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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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wurde ihm das junge Herz durch die warme Theilnahme, welche in seinem
Hause der politische Kampf aufregte, gefestigt. Denn der Herzog von Augusten¬
burg war in der schleswigschen Ständeversammlung einer der eifrigsten Ver¬
treter der Landesrechte und längst von den Herrschern Dänemarks angefeindet.
Seit dem Jahre 1842 nahm der Herzog seine Söhne, damals von dreizehn und
eilf Jahren, jedesmal mit nach Schleswig, so oft dort die Ständeversammlung
zusammentrat. Und während der junge Fürst den Druck fühlte, welcher von
Dänemark auf die Herzogthümer geübt wurde, befestigte sich schon damals in
ihm die Ueberzeugung, daß aus der Verbindung der Herzogthümer mit Däne¬
mark nimmer Heil entstehen könne, und daß die Erbrechte seines Hauses da¬
durch wichtig werden müßten, weil durch sie das Mittel gegeben sei, die Her¬
zogthümer aus diesen unheilbringenden Banden zu befreien.

Das Jahr 1848 fand den Erbprinzen im elterlichen Hause, im Begriff
mit seinem Bruder die Universität Bonn zu beziehen. Da traf die Nachricht
ein von der Proclamirung der provisorischen Regierung zu Kiel, und von der
Stellung, welche der Oheim des jungen Fürsten, der Prinz von Noer, zu der
Erhebung des Landes eingenommen hatte. Es war am 2S. März, als die erste
Kunde von dem ausgebrochenen Streit durch einen Handlungsreisender in das
Schloß Augustenburg getragen wurde. Der Herzog von Augustenburg war ab¬
wesend, um in Berlin die Hilfe des Königs für die bedrohte Lage des Lan¬
des in Anspruch zu nehmen. Die Kunde überraschte die Herzogin und die Fa¬
milie um so mehr, als man von den Ereignissen der letzten Tage nur sehr
oberflächliche Kenntniß hatte.

Die Aufregung war-groß, die Familie wußte wohl, was ihr angedroht
war. Denn der neue dänische Kriegsminister, frühere Capitän Tscherning, der
durch die Casinobewegung zu Kopenhagen in die Negierung gekommen war,
ein fanatischer Däne, excentrischer, aber offener Charakter, hatte schon mehre
Jahre vorher bei einem Besuche auf Augustenburg dem Herzog erklärt, sein
erster Schritt, falls er einmal die Macht dazu erhalte, werde sein, dänische
Kriegsschiffe nach Alsen zu schicken und den Herzog und seine Familie aufzu-
heben. Und es war nicht das erste Mal, daß die Dänen so gegen die herzog¬
liche Familie verfuhren. Im Jahr 1811 war der von König Karl dem Achten
von Schweden adoptirte Onkel des Herzogs von Augustenburg, Christian August,
als Kronprinz in Schweden gestorben, da hatten König und Reichstag in
Schweden den Vater des Herzogs von Augustenburg zum Kronprinzen von
Schweden erwählt. Aber schon damals hatte König Friedrich der Sechste von
Dänemark, der für sich selbst die schwedische Krone zu gewinnen hoffte, Kriegs¬
schiffe nach Alsen geschickt, den Herzog auf der Insel eingeschlossen und an der
Abreise verhindert. Deshalb galt es zunächst, für die Sicherheit der Familie,
auch der fürstlichen Frauen zu sorgen. Für den Prinzen und seinen Bruder


wurde ihm das junge Herz durch die warme Theilnahme, welche in seinem
Hause der politische Kampf aufregte, gefestigt. Denn der Herzog von Augusten¬
burg war in der schleswigschen Ständeversammlung einer der eifrigsten Ver¬
treter der Landesrechte und längst von den Herrschern Dänemarks angefeindet.
Seit dem Jahre 1842 nahm der Herzog seine Söhne, damals von dreizehn und
eilf Jahren, jedesmal mit nach Schleswig, so oft dort die Ständeversammlung
zusammentrat. Und während der junge Fürst den Druck fühlte, welcher von
Dänemark auf die Herzogthümer geübt wurde, befestigte sich schon damals in
ihm die Ueberzeugung, daß aus der Verbindung der Herzogthümer mit Däne¬
mark nimmer Heil entstehen könne, und daß die Erbrechte seines Hauses da¬
durch wichtig werden müßten, weil durch sie das Mittel gegeben sei, die Her¬
zogthümer aus diesen unheilbringenden Banden zu befreien.

Das Jahr 1848 fand den Erbprinzen im elterlichen Hause, im Begriff
mit seinem Bruder die Universität Bonn zu beziehen. Da traf die Nachricht
ein von der Proclamirung der provisorischen Regierung zu Kiel, und von der
Stellung, welche der Oheim des jungen Fürsten, der Prinz von Noer, zu der
Erhebung des Landes eingenommen hatte. Es war am 2S. März, als die erste
Kunde von dem ausgebrochenen Streit durch einen Handlungsreisender in das
Schloß Augustenburg getragen wurde. Der Herzog von Augustenburg war ab¬
wesend, um in Berlin die Hilfe des Königs für die bedrohte Lage des Lan¬
des in Anspruch zu nehmen. Die Kunde überraschte die Herzogin und die Fa¬
milie um so mehr, als man von den Ereignissen der letzten Tage nur sehr
oberflächliche Kenntniß hatte.

