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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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wahren und in der Ueberzeugung, daß das Verbot doch nur ein todter Buch¬
stabe bleiben werde, die Maßregel unterstützte. Dieselbe war ein Mißgriff, und
so ist das Enthaltsamkeitsgesetz wirklich und auch in Neuengland jetzt nicht viel
mehr als ein todter Buchstabe.

Aehnlich verhielt es sich mit den Sonntagsgesetzen, nur daß diese in der
ganzen Union von Anfang an bestanden und nur in den vorwiegend katholischen
Staaten Maryland und Louisiana mild gehandhabt wurden. Auch sie sind,
seit die Einwanderung große Dimensionen angenommen hat, in den südlichen
und westlichen Staaten, wenigstens in den großen Städten, sowie in den von
vielen Fremden besiedelten Districten, fast nur noch auf dem Papier vorhanden.
In Neuengland bestehen sie noch in früherer Strenge, doch kann auch hier
eine Milderung nicht ausbleiben.

Endlich treten die U^nkees auch in ihren nativistischen Bestrebungen
weniger fanatisch auf als die Gegenpartei.. Zwar sind sie die Erfinder des
Gedankens, das Stimmrecht und die Wählbarkeit zu Aemtern an einen län¬
ger" Aufenthalt im Lande zu knüpfen. Allein ohne Hilfe jener Gegner, der
Demokraten in den andern Staaten, wären sie nimmermehr im Stande ge¬
wesen, die betreffenden Gesetze einzuführen. So verhält sichs namentlich mit
dem Zusatz zur Unionsverfassung, nach welchem fünfjähriger Aufenthalt im
Lande zur Ausübung des Wahlrechts für Unionsämter befähigen soll und
längere ^Fristen erforderlich sind, um zum Repräsentanten, Senator oder Prä¬
sidenten gewählt werden zu können. Aehnliche Bestimmungen gingen dann
in die Gesetzbücher der Einzelstaaten und in die Gemeindeordnungen über;
überall aber hatte die demokratische Partei dabei ihre Hand im Spiele, und
so fällt von dem Tadel, den diese Bestrebungen verdienen, nur ein Theil auf
die Uankees.

Die Neuengländer sind, um das Gesagte zusammenzufassen, nicht frei von
Fanatismus, aber schon deshalb duldsamer als durchschnittlich die übrigen
Nordamerikaner und namentlich als die Bevölkerung im Süden, weil sie ge¬
bildeter als diese sind, und weil der Fanatismus die rücksichtslose praktische
Verfolgung einseitiger theoretischer Wahrheiten, die Bildung aber die Harmonie
aller Wahrheiten ist. Die Yankees sind in der Regel ziemlich einseitig ge¬
bildet, aber doch weniger einseitig als die andern Angloamerikaner. Können
letztere nicht gut liebenswürdig sein, so können es die Uankees immer noch
am meisten.

Auch die Frauen sind in Amerika nur ausnahmsweise wahrhaft liebens¬
würdig, obwohl man unter ihnen mehr Schönheiten antrifft, als in Europa.
Sie sind zu verständig und zu willenskräftig, und es mangelt ihnen die Tiefe
des Gemüths und die Wärme des Herzens, welche die deutsche Frau auszeichnet,
auch altern sie zu zeitig. Es giebt wenig Amerikanerinnen, ^welche mit fünf-


wahren und in der Ueberzeugung, daß das Verbot doch nur ein todter Buch¬
stabe bleiben werde, die Maßregel unterstützte. Dieselbe war ein Mißgriff, und
so ist das Enthaltsamkeitsgesetz wirklich und auch in Neuengland jetzt nicht viel
mehr als ein todter Buchstabe.

Aehnlich verhielt es sich mit den Sonntagsgesetzen, nur daß diese in der
ganzen Union von Anfang an bestanden und nur in den vorwiegend katholischen
Staaten Maryland und Louisiana mild gehandhabt wurden. Auch sie sind,
seit die Einwanderung große Dimensionen angenommen hat, in den südlichen
und westlichen Staaten, wenigstens in den großen Städten, sowie in den von
vielen Fremden besiedelten Districten, fast nur noch auf dem Papier vorhanden.
In Neuengland bestehen sie noch in früherer Strenge, doch kann auch hier
eine Milderung nicht ausbleiben.

Endlich treten die U^nkees auch in ihren nativistischen Bestrebungen
weniger fanatisch auf als die Gegenpartei.. Zwar sind sie die Erfinder des
Gedankens, das Stimmrecht und die Wählbarkeit zu Aemtern an einen län¬
ger» Aufenthalt im Lande zu knüpfen. Allein ohne Hilfe jener Gegner, der
Demokraten in den andern Staaten, wären sie nimmermehr im Stande ge¬
wesen, die betreffenden Gesetze einzuführen. So verhält sichs namentlich mit
dem Zusatz zur Unionsverfassung, nach welchem fünfjähriger Aufenthalt im
Lande zur Ausübung des Wahlrechts für Unionsämter befähigen soll und
längere ^Fristen erforderlich sind, um zum Repräsentanten, Senator oder Prä¬
sidenten gewählt werden zu können. Aehnliche Bestimmungen gingen dann
in die Gesetzbücher der Einzelstaaten und in die Gemeindeordnungen über;
überall aber hatte die demokratische Partei dabei ihre Hand im Spiele, und
so fällt von dem Tadel, den diese Bestrebungen verdienen, nur ein Theil auf
die Uankees.

Die Neuengländer sind, um das Gesagte zusammenzufassen, nicht frei von
Fanatismus, aber schon deshalb duldsamer als durchschnittlich die übrigen
Nordamerikaner und namentlich als die Bevölkerung im Süden, weil sie ge¬
bildeter als diese sind, und weil der Fanatismus die rücksichtslose praktische
Verfolgung einseitiger theoretischer Wahrheiten, die Bildung aber die Harmonie
aller Wahrheiten ist. Die Yankees sind in der Regel ziemlich einseitig ge¬
bildet, aber doch weniger einseitig als die andern Angloamerikaner. Können
letztere nicht gut liebenswürdig sein, so können es die Uankees immer noch
am meisten.

Auch die Frauen sind in Amerika nur ausnahmsweise wahrhaft liebens¬
würdig, obwohl man unter ihnen mehr Schönheiten antrifft, als in Europa.
Sie sind zu verständig und zu willenskräftig, und es mangelt ihnen die Tiefe
des Gemüths und die Wärme des Herzens, welche die deutsche Frau auszeichnet,
auch altern sie zu zeitig. Es giebt wenig Amerikanerinnen, ^welche mit fünf-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/230>, abgerufen am 15.01.2025.