Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.ist, gilt jetzt allgemein, wenigstens was diesen letzten Zweck betrifft, für eine Was die Kammer etwa in der deutschen Frage thun wird, hängt natürlich ist, gilt jetzt allgemein, wenigstens was diesen letzten Zweck betrifft, für eine Was die Kammer etwa in der deutschen Frage thun wird, hängt natürlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0372" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116300"/> <p xml:id="ID_1250" prev="#ID_1249"> ist, gilt jetzt allgemein, wenigstens was diesen letzten Zweck betrifft, für eine<lb/> verfehlte Anlage. Bei dem ungeheuren Umweg, den sie beschreibt, dient sie<lb/> weder dazu, den Schwarzwald mit seinen Producten zu erschließen, noch dem<lb/> Verkehr mit der Schweiz künftig einen naturgemäßen Weg zu eröffnen. Solche<lb/> Act'elstände lassen sich, wenn man nicht radical Verfahren will, schwer beseitigen<lb/> oder wieder gut machen, aber um so mehr ist es an der Zeit, nachträglich die<lb/> gemachten Erfahrungen zu beherzigen, und wenigstens für die Zukunft so weit<lb/> es noch möglich ist, nach bestimmten Grundsätzen zu verfahren. Dann muß auch der<lb/> widerwärtige Streit mit Preußen wegen der Bahn ins Hohenzollernsche endlich<lb/> sich erledigen. Die Hartnäckigkeit und Engherzigkeit ist hier ganz auf würtem-<lb/> bergischer Seite. Preußen knüpft nämlich an die Erlaubniß zum Weiterbau<lb/> der Oberneckcubahn, die eine kurze Strecke preußisches Gebiet durchschneidet,<lb/> die Bedingung, daß von der Neckarbahn aus eine Verbindung mit Hechingen<lb/> und Sigmaringen hergestellt werde. Diese Forderung ist nicht nur vom preußi¬<lb/> schen Interesse aus selbstverständlich, sondern sie ist auch im Interesse einer<lb/> Anzahl würtembergischer Bezirke, welche seit geraumer Zeit eine Agitation in<lb/> dieser Richtung unterhalten. Nur die prcußenfeindlichen Phantasien M. Mohls,<lb/> der davon eine tödtliche Concurrenz für die würtenbergische Hauptbahn an<lb/> den Bodensee befürchtet, haben bisher die Gewährung dieser Concession ver¬<lb/> hindert und dafür das fabelhafte Project erzeugt, das Neckarthal zu verlassen<lb/> und jene preußische Strecke zu umgehen, ein Umweg, der ungeheure Summen<lb/> für eine Laune opfern würde. Ueberhaupt haben beim Abschluß unserer Ver¬<lb/> träge mit den Nachbarstaaten kleinliche Sonderinteressen eine große Rolle ge¬<lb/> spielt, wobei indessen Baden und Baiern gegenüber das dazwischen geteilte<lb/> Würtemberg in der Regel den Kürzern zog.</p><lb/> <p xml:id="ID_1251" next="#ID_1252"> Was die Kammer etwa in der deutschen Frage thun wird, hängt natürlich<lb/> ganz von dem Lauf der Ereignisse ab. Als sie im Mai vor. I. zum ersten<lb/> Mal zu einer kurzen Session zusammentrat, wurden drei Anträge in der deut¬<lb/> schen Frage eingebracht, der eine von der vereinigten Linken, der andere von<lb/> der großdeutschen, der dritte Von der ultramontanen Seite. Allein seitdem ist<lb/> das Delegirtenproject, ist dann die östreichische Ncformacte nacheinander aufge¬<lb/> taucht und wieder verschwunden, seitdem ist der Abgeordnetentag und der groß-<lb/> deutsche Verein gegründet worden, hat der Nationalverein im Lande mehr Bo¬<lb/> den gewonnen, hat die eßlinger Versammlung die demokratische Partei selbst<lb/> gespalten. Jener Antrag von der demokratischen Seite war gemeinschaftlich<lb/> von Hölder und Oesterlen eingebracht, welche seit Eßlingen in der deutschen<lb/> Frage in verschiedenen Lagern stehen; dieser eine Umstand beweist, wie sehr<lb/> jene Anträge inzwischen durch die Ereignisse überholt sind. Die gegenwärtige<lb/> Lage der Parteien ist keine erfreuliche. Die aufsteigende Bewegung im natio¬<lb/> nalen Sinn, welche zu Anfang dieses Jahres in verschiedenen Kundgebungen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0372]
