Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

thums, welcher bei der allgemeinen Sucht des Volks, schnell reich zu werden,
mit schwindeligster Speculation ungeheure Zinsen zu erwerben strebte. Für
die Industrie, selbst die naturwüchsigste, wurde damit das Capital zu theuer,
und um sich dieses wieder zugänglich zu machen, griff man zu den Schutzzöllen
als dem wirksamsten Mittel. Drittens endlich verarmte ein Freihandel, wie
ihn die Sklavenhalter wollten, das Land, zog eine mächtige Aristokratenkaste
groß, machte die Arbeiter zu Proletariern und demoraiisirte das ganze Volk.
Jene mäßigen Schutzzölle waren somit nöthig als Theile eines politischen
Systems, welches der freien Arbeit! gegenüber der Sklaverei die Herrschaft
sichern sollte.

Wir schließen unsere Auszüge aus dem douaischen Werke mit einem Blick
auf den Ackerbau der Yankees. Derselbe wird mehr als anderswo durch kauf¬
männische Rücksichten bestimmt. In Deutschland hat der Ackerbau sein inwoh-
nendes sittliches Gesetz, der Landmann strebt nach Tüchtigkeit in seiner Arbeit
und findet einen guten Theil seines Lohnes in dem innern Werth derselben.
In Amerika kommt es auf rasche Bewältigung einer rohen und widerspenstigen
Natur an, und die innere Tüchtigkeit des Schaffens kommt nur insofern in
Betracht, als sie sich in unmittelbarer Gegenwart lohnt. Der Ansiedler auf
rohem Lande muß sofort reiche Früchte seiner Mühen sehen, sonst geht er mit
seinem geringen Capital zu Grunde. Er muß seinen Hvlzrcichthum verwüsten,
sein Land durch Anbau ohne Fruchtwechsel und,Düngung erschöpfen. Er kann
an rationelle Bewirtschaftung, Stallfütterung, Drainircn, Viehveredelung und
Maschinengebrauch erst denken, wenn er seinen Boden gänzlich ausgesogen hat;
denn erst dann ist in der Regel sein Capital genügend gewachsen. Dazu kommt
endlich die Maiswirthschaft. Der Mais ist diejenige Frucht, ohne welche eine
rasche Besiedelung Nordamerikas rein unmöglich gewesen wäre. Er gedeiht
auf jedem nicht ganz erschöpften Boden selbst bei der rohesten Bearbeitung, wo¬
fern nur die durchschnittliche Sommerwärme 14° K. erreicht. Er kann "ach der
ersten Frühjahrsbestellung sich selbst überlassen werden und bis zum November
auf dem Halme bleiben. Die Blätter sind ein vorzügliches Viehfutter, die
Körner liefern Speise für Menschen und Hausthiere, die bei der Ernte stehen,
bleibenden Halme geben den Winter über dem wild herumlaufenden Vieh noth¬
dürftige Nahrung, Der Mais saugt ferner den Boden nicht zu schnell aus,
lockert ihn und schuld ihn vor Son-nengluth und schweren Regengüssen. Er
wächst endlich auf demselben Lande Menschenalter hindurch und'bereitet es fast
für jede andere Frucdt vor. So lange daher immer neue Einwanderung dem
ersten Colonisten einen lohnenden Markt für seinen Mais gewährt, wäre es
thöricht, wenn derselbe andere Früchte bauen wollte, die sich nicht so bezahlen,
und selbst wenn der Markt nicht mehr vor seiner Blockhütte ist, wird sich der
Mais, in Schlachtvieh verwandelt, noch gut verwerthen lassen.


thums, welcher bei der allgemeinen Sucht des Volks, schnell reich zu werden,
mit schwindeligster Speculation ungeheure Zinsen zu erwerben strebte. Für
die Industrie, selbst die naturwüchsigste, wurde damit das Capital zu theuer,
und um sich dieses wieder zugänglich zu machen, griff man zu den Schutzzöllen
als dem wirksamsten Mittel. Drittens endlich verarmte ein Freihandel, wie
ihn die Sklavenhalter wollten, das Land, zog eine mächtige Aristokratenkaste
groß, machte die Arbeiter zu Proletariern und demoraiisirte das ganze Volk.
Jene mäßigen Schutzzölle waren somit nöthig als Theile eines politischen
Systems, welches der freien Arbeit! gegenüber der Sklaverei die Herrschaft
sichern sollte.

Wir schließen unsere Auszüge aus dem douaischen Werke mit einem Blick
auf den Ackerbau der Yankees. Derselbe wird mehr als anderswo durch kauf¬
männische Rücksichten bestimmt. In Deutschland hat der Ackerbau sein inwoh-
nendes sittliches Gesetz, der Landmann strebt nach Tüchtigkeit in seiner Arbeit
und findet einen guten Theil seines Lohnes in dem innern Werth derselben.
