Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Ueber ein Denkmal für Jacob Grimm. Unmittelbar nach dem Tode Jacob Grimms wurde von verschiedenen Sei- Ferner aber wird von entscheidenden Gewicht, daß Jacob Grimm dieselbe Endlich erweisen sich gerade in diesem Falle anderweitige Vorschläge, In Meißen war, wie verlautet, von einem Grabdenkmal für den Geschie¬ Ein anderer Vorschlag, der gemacht werden könnte, wäre, wie bei Hum¬ Ueber ein Denkmal für Jacob Grimm. Unmittelbar nach dem Tode Jacob Grimms wurde von verschiedenen Sei- Ferner aber wird von entscheidenden Gewicht, daß Jacob Grimm dieselbe Endlich erweisen sich gerade in diesem Falle anderweitige Vorschläge, In Meißen war, wie verlautet, von einem Grabdenkmal für den Geschie¬ Ein anderer Vorschlag, der gemacht werden könnte, wäre, wie bei Hum¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0309" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116237"/> </div> <div n="1"> <head> Ueber ein Denkmal für Jacob Grimm.</head><lb/> <p xml:id="ID_1045"> Unmittelbar nach dem Tode Jacob Grimms wurde von verschiedenen Sei-<lb/> ten, zunächst von zwei namhaften Gelehrten, an die Ehrenpflicht gemahnt,<lb/> welche das deutsche Volk gegen den Begründer der deutschen Alterthumswissen¬<lb/> schaft zu erfüllen habe; auf der Philologenversammlung in Meißen wurde die¬<lb/> selbe Angelegenheit zur Sprache gebracht und eine Commission erwählt, welche<lb/> dahin zielende Vorschläge machen, resp, Sammlungen einleiten sollte. Die an¬<lb/> geregte Frage, wie das deutsche Volk der genialen Kraft eines Mannes, der<lb/> weit über die Kreise des Gelehrtenstandes segensreiche Einwirkung ausgeübt<lb/> hat, nach seinem Tode Dank und Anerkennung auszudrücken habe, ist an sich<lb/> leicht zu beantworten. Die Statue, für unser Klima aus Erz, durch Beiträge<lb/> der Nation errichtet, an öffentlichem Platze aufgestellt, gilt auch bei uns für<lb/> die höchste Ehre des Todten. Und wenn bereits hier und da — nicht durch<lb/> das Volk, wohl aber durch die Fürsten — Mißbrauch mit monumentalen Stand¬<lb/> bildern getrieben worden ist, so darf das kein Grund sein, dieselbe Ehre, wo<lb/> sie nach der Empfindung einer ganzen Nation verdient ist, unpopulär zu<lb/> machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1046"> Ferner aber wird von entscheidenden Gewicht, daß Jacob Grimm dieselbe<lb/> Auffassung von der Bedeutung eines Standbildes gehabt und z. B. aus¬<lb/> gesprochen hat, wie es ein Unrecht sei, daß Schmeller diese Ehre in München<lb/> entbehre. — Auch vom Standpunkt der Kunst darf geltend gemacht werden,<lb/> daß die Persönlichkeit Jacob Grimms allerdings eine geeignete Aufgabe für den<lb/> Bildhauer wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1047"> Endlich erweisen sich gerade in diesem Falle anderweitige Vorschläge,<lb/> welche hier und da gemacht sind, als nicht ausführbar oder unbefriedigend.</p><lb/> <p xml:id="ID_1048"> In Meißen war, wie verlautet, von einem Grabdenkmal für den Geschie¬<lb/> denen die Rede. Aber für ein Denkmal aus dem Friedhofe kann man in klei¬<lb/> nerem Kreise von Freunden und persönlichen Verehrern Beiträge zusammen¬<lb/> schießen, man darf für solchen Zweck nicht vierzig Millionen Deutsche zu Bei¬<lb/> trägen auffordern. Außerdem hat Jacob Grimm dem Vernehmen nach sich selbst<lb/> nur eiMn einfachen Stein auf dem Grabe gewünscht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1049" next="#ID_1050"> Ein anderer Vorschlag, der gemacht werden könnte, wäre, wie bei Hum¬<lb/> boldt geschehen ist, eine Stiftung zu begründen, welche den Namen des Ver¬<lb/> ewigten trüge. Aber jede solche Stiftung leidet an zwei Uebelständen. Zu¬<lb/> nächst muß man einen würdigen, die Wissenschaft fördernden Zweck erst suchen,<lb/> und obgleich man wohl in jedem Falle einen solchen Zweck zu finden vermag.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0309]
Ueber ein Denkmal für Jacob Grimm.
Unmittelbar nach dem Tode Jacob Grimms wurde von verschiedenen Sei-
ten, zunächst von zwei namhaften Gelehrten, an die Ehrenpflicht gemahnt,
welche das deutsche Volk gegen den Begründer der deutschen Alterthumswissen¬
schaft zu erfüllen habe; auf der Philologenversammlung in Meißen wurde die¬
selbe Angelegenheit zur Sprache gebracht und eine Commission erwählt, welche
dahin zielende Vorschläge machen, resp, Sammlungen einleiten sollte. Die an¬
geregte Frage, wie das deutsche Volk der genialen Kraft eines Mannes, der
weit über die Kreise des Gelehrtenstandes segensreiche Einwirkung ausgeübt
hat, nach seinem Tode Dank und Anerkennung auszudrücken habe, ist an sich
leicht zu beantworten. Die Statue, für unser Klima aus Erz, durch Beiträge
der Nation errichtet, an öffentlichem Platze aufgestellt, gilt auch bei uns für
die höchste Ehre des Todten. Und wenn bereits hier und da — nicht durch
das Volk, wohl aber durch die Fürsten — Mißbrauch mit monumentalen Stand¬
bildern getrieben worden ist, so darf das kein Grund sein, dieselbe Ehre, wo
sie nach der Empfindung einer ganzen Nation verdient ist, unpopulär zu
machen.
Ferner aber wird von entscheidenden Gewicht, daß Jacob Grimm dieselbe
Auffassung von der Bedeutung eines Standbildes gehabt und z. B. aus¬
gesprochen hat, wie es ein Unrecht sei, daß Schmeller diese Ehre in München
entbehre. — Auch vom Standpunkt der Kunst darf geltend gemacht werden,
daß die Persönlichkeit Jacob Grimms allerdings eine geeignete Aufgabe für den
Bildhauer wäre.
Endlich erweisen sich gerade in diesem Falle anderweitige Vorschläge,
welche hier und da gemacht sind, als nicht ausführbar oder unbefriedigend.
In Meißen war, wie verlautet, von einem Grabdenkmal für den Geschie¬
denen die Rede. Aber für ein Denkmal aus dem Friedhofe kann man in klei¬
nerem Kreise von Freunden und persönlichen Verehrern Beiträge zusammen¬
schießen, man darf für solchen Zweck nicht vierzig Millionen Deutsche zu Bei¬
trägen auffordern. Außerdem hat Jacob Grimm dem Vernehmen nach sich selbst
nur eiMn einfachen Stein auf dem Grabe gewünscht.
Ein anderer Vorschlag, der gemacht werden könnte, wäre, wie bei Hum¬
boldt geschehen ist, eine Stiftung zu begründen, welche den Namen des Ver¬
ewigten trüge. Aber jede solche Stiftung leidet an zwei Uebelständen. Zu¬
nächst muß man einen würdigen, die Wissenschaft fördernden Zweck erst suchen,
und obgleich man wohl in jedem Falle einen solchen Zweck zu finden vermag.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |