Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.die Einnahmen gehabt, die rentiren konnten. Aber seitdem der Landwirth den In verständnißvoller Würdigung dieser Verhältnisse gründeten vorzugsweise Die deutsche Ackerbaugesellschaft ward am 18. Sept. 1860 zu Heidelberg Erwägt man, welche großen Verdienste sich die Wanderversammlung die Einnahmen gehabt, die rentiren konnten. Aber seitdem der Landwirth den In verständnißvoller Würdigung dieser Verhältnisse gründeten vorzugsweise Die deutsche Ackerbaugesellschaft ward am 18. Sept. 1860 zu Heidelberg Erwägt man, welche großen Verdienste sich die Wanderversammlung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0440" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116368"/> <p xml:id="ID_1450" prev="#ID_1449"> die Einnahmen gehabt, die rentiren konnten. Aber seitdem der Landwirth den<lb/> Vortheil kennt, den ihm die Zufuhr eines besonderen Products auf den Welt¬<lb/> markt erringt, seitdem das Bedürfniß bei dem Schaffenden groß ist, das zu<lb/> sehen, was Andere schufen, und eine Ausstellung nicht mehr das Bild des<lb/> landwirthschaftlichen Treibens und Strebens einer nur kleinen Gegend liefert,<lb/> seitdem legte sich der Schwerpunkt der landwirthschaftlichen Versammlungen in<lb/> die Ausstellungen und zog sich aus den wissenschaftlichen Debatten heraus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1451"> In verständnißvoller Würdigung dieser Verhältnisse gründeten vorzugsweise<lb/> praktische Landwirthe eine deutsche Ackerbaugcsellschaft, während die Herrn, die<lb/> im Laboratorium Hausen und vom Katheter fechten, nach wie vor sich mit den<lb/> Landwirthen debattirenden Schlages wanderversammeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_1452"> Die deutsche Ackerbaugesellschaft ward am 18. Sept. 1860 zu Heidelberg<lb/> gegründet und als erster Fonds sofort von circa zweihundert Mitgliedern 2437<lb/> Thaler gezeichnet. Zweck der Gesellschaft ist Forderung der Interessen der deut¬<lb/> schen Landwirthschaft, insbesondere der Viehzucht; sie veranstaltet daher land¬<lb/> wirtschaftliche Ausstellungen innerhalb Deutschlands und ergreift außerdem die<lb/> ihr gut dünkenden Mittel und Maßregeln. Durch Deputirte ihrer Mitglieder,<lb/> deren fünfzig Einen zum Ausschuß entsenden, wird sie geleitet. Der Ausschuß<lb/> wählt eincnVvrstand.</p><lb/> <p xml:id="ID_1453" next="#ID_1454"> Erwägt man, welche großen Verdienste sich die Wanderversammlung<lb/> deutscher Landwirthe erwarb, die aus wechselnden, nur für einige Tage zusam¬<lb/> mentretender Mitgliedern besteht, so wird man Vieles hoffen dürfen von einem<lb/> festen Verein, der alle Landwirthe deutscher Nation dauernd als Mitglieder<lb/> aufnimmt und, von einem Centralwillen geleitet, die Kraft besitzt, welche ihrer<lb/> Mitglieder Interessen und Arbeiten zum gemeinsamen Ziele führen kann. Und<lb/> während früher die Wanderversammlung, als der schließliche Ausdruck des durch<lb/> ganz Deutschland sich verzweigenden landwirthschaftlichen Lebens zu betrachten<lb/> war, werden die Local-Vereine künftig ihren Endpunkt in der Gesammtheit fin¬<lb/> den, welche die deutsche Ackcrbaugesellschaft repräsentirt. Sie constituirte sich<lb/> definitiv zu Erfurt im folgenden Jahre 1861 und hielt ihre erste (Vieh-)Aus-<lb/> stellung zu Leipzig am 3—5. Juli 1862 ab, zu welcher 213 Thiere eingeschickt<lb/> waren — ein schwacher Anfang freilich. Und der Beitritt zu der Gesellschaft<lb/> hat bis jetzt durchaus nicht die erwarteten Dimensionen erreicht; es fehlen vor<lb/> Allem die Herren der deutschen Aristokratie, während kein englischer Lord ver¬<lb/> säumt, sich in das Grundbuch der königlichen Ackerbaugcsellschaft von England<lb/> einschreiben zu lassen. „Schon Schiller" — sagt Julian Schmidt — „hat dar¬<lb/> auf hingedeutet, daß der Adel, so lange er blos repräsentiren will, zum Unter¬<lb/> gang bestimmt ist, und der Edelmann, der sich nicht den Ernst und die Folge¬<lb/> richtigkeit der bürgerlichen Arbeit aneignet, geht unter und verdient unterzugehn,<lb/> so liebenswürdig seine Erscheinung sein mag." Anstatt dergleichen zu beherzt'</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0440]
die Einnahmen gehabt, die rentiren konnten. Aber seitdem der Landwirth den
Vortheil kennt, den ihm die Zufuhr eines besonderen Products auf den Welt¬
markt erringt, seitdem das Bedürfniß bei dem Schaffenden groß ist, das zu
sehen, was Andere schufen, und eine Ausstellung nicht mehr das Bild des
landwirthschaftlichen Treibens und Strebens einer nur kleinen Gegend liefert,
seitdem legte sich der Schwerpunkt der landwirthschaftlichen Versammlungen in
die Ausstellungen und zog sich aus den wissenschaftlichen Debatten heraus.
