Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.gilt und die Krone in Schleswig-Holstein das gleiche System einführen wollte, Sonst gingen die Ultramontanen immer mit den Großdeutschen, nun wer¬ Die Liberalen haben übrigens bereits darüber berathen, was zu thun sei, gilt und die Krone in Schleswig-Holstein das gleiche System einführen wollte, Sonst gingen die Ultramontanen immer mit den Großdeutschen, nun wer¬ Die Liberalen haben übrigens bereits darüber berathen, was zu thun sei, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0476" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116404"/> <p xml:id="ID_1583" prev="#ID_1582"> gilt und die Krone in Schleswig-Holstein das gleiche System einführen wollte,<lb/> die Stände nein sagten, um die Katholiken fernerhin schmählich zu bedrücken."</p><lb/> <p xml:id="ID_1584"> Sonst gingen die Ultramontanen immer mit den Großdeutschen, nun wer¬<lb/> fen sie auch diesen den Fehdehandschuh ins Gesicht, weil sie wagen die Sache<lb/> Schleswig-Holsteins zu vertreten. „Es ist nunmehr gewiß, daß auch in Deutsch¬<lb/> land der religiös und politisch radikale Fortschritt, daß die Demokratie zur<lb/> Herrschaft gekommen ist, und daß das bisher als conservativ angesehene Gro߬<lb/> deutschthum dem Kleindeutschthum im ersten Augenblick die Waffen gestreckt hat<lb/> und zwar ohne Schwertstreich; dieses Großdeutschthum, das das Recht zu<lb/> schützen vorgab, ist schon mit Sack und Pack ins Lager der gewaltsamen De¬<lb/> mokratie übergegangen, dieses Großdeutschthum, das bisher so uneigen¬<lb/> nützig Oestreichs große Verdienste um Deutschland zu betonen vorgab, erfrecht<lb/> sich jetzt statt des Fortschritts, der mit der Leitung der ganzen Bewegung be¬<lb/> schäftigt ist, in seinen Organen Oestreich eine kecke Drohepistel um die andere<lb/> zuzuschicken; nicht genug, dieses Großdeutschthum zeigt sich bereits in seiner<lb/> ganzen Erbärmlichkeit und schickt Oestreich die Rechnung für all die ihm zu<lb/> Liebe geschriebenen Zeitungsartikel und dadurch ihm gewonnenen Sympathien,<lb/> es verlangt jetzt von der Großmacht, deren Ruhm darin besteht, das Recht stets<lb/> geschützt zu haben, als Gegendienst nicht weniger, als daß sie sich herablasse<lb/> und mit dem Großdeutschthum Arm in Arm die Bahn wandle/? die die Demo¬<lb/> kratie ihr zu weisen beliebt, oder das Großdeutschthum droht Oestreich damit,<lb/> daß es aller Sympathien in Deutschland wieder verlustig gehe!" — Das ist<lb/> Wahnsinn, aber er hat Methode, Ahnen Sie den Zusammenhang? Die Ultra-<lb/> montanen glauben, Oestreich werde Deutschland verrathen, da sich natürlich<lb/> von einer solchen Niederträchtigkeit Alles abwenden würde, so träten sie an<lb/> dessen Seite leise flüsternd: „Siehst du, wir halten zu dir, wenn dich Alles ver¬<lb/> läßt, aber gib uns dafür die .— Glaubenseinheitl" Das ist der Sinn des<lb/> Strategems.</p><lb/> <p xml:id="ID_1585" next="#ID_1586"> Die Liberalen haben übrigens bereits darüber berathen, was zu thun sei,<lb/> vorläufig brachte der Vicebürgermeister von Innsbruck beim Bürgerausfchrch den<lb/> Antrag ein, an Dr. Rechbauer und Genossen, welche im Reichsrathe zu Wien<lb/> den Minister Rechberg wegen Schleswig-Holstein interpellirt hatten, eine Zu¬<lb/> stimmungsadresse zu senden. Die Ultramontanen erhoben sich unter ihrem Tam¬<lb/> bourmajor Haselni'anter alsogleich dagegen, sie wagten zwar nicht im Stile der<lb/> Tirolerstimmen zu reden, bestritten jedoch die Berechtigung des Ausschusses<lb/> zu clam solchen Schritt und äußerten das Bedenken, es möchte der Negierung<lb/> Unangenehm sein. Als sie jedoch der Majorität unterlagen, setzte Haselwanter<lb/> und Compagnie ein Separatvotum ins Protokoll, welches ZeugnH gab, daß<lb/> sein Studium der Schleswig-holsteinischen Frage 'ebenso gründlich war, als das<lb/> der GlÄubenseinlM. Für dieses belobte ihn wenigstens — nach seiner Aus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0476]
gilt und die Krone in Schleswig-Holstein das gleiche System einführen wollte,
die Stände nein sagten, um die Katholiken fernerhin schmählich zu bedrücken."
