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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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an, sie sind unsicher und verworren. Das dritte aber, das Portrait L. von
Hagns ist ein glücklicher Wurf, in dem der Künstler seiner Herr war. und eines
der Bilder, die sich auf der Ausstellung auezeichneten. Hier ist das Original
in der energischen Sammlung seines Wesens, in einem vollen ungebrochenen
Momente des Daseins so vergegenwärtigt, dabei die Auffassung so schmucklos.
daß wir an die besten holländischen Portraits erinnert werden. Sieht man
daneben die Bildnisse von Erich Correns. der die Individualität zu einer
eleganten koketten Salon-Erscheinung verflacht, und von Friedrich Kaulbach,
der bei soliderer Behandlung doch auch nur das äußere Modell gibt, so zeigt
sich schlagend genug der Unterschied zwischen der künstlerischen Anschauung und
einer zwar gewandten, aber nüchternen und durchaus modernen Manier. Doch
will Lenbach noch mehr als mit geistvollen Verständniß sein Original wieder¬
geben. Er sucht es in einer besondern Beleuchtung durchaus malerisch zu be¬
handeln, nicht in der Weise allein, daß dadurch der Ausdruck des innern
Lebens erhöht würde, sondern in der Absicht, im Jneinanderspiel von Licht
und Schatten und im Gesammtton einen ganz eigenen Zauber, eine geheim¬
nißvolle coloristische Stimmung hervorzubringen. Dazu scheint es, wie wenn
dieser Eindruck durch die technische Behandlung, die Bravour der das Material
keck beherrschenden Hand noch verstärkt werden soll. Ist das anzuerkennen, daß
Lenbach auch im einfachsten Borwurf, dem Portrait, das Höchste der Kunst zu
erreichen sucht, so ist doch dies bedenklich, daß er auf die Selbständigkeit des
malerischen Reizes ein so großes Gewicht legt. Der ganzen Richtung liegt,
wie wir sehen werden, die Gefahr nahe, über dem Streben nach einer vom
Gegenstände unabhängigen Farbenwirkung die Einfachheit der Anschauung und
die Klarheit der Gestaltung einzubüßen. Was Lenbach selber anlangt, so kann
ihn eine -solche BeHandlungsweise, einseitig ausgebildet, zu barocker Auffassung
und einer kraftlosen meh-elhaften Formengebung führen. Gerade ein solches
Talent bedarf in den Schwankungen der gegenwärtigen Kunst, bei dem Mangel
aller lebendigen Ueberlieferung doppelt des festen Haltes, den nur das Studium
der großen Muster gewährt.

Zu dieser Gruppe gehört noch A. B ö et l i n, der es namentlich in der Land¬
schaft versucht, der Natur durch die malerische Behandlung den Ausdruck einer
eigenthümlichen und ergreifenden Stimmung zu geben. Böcklin, nicht minder
begabt als die Vorhergehenden, hat dies vor ihnen voraus, daß er es schon zu
einer gewissen Meisterschaft in der Darstellung gebracht hat. Er hat die Natur
mit künstlerischem Auge gesehen und weiß ihre großen Züge, wie die Mannig¬
faltigkeit ihres Details in dem elementaren Leben von Licht und Luft zu einer
Gesammtwirkung zusammenzustimmen, die in dem Beschauer eine eigene träu¬
merische Empfindung erregt. Sein schönstes Bild dieser Art ist Wohl das in
der Galerie des Baron von Schack in München: eine im südlichen'Charakter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/252>, abgerufen am 25.01.2025.