Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Kunstpricster sangen ihn. Laien hörten zu. Wir im Norden aber sind prote¬ Aehnliches ist von den Gesangsaufführungen des Nachmittags zu sagen, Wie es Gemüther geben konnte, die noch mehr Musik, noch mehr lyrische Die Vertreter der Städte, über fünfthalbhundert an Zahl, kamen um vier Kunstpricster sangen ihn. Laien hörten zu. Wir im Norden aber sind prote¬ Aehnliches ist von den Gesangsaufführungen des Nachmittags zu sagen, Wie es Gemüther geben konnte, die noch mehr Musik, noch mehr lyrische Die Vertreter der Städte, über fünfthalbhundert an Zahl, kamen um vier <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116101"/> <p xml:id="ID_647" prev="#ID_646"> Kunstpricster sangen ihn. Laien hörten zu. Wir im Norden aber sind prote¬<lb/> stantisches Volk, und dies sollte, soweit irgend thunlich, auch in unsern poli¬<lb/> tischen Festen ausgeprägt sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_648"> Aehnliches ist von den Gesangsaufführungen des Nachmittags zu sagen,<lb/> die neben bekannten in Text und Melodie trefflichen Liedern, neben „Lützows<lb/> Jagd", Körners „Schwertlied", dem prächtigen „Männer und Buben", Arndts<lb/> „Was ist des Deutsche» Vaterland" u. a. auch Mittelgut brachten, damit mehr als<lb/> sättigten und überdies den Städtetag beeinträchtigten, der, zwischen sie und die<lb/> Aufführung von Kleists „Hermannsschlacht" verlegt, für die. welche sich von<lb/> dem Feste nichts entgehen lassen nu litem, nur dürftige zwei Stunden Zeil be¬<lb/> hielt, und der doch wohl die dauernde Frucht sein sollte, welche sich aus der<lb/> schönen, aber vergänglichen FesteSb>urbe zu erheben bestimmt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_649"> Wie es Gemüther geben konnte, die noch mehr Musik, noch mehr lyrische<lb/> Stimmung zu vertragen vermochten, überlasse ich den Psychologen zu ergründen.<lb/> Genug, daß die Abcndconcerte im Gewandhaus und in der Centralhalle stark<lb/> besucht gewesen sein sollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_650" next="#ID_651"> Die Vertreter der Städte, über fünfthalbhundert an Zahl, kamen um vier<lb/> Uhr im Saal der ersten Bürgerschule zusammen, der für jene Zahl entschieden<lb/> zu wenig Raum hatte, aber gewählt werden mußte, da besser geeignete Locale<lb/> für diesen Tag nicht zu haben waren. Den Vorsitz führte der Vicebürgermeister<lb/> Eichorius mit erprobter Gewandtheit, die beiläufig bei dem etwas unruhigen,<lb/> bisweilen fast tumultuarischen Charakter der Debatte besondere Gelegenheit sich<lb/> zu zeigen hatte. Man berieth zunächst den von Veit aus Berlin vorgelegten<lb/> Entwurf zu einem Statut in Betreff des durch gemeinsames Vorgehen der deut¬<lb/> schen Städte zu errichtenden Schlachtdenkmals, der sofort als zweckentsprechend<lb/> Annahme fand. Dann wurde für fernere Verfolgung dieser Absicht ein Aus¬<lb/> schuß aus den Repräsentanten der verschiedenen hier vertretenen Städte gebildet,<lb/> der das Recht der Selbstvcrstärkung haben und dabei auch die Orte berücksich¬<lb/> tige» sollte, welche nicht zu den festgebenden gehörten. Der zweite Gegenstand<lb/> der Berathung war die Veranstaltung eines regelmäßig wiederkehrenden Städte¬<lb/> tags, als dessen nächsterZweck von dem Berichterstatter Bürgermeister Koch bezeichnet<lb/> wurde: mehr Uebereinstimmung in die Verwaltung der deutschen Städte zu<lb/> bringen, das Gute der einen auch den andern zu vermitteln und namentlich<lb/> dem Grundsatz der Selbstverwaltung mehr Geltung zu verschaffen. Nach län¬<lb/> geren Debatten, die einigemal ziemlich hitziger Natur waren, und die sich vor¬<lb/> züglich um den Zweck der neuen Stiftung gruppirten, als welchen Fries aus Weimar<lb/> „die freie Entwickelung des nationalen Gemeindelcbcns" aufgestellt wissen wollte,<lb/> drang jene ursprüngliche Fassung der Aufgabe durch, und ebenso gelang schlie߬<lb/> lich in eigner, fast komischer Wendung der Sache die Einigung über den Aus¬<lb/> schuß, der die weitere Förderung der Angelegenheit in die Hand nehnien sollte.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0173]
Kunstpricster sangen ihn. Laien hörten zu. Wir im Norden aber sind prote¬
stantisches Volk, und dies sollte, soweit irgend thunlich, auch in unsern poli¬
tischen Festen ausgeprägt sein.
