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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Das oldcuburgische Haus") hat die Ebenbürtigkeit niemals verlangt.
Wiederholt sind in demselben Kinder aus Ehen mit Frauen niederen Adels
zur Nachfolge gelang,. Ein dänischer König erhob eine Gräfin Reventlow zur
Königin mit allen Ehren und Rechten, ihre Kinder waren Prinzen und Prin¬
zessinnen des königlichen Hauses. Die russische Dynastie hat sogar das "Mäd¬
chen von Marienburg" auf seiner Ahnentafel. Den Kindern des Herzogs von
Augustenburg wurden zu allen Zeiten von den dänischen Königen die Ehren
vollberechtigter Prinzen des Hauses erwiesen. Schließlich kann der jetzige König
von Dänemark am wenigsten die Unebenbürtigkeit der Mutter des Herzogs von
Schleswig-Holstein betonen; denn Christians des Neunten Mutter war eine
Gräfin Schlieben. seine Aeltermutter eine Gräfin Dohna.

Und ebenso leer und sinnlos wie dieser Einwurf gegen den Anspruch des
Herzogs Friedrich sind alle übrigen.

Man sagt, das londoner Protokoll habe ein neues Recht der Erbfolge ge¬
schaffen.

Wir antworten mit Waitz: Verträge der Großmächte können wohl ein
neues Recht anerkennen und bestätigen, welches die Macht der Thatsachen,
der Wille der betreffenden Völker ins Leben gerufen hat, schaffen aber kön¬
nen sie ein solches nimmermehr. Die Mächte versprachen im ersten Artikel des
londoner Protokolls nur die Verwirklichung der Absicht des Königs von Däne¬
mark, die Nachfolge auf den Prinzen Christian zu übertragen, anzuerkennen.
Diese Verwirklichung, diese Verwandlung eines bloßen Wunsches in ein Recht
ist aber nur in Dänemark erfolgt, wo einerseits die hier Erbberechtigten ver¬
zichteten, andrerseits die Volksvertretung zustimmte. Die in Schleswig-Holstein
Erbberechtigten haben nicht verzichtet, zum Theil sogar ausdrücklich ihr Recht
gewahrt. Die Stände der Herzogthümer sind nie um ihre Zustimmung befragt
worden. Der deutsche Bund endlich hat den Verabredungen des londoner Pro¬
tokolls die nothwendige Sanction nicht ertheilt, und wo einzelne seiner Glie¬
der dies thaten, sind sie durch die Nichterfüllung der Verpflichtungen, welche
das Protokoll dem König Friedrich dem Siebenten auferlegte, vor Allem durch
die Sanction und Promulgation des neuen dänischen Grundgesetzes seitens des
jetzigen Königs und die hierdurch erfolgte Jncorporirung Schleswigs in Däne¬
mark ihrer Zusagen entbunden.

Man sagt ferner, der Herzog von Augustenburg habe für sich und seine
Familie verzichtet.

Wir antworten mit Waitz: er hat nicht verzichtet, sondern nur erklärt,



") Vgl. Waitz "Das Recht des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein" (Göttingen.
einer Schrift, die wir als knapp, schlagend, selbst für den Bauersmann verständlich,
lebhast empfehle", Ferner "Schleswig-Holsteins Recht. Deutschlands Pflicht und der Londoner
Tractat von A, v. Warmstadt (Hannover 1863).
55*

Das oldcuburgische Haus") hat die Ebenbürtigkeit niemals verlangt.
Wiederholt sind in demselben Kinder aus Ehen mit Frauen niederen Adels
zur Nachfolge gelang,. Ein dänischer König erhob eine Gräfin Reventlow zur
Königin mit allen Ehren und Rechten, ihre Kinder waren Prinzen und Prin¬
zessinnen des königlichen Hauses. Die russische Dynastie hat sogar das „Mäd¬
chen von Marienburg" auf seiner Ahnentafel. Den Kindern des Herzogs von
Augustenburg wurden zu allen Zeiten von den dänischen Königen die Ehren
vollberechtigter Prinzen des Hauses erwiesen. Schließlich kann der jetzige König
von Dänemark am wenigsten die Unebenbürtigkeit der Mutter des Herzogs von
Schleswig-Holstein betonen; denn Christians des Neunten Mutter war eine
Gräfin Schlieben. seine Aeltermutter eine Gräfin Dohna.

Und ebenso leer und sinnlos wie dieser Einwurf gegen den Anspruch des
Herzogs Friedrich sind alle übrigen.

Man sagt, das londoner Protokoll habe ein neues Recht der Erbfolge ge¬
schaffen.

