Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.daß er den in Betreff der Erbfolge gefaßten oder zu fassenden Beschlüssen nicht ent¬ So darf man wiederholen, was wir schon bemerkt haben: das Recht des Das londoner Protokoll ist nicht im Interesse des europäischen Gleich¬ Soviel über die Zukunft. Und nun die Gegenwart. Was.will man mit daß er den in Betreff der Erbfolge gefaßten oder zu fassenden Beschlüssen nicht ent¬ So darf man wiederholen, was wir schon bemerkt haben: das Recht des Das londoner Protokoll ist nicht im Interesse des europäischen Gleich¬ Soviel über die Zukunft. Und nun die Gegenwart. Was.will man mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116372"/> <p xml:id="ID_1467" prev="#ID_1466"> daß er den in Betreff der Erbfolge gefaßten oder zu fassenden Beschlüssen nicht ent¬<lb/> gegentreten wolle. Das Recht seines Hauses ist in der Alle nicht erwähnt, und<lb/> wäre es, so hätte er nicht die Befugniß gehabt, demselben etwas zu vergeben.<lb/> Endlich bindet jene Erklärung nur ihn selbst; den» obwohl sie auch für seine Fami¬<lb/> lie abgegeben ist. so waren seine beiden Söhne damals schon volljährig und stimm-<lb/> nicht zu. Ja der jetzige 'Herzog hat sein Recht durch einen Schloß Dolzig den<lb/> 15. Jan. 1839 datirten Protest ausdrücklich gewahrt, und dasselbe >se früher schon,<lb/> am 23. März 18S3 , von seinem Oheim, dem Prinzen von Noer geschehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1468"> So darf man wiederholen, was wir schon bemerkt haben: das Recht des<lb/> Herzogs Friedrich auf den Thron von Schleswig-Holstein ist ein sonnenklares<lb/> Recht, mit dessen Nichtanerkennung, aller Legitimität der Boden genommen wird.<lb/> Es erst noch prüfen wollen, heißt es von vornherein nicht sehen wollen, und<lb/> weiter, es nicht sehen wollen, heißt gegen das eigne Interesse blind sein. Das<lb/> Reden von monarchischer Ordnung wird, wenn man das Recht der Augustenburgcr<lb/> nickt Recht sein läßt, künftig für eine ebensolche Spiegelfechterei gelten wie das<lb/> Reden von europäischem Gleichgewicht und den demselben zu bringenden Rcchts-<lb/> opfern. Und wie das Recht auf Seiten derer steht, welche ungcsäumte An¬<lb/> erkennung des Herzogs Friedrich durch seine deutschen Mitfürstcn verlangen,<lb/> so auch das Interesse der Herzogthümer und ganz Deutschlands.</p><lb/> <p xml:id="ID_1469"> Das londoner Protokoll ist nicht im Interesse des europäischen Gleich¬<lb/> gewichts und durchaus nicht im deutschen, sondern — wir müssen in Betreff<lb/> Englands und vielleicht auch Oestreichs annehmen, unwissentlich und übereilt<lb/> — im russischen Interesse abgeschlossen worden. In Wien macht man jetzt<lb/> Miene, als ob man das Gegentheil glaube, als ob man fürchte, mit Wieder-<lb/> aufhebung des Protokolls würden die damals durch Kaiser Nikolaus ausgegebnen<lb/> Erbansprüche aus Schleswig-Holstein Wiederaufleben. Nichts ist unrichtiger als<lb/> diese Behauptung. Diese Ansprüche sind überhaupt nicht aufgegeben, sondern<lb/> durch die versuchte Enterbung der Augustenburger nur ihrem Ziele näher ge¬<lb/> rückt. Der Kaiser von Nußland als Haupt des gottorsischen Zweiges des oldcn-<lb/> vurgischen Gesammthauses kann einmal in Schleswig-Holstein erben, und zwar<lb/> würde dies ohne das londoner Protokoll erst nach Erlöschen der jüngern könig¬<lb/> lichen Linien, d. h. zunächst des Hauses Augustenburg, dann des Hauses Glücks¬<lb/> burg, eintreten können. Gilt dagegen das Protokoll, so sind die Augusten<lb/> burger und die älteren Brüder des Glücksburgers, der jetzt als Prototollhcrzog<lb/> die Krone Schleswig-Holsteins zu tragen prätendirt, bei Seite gedrängt, und<lb/> so ist die Gefahr, daß Rußland einmal den Thron der Herzogtümer erde, im<lb/> Norden Deutschlands festen Fuß fasse und eine Position an der Nordsee und<lb/> damit am offenen Weltmeer erwerbe, durch Anerkennung jenes Tractats um<lb/> mehre Stufen näher an uns und ganz Europa heran getreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1470" next="#ID_1471"> Soviel über die Zukunft. Und nun die Gegenwart. Was.will man mit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
daß er den in Betreff der Erbfolge gefaßten oder zu fassenden Beschlüssen nicht ent¬
gegentreten wolle. Das Recht seines Hauses ist in der Alle nicht erwähnt, und
wäre es, so hätte er nicht die Befugniß gehabt, demselben etwas zu vergeben.