Aehnliches ist von den Gesangsaufführungen des Nachmittags zu sagen,
die neben bekannten in Text und Melodie trefflichen Liedern, neben „Lützows
Jagd", Körners „Schwertlied", dem prächtigen „Männer und Buben", Arndts
„Was ist des Deutsche» Vaterland" u. a. auch Mittelgut brachten, damit mehr als
sättigten und überdies den Städtetag beeinträchtigten, der, zwischen sie und die
Aufführung von Kleists „Hermannsschlacht" verlegt, für die. welche sich von
dem Feste nichts entgehen lassen nu litem, nur dürftige zwei Stunden Zeil be¬
hielt, und der doch wohl die dauernde Frucht sein sollte, welche sich aus der
schönen, aber vergänglichen FesteSb>urbe zu erheben bestimmt war.
Wie es Gemüther geben konnte, die noch mehr Musik, noch mehr lyrische
Stimmung zu vertragen vermochten, überlasse ich den Psychologen zu ergründen.
Genug, daß die Abcndconcerte im Gewandhaus und in der Centralhalle stark
besucht gewesen sein sollen.
Die Vertreter der Städte, über fünfthalbhundert an Zahl, kamen um vier
Uhr im Saal der ersten Bürgerschule zusammen, der für jene Zahl entschieden
zu wenig Raum hatte, aber gewählt werden mußte, da besser geeignete Locale
für diesen Tag nicht zu haben waren. Den Vorsitz führte der Vicebürgermeister
Eichorius mit erprobter Gewandtheit, die beiläufig bei dem etwas unruhigen,
bisweilen fast tumultuarischen Charakter der Debatte besondere Gelegenheit sich
zu zeigen hatte. Man berieth zunächst den von Veit aus Berlin vorgelegten
Entwurf zu einem Statut in Betreff des durch gemeinsames Vorgehen der deut¬
schen Städte zu errichtenden Schlachtdenkmals, der sofort als zweckentsprechend
Annahme fand. Dann wurde für fernere Verfolgung dieser Absicht ein Aus¬
schuß aus den Repräsentanten der verschiedenen hier vertretenen Städte gebildet,
der das Recht der Selbstvcrstärkung haben und dabei auch die Orte berücksich¬
tige» sollte, welche nicht zu den festgebenden gehörten. Der zweite Gegenstand
der Berathung war die Veranstaltung eines regelmäßig wiederkehrenden Städte¬
tags, als dessen nächsterZweck von dem Berichterstatter Bürgermeister Koch bezeichnet
wurde: mehr Uebereinstimmung in die Verwaltung der deutschen Städte zu
bringen, das Gute der einen auch den andern zu vermitteln und namentlich
dem Grundsatz der Selbstverwaltung mehr Geltung zu verschaffen. Nach län¬
geren Debatten, die einigemal ziemlich hitziger Natur waren, und die sich vor¬
züglich um den Zweck der neuen Stiftung gruppirten, als welchen Fries aus Weimar
„die freie Entwickelung des nationalen Gemeindelcbcns" aufgestellt wissen wollte,
drang jene ursprüngliche Fassung der Aufgabe durch, und ebenso gelang schlie߬
lich in eigner, fast komischer Wendung der Sache die Einigung über den Aus¬
schuß, der die weitere Förderung der Angelegenheit in die Hand nehnien sollte.
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