Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.gab und gibt es leider noch in Gemarkungen von 2--4000 Morgen Fläche Für die Gegenden angeschwemmten, lockeren, reicheren Bodens erwuchs im Dagegen hat der Rübenanbau indirect der Landwirthschaft große Vortheile gab und gibt es leider noch in Gemarkungen von 2—4000 Morgen Fläche Für die Gegenden angeschwemmten, lockeren, reicheren Bodens erwuchs im Dagegen hat der Rübenanbau indirect der Landwirthschaft große Vortheile <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0386" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116314"/> <p xml:id="ID_1307" prev="#ID_1306"> gab und gibt es leider noch in Gemarkungen von 2—4000 Morgen Fläche<lb/> 10—15,000 Parcellen und von Gewannwegen nur eine verworrene Spur. Wer<lb/> sein Korn siehn bat innerhalb einer Ackcrflur, deren Grenznachbarn Weizen<lb/> bauten, darf es zwar mähen, muß aber warten, bis Letztere den Acker räumen,<lb/> damit er sein Korn, das mittlerweile auf Haufen liegend nicht besser wurde,<lb/> zuweilen auch schon den Keimproceß erfuhr, ungestraft nach dem Wege bringen<lb/> kann. Was würde der Industrielle sagen, wenn eine Einrichtung irgend wel-<lb/> cher Art ihm verböte, zu jeder Zeit zu seiner Fabrik oder seinem Magazin zu<lb/> gelangen? Leider hat der Staat die Ausführung seiner hier einschlagenden Ge¬<lb/> setze noch nicht mit jenem Druck, der leider Manchen erst zu seinem Vortheil<lb/> zwingen muß, verfolgt, und noch besteh» zu seinem Schade» grauenhafte Ver¬<lb/> hältnisse. Wo aber die Separation durch einsichtsvolle Besitzer willkommen<lb/> geheißen und ausgeführt wurde, zog ungeheuerer Vortheil in die Gemeinde ein;<lb/> den» die Freiheit der Bewirtbschafrung u»d die Unabhängigkeit vom fremden<lb/> Willen gewährt eige»euch erst die Möglichkeit des modernen Ackerbaus, und-<lb/> wucbs der Rohertrag der Felder wirklich nicht, so war der Reinertrag doch in<lb/> allen Fällen ein höherer geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1308"> Für die Gegenden angeschwemmten, lockeren, reicheren Bodens erwuchs im<lb/> Rübenbau ein mächtiger Hebel. Leider nur klebt ihm der Borwurf an, daß der<lb/> Sebutzzoll sein Verbündeter ist. und daß er also nur zum Schaden der Gesammt-<lb/> eirnvohiier und zum Nachtheil der Striche mit weniger gutem Boden groß gezogen<lb/> werden konnte. Die Nübenzuckerfabrication ward bald zur Industrie,' die den<lb/> Charakter des Hilfs- oder Nebengewerbes abstreifte und dann oft das Land<lb/> rings ausbeutete. Wie der Jude den Bauer gern zu anfänglichem Vortheil<lb/> verführt, um ihn später desto gewisser zu ruiniren, so konnten die Landleute<lb/> den lockenden Preisen für Rüben nicht widersteh,,, u»d so,bauten sie denn Rüben<lb/> und wieder Rüben, bis der Acker müde ward und nun auch ungern Korn gab.<lb/> Wäre der Schutzzoll nicht, so hätte zwar der Ackerbau mancher Orte einer hoben<lb/> Geldeinnahme zu entbehren, aber die Staatslasten und Staatsvortheile hätten<lb/> sich gerechter vertheilt, und es wären nicht nur Einzelne begünstigt, die früher<lb/> schon — zum Neid der Anderen — nur fruchtbaren Boden pflügten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1309" next="#ID_1310"> Dagegen hat der Rübenanbau indirect der Landwirthschaft große Vortheile<lb/> und kräftigste Anregung gebracht. Die bessere Bearbeitung des Bodens, die<lb/> Tiefcultur, die Drillcultur, der Gebrauch der künstlichen Düngemittel, der kauf¬<lb/> männischere Geist, der einzog, Alles das hat die Nübenzuckerfabrication ins<lb/> Leben gerufen oder unterstützt. Sie war auch für die Gegenden, welche keine<lb/> Rüben bauen können, eine Lehrmeisterin, der in fast allen Zweigen des lond-<lb/> wirthschaftlichen Gewerbes mannigfacher Fortschritt zu danken ist. Keine Gegend<lb/> Deutschlands zeigt intelligenteren Ackerbau als die preußische Provinz Sachsen.<lb/> Aber in ihr finden wir auch 124 Zuckerfabriken, während (da ganz Preußen 191</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0386]