Endlich bindet jene Erklärung nur ihn selbst; den» obwohl sie auch für seine Fami¬
lie abgegeben ist. so waren seine beiden Söhne damals schon volljährig und stimm-
nicht zu. Ja der jetzige 'Herzog hat sein Recht durch einen Schloß Dolzig den
15. Jan. 1839 datirten Protest ausdrücklich gewahrt, und dasselbe >se früher schon,
am 23. März 18S3 , von seinem Oheim, dem Prinzen von Noer geschehen.
So darf man wiederholen, was wir schon bemerkt haben: das Recht des
Herzogs Friedrich auf den Thron von Schleswig-Holstein ist ein sonnenklares
Recht, mit dessen Nichtanerkennung, aller Legitimität der Boden genommen wird.
Es erst noch prüfen wollen, heißt es von vornherein nicht sehen wollen, und
weiter, es nicht sehen wollen, heißt gegen das eigne Interesse blind sein. Das
Reden von monarchischer Ordnung wird, wenn man das Recht der Augustenburgcr
nickt Recht sein läßt, künftig für eine ebensolche Spiegelfechterei gelten wie das
Reden von europäischem Gleichgewicht und den demselben zu bringenden Rcchts-
opfern. Und wie das Recht auf Seiten derer steht, welche ungcsäumte An¬
erkennung des Herzogs Friedrich durch seine deutschen Mitfürstcn verlangen,
so auch das Interesse der Herzogthümer und ganz Deutschlands.
Das londoner Protokoll ist nicht im Interesse des europäischen Gleich¬
gewichts und durchaus nicht im deutschen, sondern — wir müssen in Betreff
Englands und vielleicht auch Oestreichs annehmen, unwissentlich und übereilt
— im russischen Interesse abgeschlossen worden. In Wien macht man jetzt
Miene, als ob man das Gegentheil glaube, als ob man fürchte, mit Wieder-
aufhebung des Protokolls würden die damals durch Kaiser Nikolaus ausgegebnen
Erbansprüche aus Schleswig-Holstein Wiederaufleben. Nichts ist unrichtiger als
diese Behauptung. Diese Ansprüche sind überhaupt nicht aufgegeben, sondern
durch die versuchte Enterbung der Augustenburger nur ihrem Ziele näher ge¬
rückt. Der Kaiser von Nußland als Haupt des gottorsischen Zweiges des oldcn-
vurgischen Gesammthauses kann einmal in Schleswig-Holstein erben, und zwar
würde dies ohne das londoner Protokoll erst nach Erlöschen der jüngern könig¬
lichen Linien, d. h. zunächst des Hauses Augustenburg, dann des Hauses Glücks¬
burg, eintreten können. Gilt dagegen das Protokoll, so sind die Augusten
burger und die älteren Brüder des Glücksburgers, der jetzt als Prototollhcrzog
die Krone Schleswig-Holsteins zu tragen prätendirt, bei Seite gedrängt, und
so ist die Gefahr, daß Rußland einmal den Thron der Herzogtümer erde, im
Norden Deutschlands festen Fuß fasse und eine Position an der Nordsee und
damit am offenen Weltmeer erwerbe, durch Anerkennung jenes Tractats um
mehre Stufen näher an uns und ganz Europa heran getreten.
Soviel über die Zukunft. Und nun die Gegenwart. Was.will man mit
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