da dann weit mehr eingeführt würde, so müßte die Einnahme des Staates aus diesem Zoll sich vergrößern. Mit den Pflügen beginnend, sehn wir, wie weit es die englische Mechanik gebracht hat; sie producirt zur Wahl des Käufers Pflüge zu rechtwinkligen, spitzwinkligen, stumpfwinkligen, hohlen Furchen, Pflüge, die überaus leicht gehn und wenig Zugkraft erfordern. Leider vertheuert der Eingangszvll für deutsche Landwirthe diese Pflüge wesentlich, obgleich sie, zu moderner Cultur fast unentbehrlich sind. In Deutschland behauptet das größte Terrain der hohenheimer Schrauben¬ pflug, der von Johannes Ethardt aus Altheim bei Ulm in anerkennungswerther Ausführung ausgestellt war. Derselbe wagte mit den Howard-Pflügen, denen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/516>, abgerufen am 15.01.2025.