Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.den fiebern Besitz jener Mittel ein für alle Mal für die Kunst erworben haben? Die verschiedenen Richtungen, von denen bisher die Rede war, haben es Im Sitten bilde hat es die ältere Richtung nicht so sehr auf die Be¬ den fiebern Besitz jener Mittel ein für alle Mal für die Kunst erworben haben? Die verschiedenen Richtungen, von denen bisher die Rede war, haben es Im Sitten bilde hat es die ältere Richtung nicht so sehr auf die Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0256" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116184"/> <p xml:id="ID_911" prev="#ID_910"> den fiebern Besitz jener Mittel ein für alle Mal für die Kunst erworben haben?<lb/> Und glücklicher Weise, wieder geht neuerdings der Zug der deutschen Maler<lb/> nach Italien, nachdem sie in dem Geschick der belgischen und französischen<lb/> Spulen, die allerdings in der Kenntniß und Uebung der Darstellungsmittel<lb/> pen deutschen weit voran sind, doch auch nicht den Schlüssel zum Geheimniß<lb/> der Kunst gefunden haben. Wenn sie sich diesmal an die großen und freien<lb/> Gestalten der vollendeten Zeit halten und nicht in einen absonderlichen Ge¬<lb/> schmack oder eine unreine Empfindung'verfallen, wie früher die von der süßen<lb/> Frömmigkeit der umbrischen Schule erhitzten Nazarener- so wird vielleicht die<lb/> deutsche Malerei nach mancherlei Irrgängen dem rechten Ziele endlich näher<lb/> kommen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_912"> Die verschiedenen Richtungen, von denen bisher die Rede war, haben es<lb/> auf eine Erneuerung der Malerei überhaupt abgesehen; sie versuchen sich daher<lb/> in allen Gattungen und namentlich auf dem größeren Felde der sogenannten<lb/> historischen Kunst, wenn auch dieser mehr als je' ein bestimmter der Phantasie<lb/> überlieferter Inhalt mangelt. Daneben gehen Sittenbild und Landschaft,<lb/> von Anfang an von der Neuzeit mit besonderer Vorliebe gepflegt und ausge¬<lb/> bildet, durch geschlossene Künfllergruppen vertreten ihren selbständigen Weg und<lb/> sind daher, soweit sie auf der Ausstellung den Charakter der Gegenwart dar-<lb/> stellicu, am besten gesondert zu betrachten. Doch werden wir auch hier ähnliche<lb/> Gegensätze wie ^dort finden; nur daß in diesen Gattungen die ältere Schule<lb/> bei weitem reichlicher vertreten und so neben den Leistungen der Neueren mehr<lb/> zu beachten ist. Auch hier indessen sind uns die einzelnen Werke nur bezeich¬<lb/> nende Beispiele dieser oder jener Richtung; denn da sich die wiener Schule<lb/> gar nicht, die berliner und düsseldorscr nur sehr unvollständig an der Aus¬<lb/> stellung betheiligt hatten, so kann von einem Gesammtüberblick über die neuere<lb/> deutsche Genre- und Landschaftsmalerei keine Rede sein. Dagegen hatten sich<lb/> mehre Werke fremder Schulen eingefunden, deren Betrachtung neben den<lb/> deutschen von Interesse ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_913" next="#ID_914"> Im Sitten bilde hat es die ältere Richtung nicht so sehr auf die Be¬<lb/> deutung des Inhalts abgesehen, als im großen Figurenbilve; das brachte schon<lb/> die Eigenthümlichkeit des Genre mit sich, das den Menschen in seinem zustän¬<lb/> digen Dasein, in gewöhnlichen Lebenslagen fast, verflochten in das Treiben<lb/> seiner Zeit und der Gattung. Hier kam es also mehr auf die äußere Erschei¬<lb/> nung an als bei der Darstellung eines Stoffes, der sich gegen seine sichtbare<lb/> Hülle mehr oder minder gleichgiltig verhält. Dennoch fand sich auch hier ein<lb/> stoffliches Interesse, von dem man sich nicht losmachen konnte. Indem man,<lb/> von der Ungunst der gegenwärtigen Culturformen abgestoßen und von der<lb/> historischen Kunst hingerissen, in die Vergangenheit griff, kümmerte man sich<lb/> lebhaft um das Gewand, das dieses und jenes Jahrhundert trug, das alter-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0256]
den fiebern Besitz jener Mittel ein für alle Mal für die Kunst erworben haben?
Und glücklicher Weise, wieder geht neuerdings der Zug der deutschen Maler
nach Italien, nachdem sie in dem Geschick der belgischen und französischen
Spulen, die allerdings in der Kenntniß und Uebung der Darstellungsmittel
pen deutschen weit voran sind, doch auch nicht den Schlüssel zum Geheimniß
der Kunst gefunden haben. Wenn sie sich diesmal an die großen und freien
Gestalten der vollendeten Zeit halten und nicht in einen absonderlichen Ge¬
schmack oder eine unreine Empfindung'verfallen, wie früher die von der süßen
Frömmigkeit der umbrischen Schule erhitzten Nazarener- so wird vielleicht die
deutsche Malerei nach mancherlei Irrgängen dem rechten Ziele endlich näher
kommen. —
Die verschiedenen Richtungen, von denen bisher die Rede war, haben es
auf eine Erneuerung der Malerei überhaupt abgesehen; sie versuchen sich daher
in allen Gattungen und namentlich auf dem größeren Felde der sogenannten
historischen Kunst, wenn auch dieser mehr als je' ein bestimmter der Phantasie
überlieferter Inhalt mangelt. Daneben gehen Sittenbild und Landschaft,
von Anfang an von der Neuzeit mit besonderer Vorliebe gepflegt und ausge¬
bildet, durch geschlossene Künfllergruppen vertreten ihren selbständigen Weg und
sind daher, soweit sie auf der Ausstellung den Charakter der Gegenwart dar-
stellicu, am besten gesondert zu betrachten. Doch werden wir auch hier ähnliche
Gegensätze wie ^dort finden; nur daß in diesen Gattungen die ältere Schule
bei weitem reichlicher vertreten und so neben den Leistungen der Neueren mehr
zu beachten ist. Auch hier indessen sind uns die einzelnen Werke nur bezeich¬
nende Beispiele dieser oder jener Richtung; denn da sich die wiener Schule
gar nicht, die berliner und düsseldorscr nur sehr unvollständig an der Aus¬
stellung betheiligt hatten, so kann von einem Gesammtüberblick über die neuere
deutsche Genre- und Landschaftsmalerei keine Rede sein. Dagegen hatten sich
mehre Werke fremder Schulen eingefunden, deren Betrachtung neben den
deutschen von Interesse ist.
Im Sitten bilde hat es die ältere Richtung nicht so sehr auf die Be¬
deutung des Inhalts abgesehen, als im großen Figurenbilve; das brachte schon
die Eigenthümlichkeit des Genre mit sich, das den Menschen in seinem zustän¬
digen Dasein, in gewöhnlichen Lebenslagen fast, verflochten in das Treiben
seiner Zeit und der Gattung. Hier kam es also mehr auf die äußere Erschei¬
nung an als bei der Darstellung eines Stoffes, der sich gegen seine sichtbare
Hülle mehr oder minder gleichgiltig verhält. Dennoch fand sich auch hier ein
stoffliches Interesse, von dem man sich nicht losmachen konnte. Indem man,
von der Ungunst der gegenwärtigen Culturformen abgestoßen und von der
historischen Kunst hingerissen, in die Vergangenheit griff, kümmerte man sich
lebhaft um das Gewand, das dieses und jenes Jahrhundert trug, das alter-
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