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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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redung, die er am 23. November mit Alexander hatte, und in welcher er nach
Rücksprache mit Metternich für Oestreich den zamoscer Kreis bis zur Niba,
dann Krakau, endlich den ausschließlichen Besitz der Salzwerke von Wieliczka
verlangte, wogegen das wiener Cavinet wieder einmal darein willigen wollte,
daß Polen eine parlamentarische Verfassung erhalte. Für Preußen beanspruchte
Hardenberg die Stadt Thorn und als Grenze die Wartha, Forderungen, die
Alexander für zum Theil erfüllbar erklärte. Am 27. November erfolgte eine
schriftliche Aeußerung, in der es hieß, der Kaiser wolle "Opfer bringen", nur
müßten alle Streitfragen: Polen. Sachsen und Mainz in Eine Unterhandlung
zusammengefaßt werden. Krakau und Thorn sollten neutral und unabhängige
Freistaaten wie die Hansestädte werden. Sachsen ungetheilt an Preußen fallen,
Mainz künftig eine deutsche Bundesfestung sein, wozu Hardenberg noch die
Bestimmungen erreichte, daß Krakau und Thorn unbefestigt bleiben sollten und
Mainz vorzugsweise durch Oestreich und Preußen bewacht werden müsse.

Infolge dieser Erklärung durfte man die definitive Ordnung der euro¬
päischen Angelegenheiten für wesentlich näher gerückt halten; denn daß Oestreich
diese Bedingungen annehmen werde, schien kaum zu bezweifeln. Statt dessen
aber nahmen die Dinge eine wenigstens für Hardenberg überraschende Wen¬
dung zum schlimmern, die bis zu Vorbereitungen auf einen Weltkrieg führte.
Zunächst beeilte sich der preußische Staatskanzler dem östreichischen das Ergeb¬
niß seiner Unterhandlung mit Alexander mitzutheilen, indem er zugleich mittelst
einer Verbalnote vom 2. December die Erörterung der sächsischen Frage wieder
aufnahm. Er hob darin hervor, daß Preußen, auch wenn es ganz Sachsen
erhalte, noch nicht in dem Umfang, den es 1805 gehabt, wiederhergestellt sei,
daß Rußland, Oestreich, Bayern, Holland, Würtemberg, Baden weit besser be¬
dacht seien, daß Preußen lang auseinandergezogen und mit ungünstigen Grenzen
ausgestattet sein solle. Er erinnerte an die Dankbarkeit, die Europa dem
preußischen Staate schulde, der die größten Opfer gebracht, und folgerte aus
dem Allen, daß Sachsen ungetheilt mit Preußen vereinigt werden müsse. Der
Nechtspunkt, so schloß er sehr richtig, sei nicht zweifelhaft. Habe doch der jetzt
kriegsgefangene König von Sachsen schon einmal Warschau und den kottbusser
Kreis aus der napoleonischen Siegesbeute von 1807 angenommen, und würde
derselbe doch auch jetzt kein Bedenken getragen haben, von Napoleon im Fall
eines S leges ein gutes Stück von Preußen als seinen Antheil am Gewinn ein¬
zuziehen*).



") Das mögen sich die Siebenschläfer gesagt sein lassen, die uns Menschen des Jahres
gegenüber wieder das "völkerrechtswidrige Verfahren" bei der ^Theilung Sachsens be-
lmnmern. Hätte Napoleon die Schlacht bei Leipzig gewonnen, so würde Friedrich August
der "Gerechte" nicht das leiseste sittliche Bedenken getragen haben, die ihm sür seine Mit-
Grenzbotm IV. 1863. 17

redung, die er am 23. November mit Alexander hatte, und in welcher er nach
Rücksprache mit Metternich für Oestreich den zamoscer Kreis bis zur Niba,
dann Krakau, endlich den ausschließlichen Besitz der Salzwerke von Wieliczka
verlangte, wogegen das wiener Cavinet wieder einmal darein willigen wollte,
daß Polen eine parlamentarische Verfassung erhalte. Für Preußen beanspruchte
Hardenberg die Stadt Thorn und als Grenze die Wartha, Forderungen, die
Alexander für zum Theil erfüllbar erklärte. Am 27. November erfolgte eine
schriftliche Aeußerung, in der es hieß, der Kaiser wolle „Opfer bringen", nur
müßten alle Streitfragen: Polen. Sachsen und Mainz in Eine Unterhandlung
zusammengefaßt werden. Krakau und Thorn sollten neutral und unabhängige
Freistaaten wie die Hansestädte werden. Sachsen ungetheilt an Preußen fallen,
Mainz künftig eine deutsche Bundesfestung sein, wozu Hardenberg noch die
Bestimmungen erreichte, daß Krakau und Thorn unbefestigt bleiben sollten und
Mainz vorzugsweise durch Oestreich und Preußen bewacht werden müsse.

Infolge dieser Erklärung durfte man die definitive Ordnung der euro¬
päischen Angelegenheiten für wesentlich näher gerückt halten; denn daß Oestreich
diese Bedingungen annehmen werde, schien kaum zu bezweifeln. Statt dessen
aber nahmen die Dinge eine wenigstens für Hardenberg überraschende Wen¬
dung zum schlimmern, die bis zu Vorbereitungen auf einen Weltkrieg führte.
Zunächst beeilte sich der preußische Staatskanzler dem östreichischen das Ergeb¬
niß seiner Unterhandlung mit Alexander mitzutheilen, indem er zugleich mittelst
einer Verbalnote vom 2. December die Erörterung der sächsischen Frage wieder
aufnahm. Er hob darin hervor, daß Preußen, auch wenn es ganz Sachsen
erhalte, noch nicht in dem Umfang, den es 1805 gehabt, wiederhergestellt sei,
daß Rußland, Oestreich, Bayern, Holland, Würtemberg, Baden weit besser be¬
dacht seien, daß Preußen lang auseinandergezogen und mit ungünstigen Grenzen
ausgestattet sein solle. Er erinnerte an die Dankbarkeit, die Europa dem
preußischen Staate schulde, der die größten Opfer gebracht, und folgerte aus
dem Allen, daß Sachsen ungetheilt mit Preußen vereinigt werden müsse. Der
Nechtspunkt, so schloß er sehr richtig, sei nicht zweifelhaft. Habe doch der jetzt
kriegsgefangene König von Sachsen schon einmal Warschau und den kottbusser
Kreis aus der napoleonischen Siegesbeute von 1807 angenommen, und würde
derselbe doch auch jetzt kein Bedenken getragen haben, von Napoleon im Fall
eines S leges ein gutes Stück von Preußen als seinen Antheil am Gewinn ein¬
zuziehen*).



") Das mögen sich die Siebenschläfer gesagt sein lassen, die uns Menschen des Jahres
gegenüber wieder das „völkerrechtswidrige Verfahren" bei der ^Theilung Sachsens be-
lmnmern. Hätte Napoleon die Schlacht bei Leipzig gewonnen, so würde Friedrich August
der „Gerechte" nicht das leiseste sittliche Bedenken getragen haben, die ihm sür seine Mit-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/137>, abgerufen am 15.01.2025.