Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Als ein neues Gesetz konnte diese Aeußerung des Ministers nicht gelten "Friedrich Franz :c. In Betracht der für die innere Ruhe und Ordnung 1) Die Abhaltung von öffentlichen Versammlungen zu politischen Zwecken, 2) Dasselbe ist ermächtigt, diejenigen jetzt vorhandenen politischen Vereine, 3) Wer an Versammlungen oder Vereinen, welche die unter I) gedachte Als ein neues Gesetz konnte diese Aeußerung des Ministers nicht gelten „Friedrich Franz :c. In Betracht der für die innere Ruhe und Ordnung 1) Die Abhaltung von öffentlichen Versammlungen zu politischen Zwecken, 2) Dasselbe ist ermächtigt, diejenigen jetzt vorhandenen politischen Vereine, 3) Wer an Versammlungen oder Vereinen, welche die unter I) gedachte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116269"/> <p xml:id="ID_1168"> Als ein neues Gesetz konnte diese Aeußerung des Ministers nicht gelten<lb/> wollen, da es ihr dazu an allen formellen Bedingungen fehlte. Ihre Bedeu¬<lb/> tung konnte daher nur darin liegen, daß sie bestehende Gesetze in Erinnerung<lb/> brachte und gegen deren Übertretung warnte. Eben in diesem Punkte aber<lb/> diente sie gerade als Beweis, daß ein gesetzliches Hinderniß dem Anschluß an<lb/> den Nationalverein nicht entgegenstehe, da die beiden Gesetze, auf welche der<lb/> Minister sich beruft, auf den vorliegenden Fall keine Anwendung leiden. Der<lb/> unter dem 20. September 1836 in Mecklenburg-Schwerin publicirte Beschluß<lb/> der deutschen Bundesversammlung handelt von hochverräterischen Unterneh¬<lb/> mungen gegen den deutschen Bund und von der gegenseitigen Verpflichtung der<lb/> deutschen Bundesstaaten zur Auslieferung politischer Verbrecher, ist also selbst¬<lb/> verständlich auf einen Verein nicht anwendbar, welcher das Ziel der Umgestal¬<lb/> tung der deutschen Bundesverfassung nur mit gesetzlichen Mitteln und im Wege<lb/> der Ueberzeugung erstrebt, und im Bewußtsein der guten und gerechten Sache,<lb/> die er vertritt, allen seinen Schritten stets die größte Oeffentlichkeit zu geben<lb/> sich bemüht.' Nicht anders steht es mit der grohherzoglicben Verordnung vom<lb/> 27. Januar 18S1, auf welche der Minister Bezug nimmt. Diese Verordnung,<lb/> eines der ersten Werte der Reaction nach Aufhebung des Staatsgrundgesetzes<lb/> vom 10. October 1849, leidet nicht nur an dem formellen Mangel, daß die<lb/> Zustimmung der Landesvertretung zu derselben nicht eingeholt worden ist, weder<lb/> der berechtigten, am 24. September 1830 durch polizeiliche Gewalt gesprengten,<lb/> noch der factisch an deren Stelle getretenen, sondern ist auch ihrem Inhalte<lb/> nach für den Zweck, für welchen das Publicandum vom 1. October 1859 sie<lb/> glaubt verwerthen zu könnsn, nicht brauchbar, wie sich aus nachstehender Mit¬<lb/> theilung des Wortlauts derselben ergibt:</p><lb/> <p xml:id="ID_1169"> „Friedrich Franz :c. In Betracht der für die innere Ruhe und Ordnung<lb/> Unseres Landes verderblichen Einflüsse, welche öffentliche Versammlungen und<lb/> Vereine zu politischen Zwecken in den letztverflossenen Jahren ausgeübt haben<lb/> und auszuüben noch jetzt fortfahren, verordnen Wir wie folgt:</p><lb/> <p xml:id="ID_1170"> 1) Die Abhaltung von öffentlichen Versammlungen zu politischen Zwecken,<lb/> oder die Bildung von Vereinen zu politischen Zwecken darf nur mit Genehmi¬<lb/> gung Unseres Ministeriums des Innern geschehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1171"> 2) Dasselbe ist ermächtigt, diejenigen jetzt vorhandenen politischen Vereine,<lb/> von deren Wirksamkeit ein nachtheiliger