Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Figuren. Hohe markige, gesund bewegte Gestalten, oeil von echter, aufrichtiger Indem wir nun gewahren, wie alle diese Bilder zu einer in sich consequenten Figuren. Hohe markige, gesund bewegte Gestalten, oeil von echter, aufrichtiger Indem wir nun gewahren, wie alle diese Bilder zu einer in sich consequenten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0394" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116322"/> <p xml:id="ID_1333" prev="#ID_1332"> Figuren. Hohe markige, gesund bewegte Gestalten, oeil von echter, aufrichtiger<lb/> Leidenschaft, wandeln und leben diese in einer gleichgearteten Natur, welche<lb/> ihrerseits durch Großheit der Formen und nickt selten durch kühn phantastische<lb/> Gestaltung dem immer bedeutenden Menschen das Gleichgewicht hält.</p><lb/> <p xml:id="ID_1334" next="#ID_1335"> Indem wir nun gewahren, wie alle diese Bilder zu einer in sich consequenten<lb/> und harmonischen Welt sich zusammenschließen, wie sie in ähnlicher Weise aus<lb/> dem Werke des Dichters spricht, so erregt es unsere ganze Bewunderung, wel¬<lb/> cher Reichthum an Erfindung zugleich darin sich bekundet, wie zutreffend jedem<lb/> einzelnen Momente Local und Stimmung erfunden sind. Hier spricht jedes<lb/> so neu und frappant an,, als ob es das erste wäre, das wir sehen; kein Motiv<lb/> wiederholt sich und selbst die verwandten Gegenstände sind zu einer Mannig¬<lb/> faltigkeit charakteristisch auseinandertretender Bilder gestaltet. Mit großem<lb/> Geschick sind gleich in dem ersten Bilde, dem Abzüge von Troja, auf dem be¬<lb/> schränktesten Raum die verschiedenen Elemente vereinigt, welche nöthig waren,<lb/> um den Moment auszusprechen. Die Scene ist an das zerstörte Thor gelegt,<lb/> und noch sehen wir innerhalb der Mauern das unheilvolle hölzerne Pferd stehen,<lb/> welches durch dasselbe hereingebracht worden. Während auf der einen Seite<lb/> auf dem Hintergrunde düsterer Wolken ein zerstörter Tempel emporragt, öffnet<lb/> sich auf der andern der Blick nach dem Meere und den Schiffen, die bereits<lb/> ins Meer gezogen werden. Im Vordergrunde aber steht der Haio, der die<lb/> Seinen zum Abzug antreibt; durch Rauch und Trümmer, vorüber an den<lb/> Leichen der Erschlagenen, an der Trauer der Ueberlebenden ziehen die Sieger<lb/> mit den erbeuteten Schätzen und Gefangenen, die ihnen unter Thränen folgen,<lb/> und begrüßen schon von fern See und Schiffe, die sie der Heimath zuführen<lb/> sollen. Das zweite Bild führt an das Kikonengestade: eine steile und rauhe,<lb/> an und in den Felsen gebaute Stadt steigt im Mittelgrunde herauf, der rechte<lb/> Sitz der rohen Kraftgesellen, mit denen wir im Vordergrunde den Helden im<lb/> heißen Kampf begriffen sehen. Alles schließt sich unübertrefflich lebendig zu¬<lb/> sammen zu dem einen Eindruck einer unwirthlich öden Fischcrküste und deren<lb/> barbarischen Bewohnern. Das dritte und vierte Bild gehört dem Kyklopen-<lb/> lande an, beides wahre Meisterwerke der Charakteristik. Zuerst werden wir der<lb/> Höhle des Polyphem ansichtig, in welcher der grause Unhold nach seiner Blen-<lb/> dung unsicher umhertastet, während vorn Odysseus mit den geretteten Gefähr¬<lb/> ten ihm die Schafe entführt. Hier ist Alles roh. gewaltig und unheimlich, und<lb/> nur wie mit leisem Humor erinnert eine colossale Sirynx, die an dem eben¬<lb/> bürtigen Feigenbaum hängt, daran, daß wir in dem Riesen einen — freilich<lb/> nicht sehr idyllischen — Schäfer vor uns haben. Weit gewaltiger der Natur<lb/> des Gegenstandes nach ist das folgende, die Abfahrt der Griechen, das erste<lb/> der vier großen Hauptbilder. Der Standpunkt ist von der See aus genommen,<lb/> in welche die Griechen mit ängstlicher Eile ihre Schiffe hereinziehen; aus dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0394]
Figuren. Hohe markige, gesund bewegte Gestalten, oeil von echter, aufrichtiger
Leidenschaft, wandeln und leben diese in einer gleichgearteten Natur, welche
ihrerseits durch Großheit der Formen und nickt selten durch kühn phantastische
Gestaltung dem immer bedeutenden Menschen das Gleichgewicht hält.