Sonst gingen die Ultramontanen immer mit den Großdeutschen, nun wer¬
fen sie auch diesen den Fehdehandschuh ins Gesicht, weil sie wagen die Sache
Schleswig-Holsteins zu vertreten. „Es ist nunmehr gewiß, daß auch in Deutsch¬
land der religiös und politisch radikale Fortschritt, daß die Demokratie zur
Herrschaft gekommen ist, und daß das bisher als conservativ angesehene Gro߬
deutschthum dem Kleindeutschthum im ersten Augenblick die Waffen gestreckt hat
und zwar ohne Schwertstreich; dieses Großdeutschthum, das das Recht zu
schützen vorgab, ist schon mit Sack und Pack ins Lager der gewaltsamen De¬
mokratie übergegangen, dieses Großdeutschthum, das bisher so uneigen¬
nützig Oestreichs große Verdienste um Deutschland zu betonen vorgab, erfrecht
sich jetzt statt des Fortschritts, der mit der Leitung der ganzen Bewegung be¬
schäftigt ist, in seinen Organen Oestreich eine kecke Drohepistel um die andere
zuzuschicken; nicht genug, dieses Großdeutschthum zeigt sich bereits in seiner
ganzen Erbärmlichkeit und schickt Oestreich die Rechnung für all die ihm zu
Liebe geschriebenen Zeitungsartikel und dadurch ihm gewonnenen Sympathien,
es verlangt jetzt von der Großmacht, deren Ruhm darin besteht, das Recht stets
geschützt zu haben, als Gegendienst nicht weniger, als daß sie sich herablasse
und mit dem Großdeutschthum Arm in Arm die Bahn wandle/? die die Demo¬
kratie ihr zu weisen beliebt, oder das Großdeutschthum droht Oestreich damit,
daß es aller Sympathien in Deutschland wieder verlustig gehe!" — Das ist
Wahnsinn, aber er hat Methode, Ahnen Sie den Zusammenhang? Die Ultra-
montanen glauben, Oestreich werde Deutschland verrathen, da sich natürlich
von einer solchen Niederträchtigkeit Alles abwenden würde, so träten sie an
dessen Seite leise flüsternd: „Siehst du, wir halten zu dir, wenn dich Alles ver¬
läßt, aber gib uns dafür die .— Glaubenseinheitl" Das ist der Sinn des
Strategems.
Die Liberalen haben übrigens bereits darüber berathen, was zu thun sei,
vorläufig brachte der Vicebürgermeister von Innsbruck beim Bürgerausfchrch den
Antrag ein, an Dr. Rechbauer und Genossen, welche im Reichsrathe zu Wien
den Minister Rechberg wegen Schleswig-Holstein interpellirt hatten, eine Zu¬
stimmungsadresse zu senden. Die Ultramontanen erhoben sich unter ihrem Tam¬
bourmajor Haselni'anter alsogleich dagegen, sie wagten zwar nicht im Stile der
Tirolerstimmen zu reden, bestritten jedoch die Berechtigung des Ausschusses
zu clam solchen Schritt und äußerten das Bedenken, es möchte der Negierung
Unangenehm sein. Als sie jedoch der Majorität unterlagen, setzte Haselwanter
und Compagnie ein Separatvotum ins Protokoll, welches ZeugnH gab, daß
sein Studium der Schleswig-holsteinischen Frage 'ebenso gründlich war, als das
der GlÄubenseinlM. Für dieses belobte ihn wenigstens — nach seiner Aus-
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