Wir antworten mit Waitz: Verträge der Großmächte können wohl ein
neues Recht anerkennen und bestätigen, welches die Macht der Thatsachen,
der Wille der betreffenden Völker ins Leben gerufen hat, schaffen aber kön¬
nen sie ein solches nimmermehr. Die Mächte versprachen im ersten Artikel des
londoner Protokolls nur die Verwirklichung der Absicht des Königs von Däne¬
mark, die Nachfolge auf den Prinzen Christian zu übertragen, anzuerkennen.
Diese Verwirklichung, diese Verwandlung eines bloßen Wunsches in ein Recht
ist aber nur in Dänemark erfolgt, wo einerseits die hier Erbberechtigten ver¬
zichteten, andrerseits die Volksvertretung zustimmte. Die in Schleswig-Holstein
Erbberechtigten haben nicht verzichtet, zum Theil sogar ausdrücklich ihr Recht
gewahrt. Die Stände der Herzogthümer sind nie um ihre Zustimmung befragt
worden. Der deutsche Bund endlich hat den Verabredungen des londoner Pro¬
tokolls die nothwendige Sanction nicht ertheilt, und wo einzelne seiner Glie¬
der dies thaten, sind sie durch die Nichterfüllung der Verpflichtungen, welche
das Protokoll dem König Friedrich dem Siebenten auferlegte, vor Allem durch
die Sanction und Promulgation des neuen dänischen Grundgesetzes seitens des
jetzigen Königs und die hierdurch erfolgte Jncorporirung Schleswigs in Däne¬
mark ihrer Zusagen entbunden.

Man sagt ferner, der Herzog von Augustenburg habe für sich und seine
Familie verzichtet.

Wir antworten mit Waitz: er hat nicht verzichtet, sondern nur erklärt,



") Vgl. Waitz „Das Recht des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein" (Göttingen.
einer Schrift, die wir als knapp, schlagend, selbst für den Bauersmann verständlich,
lebhast empfehle», Ferner „Schleswig-Holsteins Recht. Deutschlands Pflicht und der Londoner
Tractat von A, v. Warmstadt (Hannover 1863).
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[0443] Das oldcuburgische Haus") hat die Ebenbürtigkeit niemals verlangt. Wiederholt sind in demselben Kinder aus Ehen mit Frauen niederen Adels zur Nachfolge gelang,. Ein dänischer König erhob eine Gräfin Reventlow zur Königin mit allen Ehren und Rechten, ihre Kinder waren Prinzen und Prin¬ zessinnen des königlichen Hauses. Die russische Dynastie hat sogar das „Mäd¬ chen von Marienburg" auf seiner Ahnentafel. Den Kindern des Herzogs von Augustenburg wurden zu allen Zeiten von den dänischen Königen die Ehren vollberechtigter Prinzen des Hauses erwiesen. Schließlich kann der jetzige König von Dänemark am wenigsten die Unebenbürtigkeit der Mutter des Herzogs von Schleswig-Holstein betonen; denn Christians des Neunten Mutter war eine Gräfin Schlieben. seine Aeltermutter eine Gräfin Dohna. Und ebenso leer und sinnlos wie dieser Einwurf gegen den Anspruch des Herzogs Friedrich sind alle übrigen. Man sagt, das londoner Protokoll habe ein neues Recht der Erbfolge ge¬ schaffen. Wir antworten mit Waitz: Verträge der Großmächte können wohl ein neues Recht anerkennen und bestätigen, welches die Macht der Thatsachen, der Wille der betreffenden Völker ins Leben gerufen hat, schaffen aber kön¬ nen sie ein solches nimmermehr. Die Mächte versprachen im ersten Artikel des londoner Protokolls nur die Verwirklichung der Absicht des Königs von Däne¬ mark, die Nachfolge auf den Prinzen Christian zu übertragen, anzuerkennen. Diese Verwirklichung, diese Verwandlung eines bloßen Wunsches in ein Recht ist aber nur in Dänemark erfolgt, wo einerseits die hier Erbberechtigten ver¬ zichteten, andrerseits die Volksvertretung zustimmte. Die in Schleswig-Holstein Erbberechtigten haben nicht verzichtet, zum Theil sogar ausdrücklich ihr Recht gewahrt. Die Stände der Herzogthümer sind nie um ihre Zustimmung befragt worden. Der deutsche Bund endlich hat den Verabredungen des londoner Pro¬ tokolls die nothwendige Sanction nicht ertheilt, und wo einzelne seiner Glie¬ der dies thaten, sind sie durch die Nichterfüllung der Verpflichtungen, welche das Protokoll dem König Friedrich dem Siebenten auferlegte, vor Allem durch die Sanction und Promulgation des neuen dänischen Grundgesetzes seitens des jetzigen Königs und die hierdurch erfolgte Jncorporirung Schleswigs in Däne¬ mark ihrer Zusagen entbunden. Man sagt ferner, der Herzog von Augustenburg habe für sich und seine Familie verzichtet. Wir antworten mit Waitz: er hat nicht verzichtet, sondern nur erklärt, ") Vgl. Waitz „Das Recht des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein" (Göttingen. einer Schrift, die wir als knapp, schlagend, selbst für den Bauersmann verständlich, lebhast empfehle», Ferner „Schleswig-Holsteins Recht. Deutschlands Pflicht und der Londoner Tractat von A, v. Warmstadt (Hannover 1863). 55*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/443>, abgerufen am 15.01.2025.