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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Feinde ausgeliefert hatte, im Kampfe gegen eine Regierung bewährt hat, die
ihr jeden Wunsch an den Augen absehen und mit heiterster, behendester Bereit¬
willigkeit erfüllen würde, wofern sie nur von Deutschland lassen wollte.

Je mehr uns aber der Sieg dieser wackern nvrdalbingiscben Deutschen am
Herzen liegt, mit desto bedenklicheren Blicken werden wir diese nach Norden zie¬
henden Executionstruppcn begleiten. Wir wollen heute nur einige der vielen
Bedenken berühren, welche dieser Zug wachruft.

Wohin ziehen die Executionstruppcn?

Nach Holstein. Sie sollen an der Eider stehen bleiben. In Betreff Schles¬
wigs d. h. in Betreff desjenigen Landes, um dessen Schicksal es sich recht
eigentlich handelt, behält sich der Bund alle Maßregeln vor.

Hinter diesem Vorbehalt, welcher allerdings ausdrücklich von den Bundes-
ausschüsscn gemacht wird, könnte ein richtiger Gedanke verborgen sein, die
Absicht, zunächst Holstein den Bundcsgeseizen gemäß zu besehen und dann nach
nochmaligen vergeblichen Aufforderungen aus der Execution zum Kriege über-
zugehen. Ein solcher Gedanke liegt aber den meisten deutschen Bundesregie¬
rungen fern.

Was soll durch diese Execution erreicht werden?

Die Execution soll Dänemark zwingen, die Vereinbarungen des Jahres
18S2 zu erfüllen. Diese Vereinbarungen aber verbinden Schleswig und Hol¬
stein mit Dänemark durch eine gemeinsame Verfassung und Verwaltung; statt
die Herzogthümer von Dänemark staatlich und dynastisch zu trennen, legen sie
ihnen eine Fessel an. Ihr einziger, und ein sehr zweifelhafter, Vorzug ist,
daß man in Dänemark diese Fessel für das Herzogthum Schleswig viel zu leicht
findet und demselben eine schwerere und festere anlegen möchte. So werden
die Bundestruppen also für dasjenige kämpfen, wogegen die deutschen Trup¬
pen während des letzten Kriegs gekämpft haben.

Und endlich von welcher Macht geht diese Execution aus?

Mit dem Eintritt des vismarckischcn Ministeriums ist Preußen aus jeder
Activitcit in der Schleswig-holsteinischen Sache ausgeschieden -- eine Thatsache,
welche uns im Interesse der Herzogthümer nur freuen tan". Die Initiative
und Leitung hat in dieser Sache Oestreich übernommen und ist im Wesentlichen
mit dem bismarckischen Preußen einverstanden. Oestreich ist aber derjenige
Staat, der die Herzogthümer im Jahre 1881 zwang die Waffen niederzulegen,
sie an Dänemark überlieferte und jene Vereinbarungen von 1852 zu Stande
brachte. In Oestreich regiert freilich nicht mehr der Fürst Schwarzenberg, aber
es ist noch die metternich-schwarzenbergsche Schule, welche, durch die neue¬
sten Entwickelungen Deutschlands und des eignen Landes wenig belehrt, dort
die auswärtige Politik leitet.

Es ist begreiflich, wenn diejenigen Regierungen, die bisher am Bunde die


Feinde ausgeliefert hatte, im Kampfe gegen eine Regierung bewährt hat, die
ihr jeden Wunsch an den Augen absehen und mit heiterster, behendester Bereit¬
willigkeit erfüllen würde, wofern sie nur von Deutschland lassen wollte.

Je mehr uns aber der Sieg dieser wackern nvrdalbingiscben Deutschen am
Herzen liegt, mit desto bedenklicheren Blicken werden wir diese nach Norden zie¬
henden Executionstruppcn begleiten. Wir wollen heute nur einige der vielen
Bedenken berühren, welche dieser Zug wachruft.

Wohin ziehen die Executionstruppcn?

Nach Holstein. Sie sollen an der Eider stehen bleiben. In Betreff Schles¬
wigs d. h. in Betreff desjenigen Landes, um dessen Schicksal es sich recht
eigentlich handelt, behält sich der Bund alle Maßregeln vor.

Hinter diesem Vorbehalt, welcher allerdings ausdrücklich von den Bundes-
ausschüsscn gemacht wird, könnte ein richtiger Gedanke verborgen sein, die
Absicht, zunächst Holstein den Bundcsgeseizen gemäß zu besehen und dann nach
nochmaligen vergeblichen Aufforderungen aus der Execution zum Kriege über-
zugehen. Ein solcher Gedanke liegt aber den meisten deutschen Bundesregie¬
rungen fern.

Was soll durch diese Execution erreicht werden?

Die Execution soll Dänemark zwingen, die Vereinbarungen des Jahres
18S2 zu erfüllen. Diese Vereinbarungen aber verbinden Schleswig und Hol¬
stein mit Dänemark durch eine gemeinsame Verfassung und Verwaltung; statt
die Herzogthümer von Dänemark staatlich und dynastisch zu trennen, legen sie
ihnen eine Fessel an. Ihr einziger, und ein sehr zweifelhafter, Vorzug ist,
daß man in Dänemark diese Fessel für das Herzogthum Schleswig viel zu leicht
findet und demselben eine schwerere und festere anlegen möchte. So werden
die Bundestruppen also für dasjenige kämpfen, wogegen die deutschen Trup¬
pen während des letzten Kriegs gekämpft haben.

Und endlich von welcher Macht geht diese Execution aus?

Mit dem Eintritt des vismarckischcn Ministeriums ist Preußen aus jeder
Activitcit in der Schleswig-holsteinischen Sache ausgeschieden — eine Thatsache,
welche uns im Interesse der Herzogthümer nur freuen tan». Die Initiative
und Leitung hat in dieser Sache Oestreich übernommen und ist im Wesentlichen
mit dem bismarckischen Preußen einverstanden. Oestreich ist aber derjenige
Staat, der die Herzogthümer im Jahre 1881 zwang die Waffen niederzulegen,
sie an Dänemark überlieferte und jene Vereinbarungen von 1852 zu Stande
brachte. In Oestreich regiert freilich nicht mehr der Fürst Schwarzenberg, aber
es ist noch die metternich-schwarzenbergsche Schule, welche, durch die neue¬
sten Entwickelungen Deutschlands und des eignen Landes wenig belehrt, dort
die auswärtige Politik leitet.

Es ist begreiflich, wenn diejenigen Regierungen, die bisher am Bunde die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/42>, abgerufen am 15.01.2025.