In Amerika kommt es auf rasche Bewältigung einer rohen und widerspenstigen
Natur an, und die innere Tüchtigkeit des Schaffens kommt nur insofern in
Betracht, als sie sich in unmittelbarer Gegenwart lohnt. Der Ansiedler auf
rohem Lande muß sofort reiche Früchte seiner Mühen sehen, sonst geht er mit
seinem geringen Capital zu Grunde. Er muß seinen Hvlzrcichthum verwüsten,
sein Land durch Anbau ohne Fruchtwechsel und,Düngung erschöpfen. Er kann
an rationelle Bewirtschaftung, Stallfütterung, Drainircn, Viehveredelung und
Maschinengebrauch erst denken, wenn er seinen Boden gänzlich ausgesogen hat;
denn erst dann ist in der Regel sein Capital genügend gewachsen. Dazu kommt
endlich die Maiswirthschaft. Der Mais ist diejenige Frucht, ohne welche eine
rasche Besiedelung Nordamerikas rein unmöglich gewesen wäre. Er gedeiht
auf jedem nicht ganz erschöpften Boden selbst bei der rohesten Bearbeitung, wo¬
fern nur die durchschnittliche Sommerwärme 14° K. erreicht. Er kann »ach der
ersten Frühjahrsbestellung sich selbst überlassen werden und bis zum November
auf dem Halme bleiben. Die Blätter sind ein vorzügliches Viehfutter, die
Körner liefern Speise für Menschen und Hausthiere, die bei der Ernte stehen,
bleibenden Halme geben den Winter über dem wild herumlaufenden Vieh noth¬
dürftige Nahrung, Der Mais saugt ferner den Boden nicht zu schnell aus,
lockert ihn und schuld ihn vor Son-nengluth und schweren Regengüssen. Er
wächst endlich auf demselben Lande Menschenalter hindurch und'bereitet es fast
für jede andere Frucdt vor. So lange daher immer neue Einwanderung dem
ersten Colonisten einen lohnenden Markt für seinen Mais gewährt, wäre es
thöricht, wenn derselbe andere Früchte bauen wollte, die sich nicht so bezahlen,
und selbst wenn der Markt nicht mehr vor seiner Blockhütte ist, wird sich der
Mais, in Schlachtvieh verwandelt, noch gut verwerthen lassen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0237" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116165"/>
          <p xml:id="ID_861" prev="#ID_860"> thums, welcher bei der allgemeinen Sucht des Volks, schnell reich zu werden,<lb/>
mit schwindeligster Speculation ungeheure Zinsen zu erwerben strebte. Für<lb/>
die Industrie, selbst die naturwüchsigste, wurde damit das Capital zu theuer,<lb/>
und um sich dieses wieder zugänglich zu machen, griff man zu den Schutzzöllen<lb/>
als dem wirksamsten Mittel. Drittens endlich verarmte ein Freihandel, wie<lb/>
ihn die Sklavenhalter wollten, das Land, zog eine mächtige Aristokratenkaste<lb/>
groß, machte die Arbeiter zu Proletariern und demoraiisirte das ganze Volk.<lb/>
Jene mäßigen Schutzzölle waren somit nöthig als Theile eines politischen<lb/>
Systems, welches der freien Arbeit! gegenüber der Sklaverei die Herrschaft<lb/>
sichern sollte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_862"> Wir schließen unsere Auszüge aus dem douaischen Werke mit einem Blick<lb/>
auf den Ackerbau der Yankees. Derselbe wird mehr als anderswo durch kauf¬<lb/>
männische Rücksichten bestimmt. In Deutschland hat der Ackerbau sein inwoh-<lb/>
nendes sittliches Gesetz, der Landmann strebt nach Tüchtigkeit in seiner Arbeit<lb/>
und findet einen guten Theil seines Lohnes in dem innern Werth derselben.<lb/>
In Amerika kommt es auf rasche Bewältigung einer rohen und widerspenstigen<lb/>
Natur an, und die innere Tüchtigkeit des Schaffens kommt nur insofern in<lb/>
Betracht, als sie sich in unmittelbarer Gegenwart lohnt. Der Ansiedler auf<lb/>
rohem Lande muß sofort reiche Früchte seiner Mühen sehen, sonst geht er mit<lb/>
seinem geringen Capital zu Grunde. Er muß seinen Hvlzrcichthum verwüsten,<lb/>
sein Land durch Anbau ohne Fruchtwechsel und,Düngung erschöpfen. Er kann<lb/>
an rationelle Bewirtschaftung, Stallfütterung, Drainircn, Viehveredelung und<lb/>
Maschinengebrauch erst denken, wenn er seinen Boden gänzlich ausgesogen hat;<lb/>
denn erst dann ist in der Regel sein Capital genügend gewachsen. Dazu kommt<lb/>
endlich die Maiswirthschaft. Der Mais ist diejenige Frucht, ohne welche eine<lb/>
rasche Besiedelung Nordamerikas rein unmöglich gewesen wäre. Er gedeiht<lb/>
auf jedem nicht ganz erschöpften Boden selbst bei der rohesten Bearbeitung, wo¬<lb/>