Einfluß auf die Ruhe und den inneren<lb/> Frieden des Landes zu besorgen ist, sofort zu verbieten und alle zu deren Auf¬<lb/> lösung erforderlichen Maßregeln zu treffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1172" next="#ID_1173"> 3) Wer an Versammlungen oder Vereinen, welche die unter I) gedachte<lb/> Genehmigung nicht erhalten haben, oder welche auf Grund der Bestimmung<lb/> unter 2) ausdrücklich verboten worden sind, Theil nimmt, oder solche Versamm¬<lb/> lungen oder Vereine zu bilden versucht, verfällt, neben jeder sonst etwa be-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
Als ein neues Gesetz konnte diese Aeußerung des Ministers nicht gelten
wollen, da es ihr dazu an allen formellen Bedingungen fehlte. Ihre Bedeu¬
tung konnte daher nur darin liegen, daß sie bestehende Gesetze in Erinnerung
brachte und gegen deren Übertretung warnte. Eben in diesem Punkte aber
diente sie gerade als Beweis, daß ein gesetzliches Hinderniß dem Anschluß an
den Nationalverein nicht entgegenstehe, da die beiden Gesetze, auf welche der
Minister sich beruft, auf den vorliegenden Fall keine Anwendung leiden. Der
unter dem 20. September 1836 in Mecklenburg-Schwerin publicirte Beschluß
der deutschen Bundesversammlung handelt von hochverräterischen Unterneh¬
mungen gegen den deutschen Bund und von der gegenseitigen Verpflichtung der
deutschen Bundesstaaten zur Auslieferung politischer Verbrecher, ist also selbst¬
verständlich auf einen Verein nicht anwendbar, welcher das Ziel der Umgestal¬
tung der deutschen Bundesverfassung nur mit gesetzlichen Mitteln und im Wege
der Ueberzeugung erstrebt, und im Bewußtsein der guten und gerechten Sache,
die er vertritt, allen seinen Schritten stets die größte Oeffentlichkeit zu geben
sich bemüht.' Nicht anders steht es mit der grohherzoglicben Verordnung vom
27. Januar 18S1, auf welche der Minister Bezug nimmt. Diese Verordnung,
eines der ersten Werte der Reaction nach Aufhebung des Staatsgrundgesetzes
vom 10. October 1849, leidet nicht nur an dem formellen Mangel, daß die
Zustimmung der Landesvertretung zu derselben nicht eingeholt worden ist, weder
der berechtigten, am 24. September 1830 durch polizeiliche Gewalt gesprengten,
noch der factisch an deren Stelle getretenen, sondern ist auch ihrem Inhalte
nach für den Zweck, für welchen das Publicandum vom 1. October 1859 sie
glaubt verwerthen zu könnsn, nicht brauchbar, wie sich aus nachstehender Mit¬
theilung des Wortlauts derselben ergibt:
„Friedrich Franz :c. In Betracht der für die innere Ruhe und Ordnung
Unseres Landes verderblichen Einflüsse, welche öffentliche Versammlungen und
Vereine zu politischen Zwecken in den letztverflossenen Jahren ausgeübt haben
und auszuüben noch jetzt fortfahren, verordnen Wir wie folgt:
1) Die Abhaltung von öffentlichen Versammlungen zu politischen Zwecken,
oder die Bildung von Vereinen zu politischen Zwecken darf nur mit Genehmi¬
gung Unseres Ministeriums des Innern geschehen.
2) Dasselbe ist ermächtigt, diejenigen jetzt vorhandenen politischen Vereine,
von deren Wirksamkeit ein nachtheiliger Einfluß auf die Ruhe und den inneren
Frieden des Landes zu besorgen ist, sofort zu verbieten und alle zu deren Auf¬
lösung erforderlichen Maßregeln zu treffen.
3) Wer an Versammlungen oder Vereinen, welche die unter I) gedachte
Genehmigung nicht erhalten haben, oder welche auf Grund der Bestimmung
unter 2) ausdrücklich verboten worden sind, Theil nimmt, oder solche Versamm¬
lungen oder Vereine zu bilden versucht, verfällt, neben jeder sonst etwa be-
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