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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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schönen Bauten in Sälen, Portland, Boston und andern Fischereihäfen und
den allgemeinen Wohlstand der von Fischern bewohnten Küstensaume zu be¬
trachten, um das inne zu werden.

Uebrigens knüpft sich an die Schifffahrt eine hundertfältige Industrie.
Sälen macht aus dem Ueberfluß und dem Abfall der gefangnen Fische Guano,
Rockport verschifft den schönen Granit der Gegend, den es mittelst sinnreicher
Maschinen zu Platten und Bausteinen jeder Form verarbeitet, andere Orte ent¬
schälen und verpacken in luftdichte Blechdosen Austern zum Versandt auf ferne
Märkte, wieder andere bauen Schiffe und Boote, brennen Kalk aus Austern¬
schalen u. s. w. Kurz der Uankee ist höchst erfinderisch in Verknüpfung in¬
dustrieller Arbeiten mit dem Seemannsleben, und verliert er seinen Adhad für
ein Product, so entschädigt er sich schleunigst durch Entdeckung einer andern
Hilfsquelle.

Die sehr bedeutende Küstenschifffahrt Amerikas ist fast zu drei Viertheilen
in den Händen der Neuengländer, weil sie die meisten guten Häfen, die mei¬
sten guten Seeleute, die kühnsten und gebildetsten Navigatoren, die besten
Schiffsbauhölzer und einen großen Reichthum verschiedener Manufacturen und
Bodenerzeugnisse besitzen. Bis nach dem Laplatastrom hinab unterhalten ihre
schnellsegelnden Klipper und Schooner den Productenaustausch aller Zonen,
und in gleicher Weise vermittelt von Oregon aus eine Uankeebevölkerung den
Küstenhandel an den Gestaden des Stillen Oceans. Als 182S der Hafen von
Newyork durch den Eriekanal mit den großen Seen im Norden verbunden
wurde, erhielt der neucngländische Seehandel, da dessen Häfen mit jenen Seen
in dieser Weise nicht zu verbinden waren, einen Mitbewerb, der seinen Unter¬
gang drohte, und in der That siedelte ein großer Theil des in Neuengland an¬
gelegten Capitals damals nach jenem Welthandelsplatze über. Aber der erfinde¬
rische Geist der Aankees wußte den Verlust bald auszugleichen. Während New-
York den Handel mit dem europäischen Osten übernahm, sicherte sich Neu¬
england den Verkehr zwischen dem Norden und Süden des westlichen Continents,
indem es Waarcnmassen für das Frachtgeschäft und Befriedigung der Bedürf¬
nisse jedes im Süden offnen Marktes schuf. So entstanden die Spinnereien
und Webereien von Massachusetts, um die Baumwolle des Südens zugleich zu
verarbeiten und zu bezahlen und doppelte Frachtlöhne zu erzielen. So entstand
das riesige Leder- uno Schuhgeschäft desselben Staates, welches seine Häute aus
den Laplatastaaten holte, sie in Schnellgerbereien verarbeitete und bald ganz
Amerikas Füße bekleidete, so daß jetzt in Massachusetts jeder sechste Mann ein
Schuhmacher ist. So entstand ferner die Eisindustrie, welche jetzt alle heißen
Länder bis nach China hin mit dem kühlenden Luxusartikel versorgt. Dan-
bury legte sich auf die Hutmacherei im Großen, Waterbury auf messingne Kurz¬
waaren, Bridgeport aus den Bau von Kutschen und die Verfertigung von


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schönen Bauten in Sälen, Portland, Boston und andern Fischereihäfen und
den allgemeinen Wohlstand der von Fischern bewohnten Küstensaume zu be¬
trachten, um das inne zu werden.

Uebrigens knüpft sich an die Schifffahrt eine hundertfältige Industrie.
Sälen macht aus dem Ueberfluß und dem Abfall der gefangnen Fische Guano,
Rockport verschifft den schönen Granit der Gegend, den es mittelst sinnreicher
Maschinen zu Platten und Bausteinen jeder Form verarbeitet, andere Orte ent¬
schälen und verpacken in luftdichte Blechdosen Austern zum Versandt auf ferne
Märkte, wieder andere bauen Schiffe und Boote, brennen Kalk aus Austern¬
schalen u. s. w. Kurz der Uankee ist höchst erfinderisch in Verknüpfung in¬
dustrieller Arbeiten mit dem Seemannsleben, und verliert er seinen Adhad für
ein Product, so entschädigt er sich schleunigst durch Entdeckung einer andern
Hilfsquelle.

