Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.die dieses Recht nur ernrollirten Standesschützen, also ausschließlich Tirolern Der Landeshauptschicßstand, durch diese Anfeindungen tief verletzt, wandte "Auf allerhöchsten Befehl Sr. k. k. apostolischen Majestät sollen alle ge¬ Eine weit überwiegende Mehrzahl der Schützen jubelte über diesen Aus- Mittlerweile waren aber auch die Feudalen, die diesmal eine eigene Co- Grenzboten IV. 18K3. 23
die dieses Recht nur ernrollirten Standesschützen, also ausschließlich Tirolern Der Landeshauptschicßstand, durch diese Anfeindungen tief verletzt, wandte „Auf allerhöchsten Befehl Sr. k. k. apostolischen Majestät sollen alle ge¬ Eine weit überwiegende Mehrzahl der Schützen jubelte über diesen Aus- Mittlerweile waren aber auch die Feudalen, die diesmal eine eigene Co- Grenzboten IV. 18K3. 23
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die dieses Recht nur ernrollirten Standesschützen, also ausschließlich Tirolern
zugestehe. Zuletzt stachelten sie noch den Eigennutz aus, da die armen Tiroler¬
schützen ja mit den reichen auswärtigen Dilettanten nicht concurriren könnten,
so entgingen ihnen die schönsten Beste, während sie nach einer unerhörten
Neuerung „rcichsräthliche" Zuschlage für die Kosten des weitläufigen Festes
bezahlen müßten. Die Meister zu Innsbruck hatten kaum ihr Klaglied ange¬
stimmt, als auch schon die Gesellen an der Rinz, im Oetz-, Oberinn- und
Pusterthale ihnen Chorus machten.
Der Landeshauptschicßstand, durch diese Anfeindungen tief verletzt, wandte
sich durch das k. k. Statthaltereipräsidium an den beim Fürstentage weilenden
Kaiser und erbat sich dessen Entscheidung über die Auslegung, als ob seine
huldvolle Festgabe nicht für alle zum Landesschicßen geladenen Gäste bestimmt
wäre. Die telegraphische Antwort lautete:
„Auf allerhöchsten Befehl Sr. k. k. apostolischen Majestät sollen alle ge¬
ladenen Schützen auf die Kaiserpreise Anspruch haben."
Eine weit überwiegende Mehrzahl der Schützen jubelte über diesen Aus-
spruch, nur die „Tiroler Stimmen" verschwiegen ihn ihren Lesern gänzlich.
Mittlerweile waren aber auch die Feudalen, die diesmal eine eigene Co-
terie bildeten u.ut neben der Glaubenseinheit auch ihre Standesinteresscn, wie
die Adelsmatrikel, im Auge hatten, nicht müßig geblieben. Baron Dipauli
von Kältern hatte sich schon mehre Wochen in Innsbruck herumgetrieben, um
die beabsichtigte Demonstration für die Feier vorzubereiten, und als er die Ge¬
wißheit erhielt, daß die Abgeordneten des Laudesausschusses unterließen, sich
des Kaisers Besuch beim Feste zu erbitten, wollte er ihm diesen stillen Wunsch
nebst einigen anderen stillen Anliegen an der Spitze mehrer seiner getreuen
Schießstandsvvrstehungen vortragen. Allein damit war selbst Dr. Haßlwantcr
nicht einverstanden. Den geistlichen Herren lag nur die sogenannte Glaubens¬
einheit am Herzen, nicht aber eine Restauration der Nvthsräcke. Um diese von
Dipauli betriebene Misston zu durchkreuzen, beschloß der innsbrucker Bürgcr-
ausschuß am 22. August, den Kaiser durch Abgeordnete aus seiner Mitte zum
Feste einzuladen, ihnen sollte sich auch eine ähnliche Deputation des Landes-
hauptschießstandes zur Überreichung des Ladschreibens anschließen. Noch ehe
sich der Kaiser über die Zulassung dieser Sendboten aussprach, erhielten die
Frommen durch ihre Vertrauten in Wien sichere Winke, daß ein Erzherzog das
Fest besuchen werde. Die Gelegenheit zu einer Schaustellung im Großen war
also geboten, und sie sollte so imposant als möglich ausfallen. Die Freiherren
Dipauli und Paul Giovanelli erließen Schreiben an ihre Genossen in ver¬
schiedenen Gemeinden mit der Aufforderung, „verläßliche" Leute zusenden, über
die sie nach Gutdünken verfügen könnten, aus Sarnthal und Passeier allein
wurde eine Cohorie. von je vierzig Mann bestellt und in diesen und anderen
Grenzboten IV. 18K3. 23
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