Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.1. Leuwntia, froren, -- wenn er zwar nicht die Lehre der Kirche selbst, 2. Lententig. liaeresi proximg. -- wenn er an das Gebiet der Häresie so 3. SeiitMtis, IiÄM-ssi Suspecta,, daLresin sapiens -- wenn er Dinge 4. Lententia, male sons-us -- wenn-er von dem kirchlichen Sprachgebrauche 5. Löntöirtia, Mi-uni kwrium oMliÄvu, -- wenn er über Glaubenslehren 6. ScQtsritia, seimckalosg, -- wenn er lehrt, was eine Verirrung Anderer 7. Lenwntig, seäitiosA -- wenn er Ansichten vertheidigt, welche die Gläu¬ 8. Löntöntig. t<Wol'Äria -- wenn er zwar nicht in Glaubensfragen, aber Uebrigens sind diese Sentenzen nicht alle Gründe, die zur Verurteilung Das sind also die Kriterien, nach denen die Jndexcongregation die Kirch¬ 19*
1. Leuwntia, froren, — wenn er zwar nicht die Lehre der Kirche selbst, 2. Lententig. liaeresi proximg. — wenn er an das Gebiet der Häresie so 3. SeiitMtis, IiÄM-ssi Suspecta,, daLresin sapiens — wenn er Dinge 4. Lententia, male sons-us — wenn-er von dem kirchlichen Sprachgebrauche 5. Löntöirtia, Mi-uni kwrium oMliÄvu, — wenn er über Glaubenslehren 6. ScQtsritia, seimckalosg, — wenn er lehrt, was eine Verirrung Anderer 7. Lenwntig, seäitiosA — wenn er Ansichten vertheidigt, welche die Gläu¬ 8. Löntöntig. t<Wol'Äria — wenn er zwar nicht in Glaubensfragen, aber Uebrigens sind diese Sentenzen nicht alle Gründe, die zur Verurteilung Das sind also die Kriterien, nach denen die Jndexcongregation die Kirch¬ 19*
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1. Leuwntia, froren, — wenn er zwar nicht die Lehre der Kirche selbst,
wohl aber die strengen Folgerungen aus derselben läugnet.
2. Lententig. liaeresi proximg. — wenn er an das Gebiet der Häresie so
nahe anstreift, daß er lehrt, was zwar nicht allen, aber sehr vielen bewährten
Theologen mit der Häresie eins und dasselbe zu sein scheint.
3. SeiitMtis, IiÄM-ssi Suspecta,, daLresin sapiens — wenn er Dinge
vorbringt, welche mit der Irrlehre in mehr oder weniger enger Verbindung
stehen und deshalb gegründete Furcht erwecken, daß er denselben ergeben sei.
4. Lententia, male sons-us — wenn-er von dem kirchlichen Sprachgebrauche
abweichend, der Ausdrucksweise der Settirer sich nähert.
5. Löntöirtia, Mi-uni kwrium oMliÄvu, — wenn er über Glaubenslehren
oder auch über Gebräuche und Einrichtungen der Kirche auf eine Weise redet,
welche leicht die Frömmigkeit und die Ehrfurcht der Gläubigen vermindert.
6. ScQtsritia, seimckalosg, — wenn er lehrt, was eine Verirrung Anderer
vom wahren Glauben zu veranlassen geeignet ist.
7. Lenwntig, seäitiosA — wenn er Ansichten vertheidigt, welche die Gläu¬
bigen in ihrer Unterwürfigkeit gegen die lehrende Kirche wankend machen
würden.
8. Löntöntig. t<Wol'Äria — wenn er zwar nicht in Glaubensfragen, aber
doch in solchen, die mit jener auf irgend eine Weise zusammenhängen, der ein¬
stimmigen Lehre der bewährtesten Schriftsteller der Kirche widerspricht.
Uebrigens sind diese Sentenzen nicht alle Gründe, die zur Verurteilung
eines Buches bestimmend sein können; so wird in der Lonstruotic» (Aeinou-
tis Oetavi dem Censor folgende für einen Historiker besonders beachtens-
werthe Vorschrift gegeben: „Ebenso soll jede auszeichnende Benennung und
alles Lob der Ketzer vermieden werden." Im Hinblick auf diese Stelle haben
jüngst ja auch Manche die Verurtheilung eines Werkes von einem der ausge¬
zeichnetsten katholischen Gelehrten erwartet: es ward nämlich darin Luther —
„der größte Mann seiner Zeit unter den Deutschen" genannt!
Das sind also die Kriterien, nach denen die Jndexcongregation die Kirch¬
lichkeit und Rechtgläubigkeit katholischer Werke und Autoren bemißt; sie allein
schon können einen Begriff geben von dem.Kleinlichkeitsgeist, der in diesem
scholastischen Theologencollegium heimisch ist, und sie allein schon rechtfertigen
die Geringschätzung, mit der man wenigstens in Deutschland der Jndexcongre¬
gation entgegenkommt. Diese Kriterien sind wahrlich nicht dazu angethan,
katholische Glaubens- und Sittenlehre rein zu bewahren, sondern geeignet, jedes
freiere wissenschaftliche Streben der Katholiken, soweit es sich von den scho¬
lastischen Schultraditionen lossagt, niederzuhalten. — Uebrigens selbst in dem
Falle, wenn die Kongregation nach starren und von der subjectiven Willkür
unabhängigem Kriterien verführe, sehen wir keine Möglichkeit, das ihr vorge-
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