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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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eine große Zahl localer Gesetzentwürfe zu erledigen hat, ist er einer langen
Dauer sicher. Auch wird es ihm nicht an mannigfachem Interesse fehlen, wenn
gleich seine Bedeutung sich wesentlich auf innere Fragen beschränkt. Das Bud¬
get für die nächste dreijährige Verwilligungsperiode, das indessen noch nicht
festgestellt ist, wird, wie man hört, sehr günstige Ziffern aufweisen. Die Finanz-
krast des Landes hebt sich von Jahr zu Jahr, und die Erträgnisse aus den
Steuern wie aus dem Staatsvermögen sind in fortwährender Zunahme be¬
griffen. Auch diesmal, wie seit einer Reihe von Jahren, wird die Regierung
bei ihrer Rechnungsablage einen namhaften Ueberschuß über die Voranschläge
der sogenannten Nestverwaltung überweisen können. Interessant ist, was aus
einer kürzlich veröffentlichten statistischen Uebersicht hervorgeht, daß in zwei De¬
partements seit den zwanziger Jahren die Ausgaben sich nicht nur nicht er¬
höht, sondern, hauptsächlich durch Einziehung überflüssiger Stellen, eher ver¬
mindert haben: in der Finanzverwaltung und im auswärtigen Departement.

Neue Anforderungen an die Staatsträfte werden diesmal hauptsächlich
von Seiten des Cultusministers gemacht werden, der in seinem Departement
Manches nachzuholen hat. Die Kosten der Universität*) sind natürlich fort¬
während im Steigen, und man weih, daß Staatsrath v. Golther, dessen Thä¬
tigkeit überhaupt allgemein Anerkennung findet, ihr seine besondere Sorgfalt
zuwendet. Mit den Berufungen hat er freilich nicht immer Glück gehabt, und
eine "Celebrität" zu gewinnen, wie es schon lange seine Absicht ist, ist ihm bis
jetzt nicht gelungen. Zu spät macht man jetzt die Erfahrung, daß die selbst¬
verschuldeten Verluste -- man denke nur an Robert Mohl, Bischer, Zeller,
Reyscher -- sich schwer wieder ersetzen lassen, und daß sie um so empfindlicher
sind, als bei den beschränkten Mitteln des kleinen Landes Namen erster Größe
von auswärts sehr schwer sich gewinnen lassen. Ein anderes Capitel, das
dringend weitere Mittel erheischt, sind die Kunstangclegenheiten. welche bis jetzt
sehr dürftig ausgestattet sind**). Da ferner die Lage der Pfarrer und Schul¬
lehrer aufgebessert werden soll und endlich der Bau mehrer Staatsgebäude
unaufschiebbar ist, wird der Departementsvorstand seine ganze Popularität
nöthig haben, um alle seine Positionen durchzuringen. Ein Gesetzentwurf,
den derselbe bezüglich der bürgerlichen Gleichstellung der Israeliten mit den
übrigen Staatsbürgern eingebracht hat, und der eine Verfassungsänderung in-
volvirt, wird Wohl ohne vielen Widerspruch genehmigt werden.




") Nach dem letzte" Etat 18K1--18L4 beträgt die jährliche Summe für Universitätszwecke
INi.OON Fi.
Die jährliche Summe, die im bisherigen Etat für die Kunstschule und Staatsgallerie,
für die vaterländische Alterthumssammlung, für Rciseuntcrstützungcn junger Künstler u. f. w.
ausgesetzt ist, beträgt 17,95ö Fi.

eine große Zahl localer Gesetzentwürfe zu erledigen hat, ist er einer langen
Dauer sicher. Auch wird es ihm nicht an mannigfachem Interesse fehlen, wenn
gleich seine Bedeutung sich wesentlich auf innere Fragen beschränkt. Das Bud¬
get für die nächste dreijährige Verwilligungsperiode, das indessen noch nicht
festgestellt ist, wird, wie man hört, sehr günstige Ziffern aufweisen. Die Finanz-
krast des Landes hebt sich von Jahr zu Jahr, und die Erträgnisse aus den
Steuern wie aus dem Staatsvermögen sind in fortwährender Zunahme be¬
griffen. Auch diesmal, wie seit einer Reihe von Jahren, wird die Regierung
bei ihrer Rechnungsablage einen namhaften Ueberschuß über die Voranschläge
der sogenannten Nestverwaltung überweisen können. Interessant ist, was aus
einer kürzlich veröffentlichten statistischen Uebersicht hervorgeht, daß in zwei De¬
partements seit den zwanziger Jahren die Ausgaben sich nicht nur nicht er¬
höht, sondern, hauptsächlich durch Einziehung überflüssiger Stellen, eher ver¬
mindert haben: in der Finanzverwaltung und im auswärtigen Departement.

