Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Recensionen in die Leipziger Literaturzeitung von 1812 und 1813. Auf einige Ueberblicken wir was Grimm bisher allein und in Gemeinschaft mit sei¬ Mit dem Jahre 1816 tritt abermals eine Pause in Grimms literarischer jedem Deutschen schmerzhaft sein müssen, zumal jetzt, aus einer neulich erschienenen öffent¬ lichen Verordnung der dänischen Regierung zu ersehen, dech in den ihr untergebenen deutsch- redendcn Ländern die deutsche Sprache nach und nach gedrückt und wohl unterdrückt werden soll!" Gedruckt im Jahre 1812. Grenzboten IV. 1863. 37
Recensionen in die Leipziger Literaturzeitung von 1812 und 1813. Auf einige Ueberblicken wir was Grimm bisher allein und in Gemeinschaft mit sei¬ Mit dem Jahre 1816 tritt abermals eine Pause in Grimms literarischer jedem Deutschen schmerzhaft sein müssen, zumal jetzt, aus einer neulich erschienenen öffent¬ lichen Verordnung der dänischen Regierung zu ersehen, dech in den ihr untergebenen deutsch- redendcn Ländern die deutsche Sprache nach und nach gedrückt und wohl unterdrückt werden soll!" Gedruckt im Jahre 1812. Grenzboten IV. 1863. 37
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Recensionen in die Leipziger Literaturzeitung von 1812 und 1813. Auf einige
dieser Aufsähe werden wir noch zurückzudeuten haben, im Allgemeinen haben
sie natürlich keinen großen präsenten Werth mehr. Ihr Interesse für uns be¬
ruht hauptsächlich darauf, daß wir in ihnen die ungemein vielseitigen und gründ¬
lichen Studien verfolgen können, denen Grimm ununterbrochen oblag, und daß
wir einer Reihe von Gedanken und Anregungen begegnen, die seitdem eben
durch Grimm Allgemeingut unserer Wissenschaft und Grundlagen für den Fort¬
bau in derselben geworden, sind. — An dieser Stelle sei noch der Bemühungen
gedacht, denen Grimm sich zu unterziehen hatte, als er 1815 nach der zweiten
Einnahme von Paris von der preußischen Regierung abgesandt war, die in
verschiedenen Gegenden Preußens geraubten Handschriften in Paris zu ermitteln
und zurückzuverlangen. Er entledigte sich des schmierigen Auftrages mit vielem
Geschick, so daß der Fürst von Hardenberg ihm in einem besondern Schreiben
einen Dank aussprach. Leider und zu seinem großen Bedauern gelang es
Grimm nicht, auch die große sogenannte Manessische Liederhandschrift unserm
Vaterlande zurückzugewinnen.
Ueberblicken wir was Grimm bisher allein und in Gemeinschaft mit sei¬
nem Bruder geleistet hatte, so müssen wir zugeben, daß es genügend war, um
mit Ehren die Leistungen eines Gelehrtcnlebens auszumachen. Für Jacob
Grimm aber sind alle diese Arbeiten nur Vorspiele gewesen zu größeren Tha¬
ten des Geistes. Ja. so bedeutend sind die nun folgenden Fundamental«
werte ausgefallen, daß wir die gesammte voraufliegende Thätigkeit ganz naiv
als etwas Antediluvianisches zu vergessen und ihm gar nicht weiter anzurechnen
Pflegen.
Mit dem Jahre 1816 tritt abermals eine Pause in Grimms literarischer
Thätigkeit ein. Alle seine Kräfte werden jetzt concentrirt auf ein Hauptwerk,
die deutsche Grammatik, deren Vorarbeiten bereits hier und da in den
altdeutschen Wäldern, besonders aber in der Recension über Nasks Grammatik
zum Vorschein gekommen waren. Kurz vor ihrem Erscheinen hatte er noch
einen Strauß mit Jean Paul auszufechten, den er 1819 im zweiten Bande
des Hermes wegen seiner barocken Ideen in Betreff der Doppelwörter zur
Rede stellte. Er hatte bei dieser Gelegenheit bereits den epochemachenden Satz
ausgesprochen: „Seine Regel kann nicht zutreffen, weil er die Sprache wie
etwas von heute betrachtet, folglich den Ursprung und Fortgang ihrer mannig¬
faltigen Aeußerungen zu verstehen nicht im Stande ist. Er sieht bunte Ver-
jedem Deutschen schmerzhaft sein müssen, zumal jetzt, aus einer neulich erschienenen öffent¬
lichen Verordnung der dänischen Regierung zu ersehen, dech in den ihr untergebenen deutsch-
redendcn Ländern die deutsche Sprache nach und nach gedrückt und wohl unterdrückt werden
soll!" Gedruckt im Jahre 1812.
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