Die Aufregung war-groß, die Familie wußte wohl, was ihr angedroht
war. Denn der neue dänische Kriegsminister, frühere Capitän Tscherning, der
durch die Casinobewegung zu Kopenhagen in die Negierung gekommen war,
ein fanatischer Däne, excentrischer, aber offener Charakter, hatte schon mehre
Jahre vorher bei einem Besuche auf Augustenburg dem Herzog erklärt, sein
erster Schritt, falls er einmal die Macht dazu erhalte, werde sein, dänische
Kriegsschiffe nach Alsen zu schicken und den Herzog und seine Familie aufzu-
heben. Und es war nicht das erste Mal, daß die Dänen so gegen die herzog¬
liche Familie verfuhren. Im Jahr 1811 war der von König Karl dem Achten
von Schweden adoptirte Onkel des Herzogs von Augustenburg, Christian August,
als Kronprinz in Schweden gestorben, da hatten König und Reichstag in
Schweden den Vater des Herzogs von Augustenburg zum Kronprinzen von
Schweden erwählt. Aber schon damals hatte König Friedrich der Sechste von
Dänemark, der für sich selbst die schwedische Krone zu gewinnen hoffte, Kriegs¬
schiffe nach Alsen geschickt, den Herzog auf der Insel eingeschlossen und an der
Abreise verhindert. Deshalb galt es zunächst, für die Sicherheit der Familie,
auch der fürstlichen Frauen zu sorgen. Für den Prinzen und seinen Bruder


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[0358] wurde ihm das junge Herz durch die warme Theilnahme, welche in seinem Hause der politische Kampf aufregte, gefestigt. Denn der Herzog von Augusten¬ burg war in der schleswigschen Ständeversammlung einer der eifrigsten Ver¬ treter der Landesrechte und längst von den Herrschern Dänemarks angefeindet. Seit dem Jahre 1842 nahm der Herzog seine Söhne, damals von dreizehn und eilf Jahren, jedesmal mit nach Schleswig, so oft dort die Ständeversammlung zusammentrat. Und während der junge Fürst den Druck fühlte, welcher von Dänemark auf die Herzogthümer geübt wurde, befestigte sich schon damals in ihm die Ueberzeugung, daß aus der Verbindung der Herzogthümer mit Däne¬ mark nimmer Heil entstehen könne, und daß die Erbrechte seines Hauses da¬ durch wichtig werden müßten, weil durch sie das Mittel gegeben sei, die Her¬ zogthümer aus diesen unheilbringenden Banden zu befreien. Das Jahr 1848 fand den Erbprinzen im elterlichen Hause, im Begriff mit seinem Bruder die Universität Bonn zu beziehen. Da traf die Nachricht ein von der Proclamirung der provisorischen Regierung zu Kiel, und von der Stellung, welche der Oheim des jungen Fürsten, der Prinz von Noer, zu der Erhebung des Landes eingenommen hatte. Es war am 2S. März, als die erste Kunde von dem ausgebrochenen Streit durch einen Handlungsreisender in das Schloß Augustenburg getragen wurde. Der Herzog von Augustenburg war ab¬ wesend, um in Berlin die Hilfe des Königs für die bedrohte Lage des Lan¬ des in Anspruch zu nehmen. Die Kunde überraschte die Herzogin und die Fa¬ milie um so mehr, als man von den Ereignissen der letzten Tage nur sehr oberflächliche Kenntniß hatte. Die Aufregung war-groß, die Familie wußte wohl, was ihr angedroht war. Denn der neue dänische Kriegsminister, frühere Capitän Tscherning, der durch die Casinobewegung zu Kopenhagen in die Negierung gekommen war, ein fanatischer Däne, excentrischer, aber offener Charakter, hatte schon mehre Jahre vorher bei einem Besuche auf Augustenburg dem Herzog erklärt, sein erster Schritt, falls er einmal die Macht dazu erhalte, werde sein, dänische Kriegsschiffe nach Alsen zu schicken und den Herzog und seine Familie aufzu- heben. Und es war nicht das erste Mal, daß die Dänen so gegen die herzog¬ liche Familie verfuhren. Im Jahr 1811 war der von König Karl dem Achten von Schweden adoptirte Onkel des Herzogs von Augustenburg, Christian August, als Kronprinz in Schweden gestorben, da hatten König und Reichstag in Schweden den Vater des Herzogs von Augustenburg zum Kronprinzen von Schweden erwählt. Aber schon damals hatte König Friedrich der Sechste von Dänemark, der für sich selbst die schwedische Krone zu gewinnen hoffte, Kriegs¬ schiffe nach Alsen geschickt, den Herzog auf der Insel eingeschlossen und an der Abreise verhindert. Deshalb galt es zunächst, für die Sicherheit der Familie, auch der fürstlichen Frauen zu sorgen. Für den Prinzen und seinen Bruder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/358>, abgerufen am 15.01.2025.