Neue Anforderungen an die Staatsträfte werden diesmal hauptsächlich
von Seiten des Cultusministers gemacht werden, der in seinem Departement
Manches nachzuholen hat. Die Kosten der Universität*) sind natürlich fort¬
während im Steigen, und man weih, daß Staatsrath v. Golther, dessen Thä¬
tigkeit überhaupt allgemein Anerkennung findet, ihr seine besondere Sorgfalt
zuwendet. Mit den Berufungen hat er freilich nicht immer Glück gehabt, und
eine „Celebrität" zu gewinnen, wie es schon lange seine Absicht ist, ist ihm bis
jetzt nicht gelungen. Zu spät macht man jetzt die Erfahrung, daß die selbst¬
verschuldeten Verluste — man denke nur an Robert Mohl, Bischer, Zeller,
Reyscher — sich schwer wieder ersetzen lassen, und daß sie um so empfindlicher
sind, als bei den beschränkten Mitteln des kleinen Landes Namen erster Größe
von auswärts sehr schwer sich gewinnen lassen. Ein anderes Capitel, das
dringend weitere Mittel erheischt, sind die Kunstangclegenheiten. welche bis jetzt
sehr dürftig ausgestattet sind**). Da ferner die Lage der Pfarrer und Schul¬
lehrer aufgebessert werden soll und endlich der Bau mehrer Staatsgebäude
unaufschiebbar ist, wird der Departementsvorstand seine ganze Popularität
nöthig haben, um alle seine Positionen durchzuringen. Ein Gesetzentwurf,
den derselbe bezüglich der bürgerlichen Gleichstellung der Israeliten mit den
übrigen Staatsbürgern eingebracht hat, und der eine Verfassungsänderung in-
volvirt, wird Wohl ohne vielen Widerspruch genehmigt werden.




") Nach dem letzte» Etat 18K1—18L4 beträgt die jährliche Summe für Universitätszwecke
INi.OON Fi.
Die jährliche Summe, die im bisherigen Etat für die Kunstschule und Staatsgallerie,
für die vaterländische Alterthumssammlung, für Rciseuntcrstützungcn junger Künstler u. f. w.
ausgesetzt ist, beträgt 17,95ö Fi.
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[0370] eine große Zahl localer Gesetzentwürfe zu erledigen hat, ist er einer langen Dauer sicher. Auch wird es ihm nicht an mannigfachem Interesse fehlen, wenn gleich seine Bedeutung sich wesentlich auf innere Fragen beschränkt. Das Bud¬ get für die nächste dreijährige Verwilligungsperiode, das indessen noch nicht festgestellt ist, wird, wie man hört, sehr günstige Ziffern aufweisen. Die Finanz- krast des Landes hebt sich von Jahr zu Jahr, und die Erträgnisse aus den Steuern wie aus dem Staatsvermögen sind in fortwährender Zunahme be¬ griffen. Auch diesmal, wie seit einer Reihe von Jahren, wird die Regierung bei ihrer Rechnungsablage einen namhaften Ueberschuß über die Voranschläge der sogenannten Nestverwaltung überweisen können. Interessant ist, was aus einer kürzlich veröffentlichten statistischen Uebersicht hervorgeht, daß in zwei De¬ partements seit den zwanziger Jahren die Ausgaben sich nicht nur nicht er¬ höht, sondern, hauptsächlich durch Einziehung überflüssiger Stellen, eher ver¬ mindert haben: in der Finanzverwaltung und im auswärtigen Departement. Neue Anforderungen an die Staatsträfte werden diesmal hauptsächlich von Seiten des Cultusministers gemacht werden, der in seinem Departement Manches nachzuholen hat. Die Kosten der Universität*) sind natürlich fort¬ während im Steigen, und man weih, daß Staatsrath v. Golther, dessen Thä¬ tigkeit überhaupt allgemein Anerkennung findet, ihr seine besondere Sorgfalt zuwendet. Mit den Berufungen hat er freilich nicht immer Glück gehabt, und eine „Celebrität" zu gewinnen, wie es schon lange seine Absicht ist, ist ihm bis jetzt nicht gelungen. Zu spät macht man jetzt die Erfahrung, daß die selbst¬ verschuldeten Verluste — man denke nur an Robert Mohl, Bischer, Zeller, Reyscher — sich schwer wieder ersetzen lassen, und daß sie um so empfindlicher sind, als bei den beschränkten Mitteln des kleinen Landes Namen erster Größe von auswärts sehr schwer sich gewinnen lassen. Ein anderes Capitel, das dringend weitere Mittel erheischt, sind die Kunstangclegenheiten. welche bis jetzt sehr dürftig ausgestattet sind**). Da ferner die Lage der Pfarrer und Schul¬ lehrer aufgebessert werden soll und endlich der Bau mehrer Staatsgebäude unaufschiebbar ist, wird der Departementsvorstand seine ganze Popularität nöthig haben, um alle seine Positionen durchzuringen. Ein Gesetzentwurf, den derselbe bezüglich der bürgerlichen Gleichstellung der Israeliten mit den übrigen Staatsbürgern eingebracht hat, und der eine Verfassungsänderung in- volvirt, wird Wohl ohne vielen Widerspruch genehmigt werden. ") Nach dem letzte» Etat 18K1—18L4 beträgt die jährliche Summe für Universitätszwecke INi.OON Fi. Die jährliche Summe, die im bisherigen Etat für die Kunstschule und Staatsgallerie, für die vaterländische Alterthumssammlung, für Rciseuntcrstützungcn junger Künstler u. f. w. ausgesetzt ist, beträgt 17,95ö Fi.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/370>, abgerufen am 15.01.2025.