fern nur die durchschnittliche Sommerwärme 14° K. erreicht. Er kann »ach der<lb/>
ersten Frühjahrsbestellung sich selbst überlassen werden und bis zum November<lb/>
auf dem Halme bleiben. Die Blätter sind ein vorzügliches Viehfutter, die<lb/>
Körner liefern Speise für Menschen und Hausthiere, die bei der Ernte stehen,<lb/>
bleibenden Halme geben den Winter über dem wild herumlaufenden Vieh noth¬<lb/>
dürftige Nahrung, Der Mais saugt ferner den Boden nicht zu schnell aus,<lb/>
lockert ihn und schuld ihn vor Son-nengluth und schweren Regengüssen. Er<lb/>
wächst endlich auf demselben Lande Menschenalter hindurch und'bereitet es fast<lb/>
für jede andere Frucdt vor. So lange daher immer neue Einwanderung dem<lb/>
ersten Colonisten einen lohnenden Markt für seinen Mais gewährt, wäre es<lb/>
thöricht, wenn derselbe andere Früchte bauen wollte, die sich nicht so bezahlen,<lb/>
und selbst wenn der Markt nicht mehr vor seiner Blockhütte ist, wird sich der<lb/>
Mais, in Schlachtvieh verwandelt, noch gut verwerthen lassen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0237] thums, welcher bei der allgemeinen Sucht des Volks, schnell reich zu werden, mit schwindeligster Speculation ungeheure Zinsen zu erwerben strebte. Für die Industrie, selbst die naturwüchsigste, wurde damit das Capital zu theuer, und um sich dieses wieder zugänglich zu machen, griff man zu den Schutzzöllen als dem wirksamsten Mittel. Drittens endlich verarmte ein Freihandel, wie ihn die Sklavenhalter wollten, das Land, zog eine mächtige Aristokratenkaste groß, machte die Arbeiter zu Proletariern und demoraiisirte das ganze Volk. Jene mäßigen Schutzzölle waren somit nöthig als Theile eines politischen Systems, welches der freien Arbeit! gegenüber der Sklaverei die Herrschaft sichern sollte. Wir schließen unsere Auszüge aus dem douaischen Werke mit einem Blick auf den Ackerbau der Yankees. Derselbe wird mehr als anderswo durch kauf¬ männische Rücksichten bestimmt. In Deutschland hat der Ackerbau sein inwoh- nendes sittliches Gesetz, der Landmann strebt nach Tüchtigkeit in seiner Arbeit und findet einen guten Theil seines Lohnes in dem innern Werth derselben. In Amerika kommt es auf rasche Bewältigung einer rohen und widerspenstigen Natur an, und die innere Tüchtigkeit des Schaffens kommt nur insofern in Betracht, als sie sich in unmittelbarer Gegenwart lohnt. Der Ansiedler auf rohem Lande muß sofort reiche Früchte seiner Mühen sehen, sonst geht er mit seinem geringen Capital zu Grunde. Er muß seinen Hvlzrcichthum verwüsten, sein Land durch Anbau ohne Fruchtwechsel und,Düngung erschöpfen. Er kann an rationelle Bewirtschaftung, Stallfütterung, Drainircn, Viehveredelung und Maschinengebrauch erst denken, wenn er seinen Boden gänzlich ausgesogen hat; denn erst dann ist in der Regel sein Capital genügend gewachsen. Dazu kommt endlich die Maiswirthschaft. Der Mais ist diejenige Frucht, ohne welche eine rasche Besiedelung Nordamerikas rein unmöglich gewesen wäre. Er gedeiht auf jedem nicht ganz erschöpften Boden selbst bei der rohesten Bearbeitung, wo¬ fern nur die durchschnittliche Sommerwärme 14° K. erreicht. Er kann »ach der ersten Frühjahrsbestellung sich selbst überlassen werden und bis zum November auf dem Halme bleiben. Die Blätter sind ein vorzügliches Viehfutter, die Körner liefern Speise für Menschen und Hausthiere, die bei der Ernte stehen, bleibenden Halme geben den Winter über dem wild herumlaufenden Vieh noth¬ dürftige Nahrung, Der Mais saugt ferner den Boden nicht zu schnell aus, lockert ihn und schuld ihn vor Son-nengluth und schweren Regengüssen. Er wächst endlich auf demselben Lande Menschenalter hindurch und'bereitet es fast für jede andere Frucdt vor. So lange daher immer neue Einwanderung dem ersten Colonisten einen lohnenden Markt für seinen Mais gewährt, wäre es thöricht, wenn derselbe andere Früchte bauen wollte, die sich nicht so bezahlen, und selbst wenn der Markt nicht mehr vor seiner Blockhütte ist, wird sich der Mais, in Schlachtvieh verwandelt, noch gut verwerthen lassen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/237
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/237>, abgerufen am 15.01.2025.