Die sehr bedeutende Küstenschifffahrt Amerikas ist fast zu drei Viertheilen
in den Händen der Neuengländer, weil sie die meisten guten Häfen, die mei¬
sten guten Seeleute, die kühnsten und gebildetsten Navigatoren, die besten
Schiffsbauhölzer und einen großen Reichthum verschiedener Manufacturen und
Bodenerzeugnisse besitzen. Bis nach dem Laplatastrom hinab unterhalten ihre
schnellsegelnden Klipper und Schooner den Productenaustausch aller Zonen,
und in gleicher Weise vermittelt von Oregon aus eine Uankeebevölkerung den
Küstenhandel an den Gestaden des Stillen Oceans. Als 182S der Hafen von
Newyork durch den Eriekanal mit den großen Seen im Norden verbunden
wurde, erhielt der neucngländische Seehandel, da dessen Häfen mit jenen Seen
in dieser Weise nicht zu verbinden waren, einen Mitbewerb, der seinen Unter¬
gang drohte, und in der That siedelte ein großer Theil des in Neuengland an¬
gelegten Capitals damals nach jenem Welthandelsplatze über. Aber der erfinde¬
rische Geist der Aankees wußte den Verlust bald auszugleichen. Während New-
York den Handel mit dem europäischen Osten übernahm, sicherte sich Neu¬
england den Verkehr zwischen dem Norden und Süden des westlichen Continents,
indem es Waarcnmassen für das Frachtgeschäft und Befriedigung der Bedürf¬
nisse jedes im Süden offnen Marktes schuf. So entstanden die Spinnereien
und Webereien von Massachusetts, um die Baumwolle des Südens zugleich zu
verarbeiten und zu bezahlen und doppelte Frachtlöhne zu erzielen. So entstand
das riesige Leder- uno Schuhgeschäft desselben Staates, welches seine Häute aus
den Laplatastaaten holte, sie in Schnellgerbereien verarbeitete und bald ganz
Amerikas Füße bekleidete, so daß jetzt in Massachusetts jeder sechste Mann ein
Schuhmacher ist. So entstand ferner die Eisindustrie, welche jetzt alle heißen
Länder bis nach China hin mit dem kühlenden Luxusartikel versorgt. Dan-
bury legte sich auf die Hutmacherei im Großen, Waterbury auf messingne Kurz¬
waaren, Bridgeport aus den Bau von Kutschen und die Verfertigung von


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[0235] schönen Bauten in Sälen, Portland, Boston und andern Fischereihäfen und den allgemeinen Wohlstand der von Fischern bewohnten Küstensaume zu be¬ trachten, um das inne zu werden. Uebrigens knüpft sich an die Schifffahrt eine hundertfältige Industrie. Sälen macht aus dem Ueberfluß und dem Abfall der gefangnen Fische Guano, Rockport verschifft den schönen Granit der Gegend, den es mittelst sinnreicher Maschinen zu Platten und Bausteinen jeder Form verarbeitet, andere Orte ent¬ schälen und verpacken in luftdichte Blechdosen Austern zum Versandt auf ferne Märkte, wieder andere bauen Schiffe und Boote, brennen Kalk aus Austern¬ schalen u. s. w. Kurz der Uankee ist höchst erfinderisch in Verknüpfung in¬ dustrieller Arbeiten mit dem Seemannsleben, und verliert er seinen Adhad für ein Product, so entschädigt er sich schleunigst durch Entdeckung einer andern Hilfsquelle. Die sehr bedeutende Küstenschifffahrt Amerikas ist fast zu drei Viertheilen in den Händen der Neuengländer, weil sie die meisten guten Häfen, die mei¬ sten guten Seeleute, die kühnsten und gebildetsten Navigatoren, die besten Schiffsbauhölzer und einen großen Reichthum verschiedener Manufacturen und Bodenerzeugnisse besitzen. Bis nach dem Laplatastrom hinab unterhalten ihre schnellsegelnden Klipper und Schooner den Productenaustausch aller Zonen, und in gleicher Weise vermittelt von Oregon aus eine Uankeebevölkerung den Küstenhandel an den Gestaden des Stillen Oceans. Als 182S der Hafen von Newyork durch den Eriekanal mit den großen Seen im Norden verbunden wurde, erhielt der neucngländische Seehandel, da dessen Häfen mit jenen Seen in dieser Weise nicht zu verbinden waren, einen Mitbewerb, der seinen Unter¬ gang drohte, und in der That siedelte ein großer Theil des in Neuengland an¬ gelegten Capitals damals nach jenem Welthandelsplatze über. Aber der erfinde¬ rische Geist der Aankees wußte den Verlust bald auszugleichen. Während New- York den Handel mit dem europäischen Osten übernahm, sicherte sich Neu¬ england den Verkehr zwischen dem Norden und Süden des westlichen Continents, indem es Waarcnmassen für das Frachtgeschäft und Befriedigung der Bedürf¬ nisse jedes im Süden offnen Marktes schuf. So entstanden die Spinnereien und Webereien von Massachusetts, um die Baumwolle des Südens zugleich zu verarbeiten und zu bezahlen und doppelte Frachtlöhne zu erzielen. So entstand das riesige Leder- uno Schuhgeschäft desselben Staates, welches seine Häute aus den Laplatastaaten holte, sie in Schnellgerbereien verarbeitete und bald ganz Amerikas Füße bekleidete, so daß jetzt in Massachusetts jeder sechste Mann ein Schuhmacher ist. So entstand ferner die Eisindustrie, welche jetzt alle heißen Länder bis nach China hin mit dem kühlenden Luxusartikel versorgt. Dan- bury legte sich auf die Hutmacherei im Großen, Waterbury auf messingne Kurz¬ waaren, Bridgeport aus den Bau von Kutschen und die Verfertigung von 29*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/235>, abgerufen am 15.01.2025.