gab und gibt es leider noch in Gemarkungen von 2—4000 Morgen Fläche
10—15,000 Parcellen und von Gewannwegen nur eine verworrene Spur. Wer
sein Korn siehn bat innerhalb einer Ackcrflur, deren Grenznachbarn Weizen
bauten, darf es zwar mähen, muß aber warten, bis Letztere den Acker räumen,
damit er sein Korn, das mittlerweile auf Haufen liegend nicht besser wurde,
zuweilen auch schon den Keimproceß erfuhr, ungestraft nach dem Wege bringen
kann. Was würde der Industrielle sagen, wenn eine Einrichtung irgend wel-
cher Art ihm verböte, zu jeder Zeit zu seiner Fabrik oder seinem Magazin zu
gelangen? Leider hat der Staat die Ausführung seiner hier einschlagenden Ge¬
setze noch nicht mit jenem Druck, der leider Manchen erst zu seinem Vortheil
zwingen muß, verfolgt, und noch besteh» zu seinem Schade» grauenhafte Ver¬
hältnisse. Wo aber die Separation durch einsichtsvolle Besitzer willkommen
geheißen und ausgeführt wurde, zog ungeheuerer Vortheil in die Gemeinde ein;
den» die Freiheit der Bewirtbschafrung u»d die Unabhängigkeit vom fremden
Willen gewährt eige»euch erst die Möglichkeit des modernen Ackerbaus, und-
wucbs der Rohertrag der Felder wirklich nicht, so war der Reinertrag doch in
allen Fällen ein höherer geworden.
Für die Gegenden angeschwemmten, lockeren, reicheren Bodens erwuchs im
Rübenbau ein mächtiger Hebel. Leider nur klebt ihm der Borwurf an, daß der
Sebutzzoll sein Verbündeter ist. und daß er also nur zum Schaden der Gesammt-
eirnvohiier und zum Nachtheil der Striche mit weniger gutem Boden groß gezogen
werden konnte. Die Nübenzuckerfabrication ward bald zur Industrie,' die den
Charakter des Hilfs- oder Nebengewerbes abstreifte und dann oft das Land
rings ausbeutete. Wie der Jude den Bauer gern zu anfänglichem Vortheil
verführt, um ihn später desto gewisser zu ruiniren, so konnten die Landleute
den lockenden Preisen für Rüben nicht widersteh,,, u»d so,bauten sie denn Rüben
und wieder Rüben, bis der Acker müde ward und nun auch ungern Korn gab.
Wäre der Schutzzoll nicht, so hätte zwar der Ackerbau mancher Orte einer hoben
Geldeinnahme zu entbehren, aber die Staatslasten und Staatsvortheile hätten
sich gerechter vertheilt, und es wären nicht nur Einzelne begünstigt, die früher
schon — zum Neid der Anderen — nur fruchtbaren Boden pflügten.
Dagegen hat der Rübenanbau indirect der Landwirthschaft große Vortheile
und kräftigste Anregung gebracht. Die bessere Bearbeitung des Bodens, die
Tiefcultur, die Drillcultur, der Gebrauch der künstlichen Düngemittel, der kauf¬
männischere Geist, der einzog, Alles das hat die Nübenzuckerfabrication ins
Leben gerufen oder unterstützt. Sie war auch für die Gegenden, welche keine
Rüben bauen können, eine Lehrmeisterin, der in fast allen Zweigen des lond-
wirthschaftlichen Gewerbes mannigfacher Fortschritt zu danken ist. Keine Gegend
Deutschlands zeigt intelligenteren Ackerbau als die preußische Provinz Sachsen.
Aber in ihr finden wir auch 124 Zuckerfabriken, während (da ganz Preußen 191
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