Indem wir nun gewahren, wie alle diese Bilder zu einer in sich consequenten
und harmonischen Welt sich zusammenschließen, wie sie in ähnlicher Weise aus
dem Werke des Dichters spricht, so erregt es unsere ganze Bewunderung, wel¬
cher Reichthum an Erfindung zugleich darin sich bekundet, wie zutreffend jedem
einzelnen Momente Local und Stimmung erfunden sind. Hier spricht jedes
so neu und frappant an,, als ob es das erste wäre, das wir sehen; kein Motiv
wiederholt sich und selbst die verwandten Gegenstände sind zu einer Mannig¬
faltigkeit charakteristisch auseinandertretender Bilder gestaltet. Mit großem
Geschick sind gleich in dem ersten Bilde, dem Abzüge von Troja, auf dem be¬
schränktesten Raum die verschiedenen Elemente vereinigt, welche nöthig waren,
um den Moment auszusprechen. Die Scene ist an das zerstörte Thor gelegt,
und noch sehen wir innerhalb der Mauern das unheilvolle hölzerne Pferd stehen,
welches durch dasselbe hereingebracht worden. Während auf der einen Seite
auf dem Hintergrunde düsterer Wolken ein zerstörter Tempel emporragt, öffnet
sich auf der andern der Blick nach dem Meere und den Schiffen, die bereits
ins Meer gezogen werden. Im Vordergrunde aber steht der Haio, der die
Seinen zum Abzug antreibt; durch Rauch und Trümmer, vorüber an den
Leichen der Erschlagenen, an der Trauer der Ueberlebenden ziehen die Sieger
mit den erbeuteten Schätzen und Gefangenen, die ihnen unter Thränen folgen,
und begrüßen schon von fern See und Schiffe, die sie der Heimath zuführen
sollen. Das zweite Bild führt an das Kikonengestade: eine steile und rauhe,
an und in den Felsen gebaute Stadt steigt im Mittelgrunde herauf, der rechte
Sitz der rohen Kraftgesellen, mit denen wir im Vordergrunde den Helden im
heißen Kampf begriffen sehen. Alles schließt sich unübertrefflich lebendig zu¬
sammen zu dem einen Eindruck einer unwirthlich öden Fischcrküste und deren
barbarischen Bewohnern. Das dritte und vierte Bild gehört dem Kyklopen-
lande an, beides wahre Meisterwerke der Charakteristik. Zuerst werden wir der
Höhle des Polyphem ansichtig, in welcher der grause Unhold nach seiner Blen-
dung unsicher umhertastet, während vorn Odysseus mit den geretteten Gefähr¬
ten ihm die Schafe entführt. Hier ist Alles roh. gewaltig und unheimlich, und
nur wie mit leisem Humor erinnert eine colossale Sirynx, die an dem eben¬
bürtigen Feigenbaum hängt, daran, daß wir in dem Riesen einen — freilich
nicht sehr idyllischen — Schäfer vor uns haben. Weit gewaltiger der Natur
des Gegenstandes nach ist das folgende, die Abfahrt der Griechen, das erste
der vier großen Hauptbilder. Der Standpunkt ist von der See aus genommen,
in welche die Griechen mit ängstlicher Eile ihre Schiffe hereinziehen; aus dem
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