ist, gilt jetzt allgemein, wenigstens was diesen letzten Zweck betrifft, für eine
verfehlte Anlage. Bei dem ungeheuren Umweg, den sie beschreibt, dient sie
weder dazu, den Schwarzwald mit seinen Producten zu erschließen, noch dem
Verkehr mit der Schweiz künftig einen naturgemäßen Weg zu eröffnen. Solche
Act'elstände lassen sich, wenn man nicht radical Verfahren will, schwer beseitigen
oder wieder gut machen, aber um so mehr ist es an der Zeit, nachträglich die
gemachten Erfahrungen zu beherzigen, und wenigstens für die Zukunft so weit
es noch möglich ist, nach bestimmten Grundsätzen zu verfahren. Dann muß auch der
widerwärtige Streit mit Preußen wegen der Bahn ins Hohenzollernsche endlich
sich erledigen. Die Hartnäckigkeit und Engherzigkeit ist hier ganz auf würtem-
bergischer Seite. Preußen knüpft nämlich an die Erlaubniß zum Weiterbau
der Oberneckcubahn, die eine kurze Strecke preußisches Gebiet durchschneidet,
die Bedingung, daß von der Neckarbahn aus eine Verbindung mit Hechingen
und Sigmaringen hergestellt werde. Diese Forderung ist nicht nur vom preußi¬
schen Interesse aus selbstverständlich, sondern sie ist auch im Interesse einer
Anzahl würtembergischer Bezirke, welche seit geraumer Zeit eine Agitation in
dieser Richtung unterhalten. Nur die prcußenfeindlichen Phantasien M. Mohls,
der davon eine tödtliche Concurrenz für die würtenbergische Hauptbahn an
den Bodensee befürchtet, haben bisher die Gewährung dieser Concession ver¬
hindert und dafür das fabelhafte Project erzeugt, das Neckarthal zu verlassen
und jene preußische Strecke zu umgehen, ein Umweg, der ungeheure Summen
für eine Laune opfern würde. Ueberhaupt haben beim Abschluß unserer Ver¬
träge mit den Nachbarstaaten kleinliche Sonderinteressen eine große Rolle ge¬
spielt, wobei indessen Baden und Baiern gegenüber das dazwischen geteilte
Würtemberg in der Regel den Kürzern zog.
Was die Kammer etwa in der deutschen Frage thun wird, hängt natürlich
ganz von dem Lauf der Ereignisse ab. Als sie im Mai vor. I. zum ersten
Mal zu einer kurzen Session zusammentrat, wurden drei Anträge in der deut¬
schen Frage eingebracht, der eine von der vereinigten Linken, der andere von
der großdeutschen, der dritte Von der ultramontanen Seite. Allein seitdem ist
das Delegirtenproject, ist dann die östreichische Ncformacte nacheinander aufge¬
taucht und wieder verschwunden, seitdem ist der Abgeordnetentag und der groß-
deutsche Verein gegründet worden, hat der Nationalverein im Lande mehr Bo¬
den gewonnen, hat die eßlinger Versammlung die demokratische Partei selbst
gespalten. Jener Antrag von der demokratischen Seite war gemeinschaftlich
von Hölder und Oesterlen eingebracht, welche seit Eßlingen in der deutschen
Frage in verschiedenen Lagern stehen; dieser eine Umstand beweist, wie sehr
jene Anträge inzwischen durch die Ereignisse überholt sind. Die gegenwärtige
Lage der Parteien ist keine erfreuliche. Die aufsteigende Bewegung im natio¬
nalen Sinn, welche zu Anfang dieses Jahres in verschiedenen Kundgebungen
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