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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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übergroßer Bescheidenheit. Den süddeutschen Freunden liegt Alles am Parla¬
ment; mit dem Parlament würden sie auch ein Directorium in den Kauf neh¬
men. Aber wenn wir einmal das Parlament haben können, so können wir
auch mehr haben als eine collegiale Centralgewalt, die nichts ist als ein neuer
N /. ame für die alte Vielstaaterei.




Die Bundesexecution jenseits der Elbe.

Während diese Zeilen gedruckt werden, am 1. October dieses Jahres,
wird die deutsche Bundesversammlung das Executionsverfahren gegen den Her¬
zog von Holstein beschließen, d. h. sie wird die Regierungen von Sachsen und
Hannover in erster, die von Oestreich und Preußen in zweiter Linie ersuchen,
die Execution zu übernehmen, und zugleich die dänische Negierung auffordern,
den Bundesbeschlüssen bezüglich der Verfassungsverhältnisse der Herzogthümer
Holstein und Lauenburg innerhalb drei Wochen "Folge zu leisten".

Erst wenn diese drei Wochen ohne Folgeleistung verstrichen sein werden,
wird der eigentliche Exccutionsbeschluß erfolgen, d. h. werden die betreffenden
Regierungen ersucht werden, nunmehr ihre Truppen in Holstein und Lauenburg
einrücken zu lassen. Obwohl die Executionsordnung vorschreibt, daß dieser
Beschluß bei fortdauernder Hartnäckigkeit der ungehorsamen Negierung "ohne
Verzug" gefaßt werden soll, so darf man doch nicht erwarten, daß die Bundes¬
versammlung vor Mitte November zu demselben gelangen werde.

Aber auch dann -- so will es die. wo das Interesse einer Bundesregierung ins
Spiel kommt, sehr bedächtige Executionsordnung -- erfolgt noch nicht unmittel¬
bar der Einmarsch der Executionstruppcn. Vielmehr geht das Amt des War-
ners nunmehr von der Bundesversammlung auf die mit der Execution be¬
auftragten Regierungen über. Dieselben haben die ungehorsame Negierung,
welche schon von der Bundesversammlung darüber offizielle Mittheilung erhal¬
ten hat, von dem ihnen gewordenen Auftrage zu benachrichtigen und ihr zu¬
gleich anzuzeigen, daß wenn sie binnen ferneren drei Wochen den betreffen¬
den Bundesbcschlüssen nicht nachgekommen, unfehlbar die Execution erfolgen
werde.

Von der Verpflichtung, diese höchst überflüssige Anzeige zu machen, kön-


übergroßer Bescheidenheit. Den süddeutschen Freunden liegt Alles am Parla¬
ment; mit dem Parlament würden sie auch ein Directorium in den Kauf neh¬
men. Aber wenn wir einmal das Parlament haben können, so können wir
auch mehr haben als eine collegiale Centralgewalt, die nichts ist als ein neuer
N /. ame für die alte Vielstaaterei.




Die Bundesexecution jenseits der Elbe.

Während diese Zeilen gedruckt werden, am 1. October dieses Jahres,
wird die deutsche Bundesversammlung das Executionsverfahren gegen den Her¬
zog von Holstein beschließen, d. h. sie wird die Regierungen von Sachsen und
Hannover in erster, die von Oestreich und Preußen in zweiter Linie ersuchen,
die Execution zu übernehmen, und zugleich die dänische Negierung auffordern,
den Bundesbeschlüssen bezüglich der Verfassungsverhältnisse der Herzogthümer
Holstein und Lauenburg innerhalb drei Wochen „Folge zu leisten".

Erst wenn diese drei Wochen ohne Folgeleistung verstrichen sein werden,
wird der eigentliche Exccutionsbeschluß erfolgen, d. h. werden die betreffenden
Regierungen ersucht werden, nunmehr ihre Truppen in Holstein und Lauenburg
einrücken zu lassen. Obwohl die Executionsordnung vorschreibt, daß dieser
Beschluß bei fortdauernder Hartnäckigkeit der ungehorsamen Negierung „ohne
Verzug" gefaßt werden soll, so darf man doch nicht erwarten, daß die Bundes¬
versammlung vor Mitte November zu demselben gelangen werde.

Aber auch dann — so will es die. wo das Interesse einer Bundesregierung ins
Spiel kommt, sehr bedächtige Executionsordnung — erfolgt noch nicht unmittel¬
bar der Einmarsch der Executionstruppcn. Vielmehr geht das Amt des War-
ners nunmehr von der Bundesversammlung auf die mit der Execution be¬
auftragten Regierungen über. Dieselben haben die ungehorsame Negierung,
welche schon von der Bundesversammlung darüber offizielle Mittheilung erhal¬
ten hat, von dem ihnen gewordenen Auftrage zu benachrichtigen und ihr zu¬
gleich anzuzeigen, daß wenn sie binnen ferneren drei Wochen den betreffen¬
den Bundesbcschlüssen nicht nachgekommen, unfehlbar die Execution erfolgen
werde.

Von der Verpflichtung, diese höchst überflüssige Anzeige zu machen, kön-


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[0039] übergroßer Bescheidenheit. Den süddeutschen Freunden liegt Alles am Parla¬ ment; mit dem Parlament würden sie auch ein Directorium in den Kauf neh¬ men. Aber wenn wir einmal das Parlament haben können, so können wir auch mehr haben als eine collegiale Centralgewalt, die nichts ist als ein neuer N /. ame für die alte Vielstaaterei. Die Bundesexecution jenseits der Elbe. Während diese Zeilen gedruckt werden, am 1. October dieses Jahres, wird die deutsche Bundesversammlung das Executionsverfahren gegen den Her¬ zog von Holstein beschließen, d. h. sie wird die Regierungen von Sachsen und Hannover in erster, die von Oestreich und Preußen in zweiter Linie ersuchen, die Execution zu übernehmen, und zugleich die dänische Negierung auffordern, den Bundesbeschlüssen bezüglich der Verfassungsverhältnisse der Herzogthümer Holstein und Lauenburg innerhalb drei Wochen „Folge zu leisten". Erst wenn diese drei Wochen ohne Folgeleistung verstrichen sein werden, wird der eigentliche Exccutionsbeschluß erfolgen, d. h. werden die betreffenden Regierungen ersucht werden, nunmehr ihre Truppen in Holstein und Lauenburg einrücken zu lassen. Obwohl die Executionsordnung vorschreibt, daß dieser Beschluß bei fortdauernder Hartnäckigkeit der ungehorsamen Negierung „ohne Verzug" gefaßt werden soll, so darf man doch nicht erwarten, daß die Bundes¬ versammlung vor Mitte November zu demselben gelangen werde. Aber auch dann — so will es die. wo das Interesse einer Bundesregierung ins Spiel kommt, sehr bedächtige Executionsordnung — erfolgt noch nicht unmittel¬ bar der Einmarsch der Executionstruppcn. Vielmehr geht das Amt des War- ners nunmehr von der Bundesversammlung auf die mit der Execution be¬ auftragten Regierungen über. Dieselben haben die ungehorsame Negierung, welche schon von der Bundesversammlung darüber offizielle Mittheilung erhal¬ ten hat, von dem ihnen gewordenen Auftrage zu benachrichtigen und ihr zu¬ gleich anzuzeigen, daß wenn sie binnen ferneren drei Wochen den betreffen¬ den Bundesbcschlüssen nicht nachgekommen, unfehlbar die Execution erfolgen werde. Von der Verpflichtung, diese höchst überflüssige Anzeige zu machen, kön-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/39>, abgerufen am 15.01.2025.