In verständnißvoller Würdigung dieser Verhältnisse gründeten vorzugsweise
praktische Landwirthe eine deutsche Ackerbaugcsellschaft, während die Herrn, die
im Laboratorium Hausen und vom Katheter fechten, nach wie vor sich mit den
Landwirthen debattirenden Schlages wanderversammeln.
Die deutsche Ackerbaugesellschaft ward am 18. Sept. 1860 zu Heidelberg
gegründet und als erster Fonds sofort von circa zweihundert Mitgliedern 2437
Thaler gezeichnet. Zweck der Gesellschaft ist Forderung der Interessen der deut¬
schen Landwirthschaft, insbesondere der Viehzucht; sie veranstaltet daher land¬
wirtschaftliche Ausstellungen innerhalb Deutschlands und ergreift außerdem die
ihr gut dünkenden Mittel und Maßregeln. Durch Deputirte ihrer Mitglieder,
deren fünfzig Einen zum Ausschuß entsenden, wird sie geleitet. Der Ausschuß
wählt eincnVvrstand.
Erwägt man, welche großen Verdienste sich die Wanderversammlung
deutscher Landwirthe erwarb, die aus wechselnden, nur für einige Tage zusam¬
mentretender Mitgliedern besteht, so wird man Vieles hoffen dürfen von einem
festen Verein, der alle Landwirthe deutscher Nation dauernd als Mitglieder
aufnimmt und, von einem Centralwillen geleitet, die Kraft besitzt, welche ihrer
Mitglieder Interessen und Arbeiten zum gemeinsamen Ziele führen kann. Und
während früher die Wanderversammlung, als der schließliche Ausdruck des durch
ganz Deutschland sich verzweigenden landwirthschaftlichen Lebens zu betrachten
war, werden die Local-Vereine künftig ihren Endpunkt in der Gesammtheit fin¬
den, welche die deutsche Ackcrbaugesellschaft repräsentirt. Sie constituirte sich
definitiv zu Erfurt im folgenden Jahre 1861 und hielt ihre erste (Vieh-)Aus-
stellung zu Leipzig am 3—5. Juli 1862 ab, zu welcher 213 Thiere eingeschickt
waren — ein schwacher Anfang freilich. Und der Beitritt zu der Gesellschaft
hat bis jetzt durchaus nicht die erwarteten Dimensionen erreicht; es fehlen vor
Allem die Herren der deutschen Aristokratie, während kein englischer Lord ver¬
säumt, sich in das Grundbuch der königlichen Ackerbaugcsellschaft von England
einschreiben zu lassen. „Schon Schiller" — sagt Julian Schmidt — „hat dar¬
auf hingedeutet, daß der Adel, so lange er blos repräsentiren will, zum Unter¬
gang bestimmt ist, und der Edelmann, der sich nicht den Ernst und die Folge¬
richtigkeit der bürgerlichen Arbeit aneignet, geht unter und verdient unterzugehn,
so liebenswürdig seine Erscheinung sein mag." Anstatt dergleichen zu beherzt'
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