Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.zu sehen. -- Zu nennen sind noch zwei äußerst interessante Vorträge, von Herrn Auch ein Curiosum hatte die diesjährige Philologcnvcrsammiung auszu¬ Vier Tage lang waren die Räume der Landesschule angefüllt von kom¬ zu sehen. — Zu nennen sind noch zwei äußerst interessante Vorträge, von Herrn Auch ein Curiosum hatte die diesjährige Philologcnvcrsammiung auszu¬ Vier Tage lang waren die Räume der Landesschule angefüllt von kom¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116039"/> <p xml:id="ID_400" prev="#ID_399"> zu sehen. — Zu nennen sind noch zwei äußerst interessante Vorträge, von Herrn<lb/> Prof. Gosche" aus Halle über alt- und neuphrygischc Inschriften und von<lb/> Herrn Dr. Steinthal aus Berlin über die Beziehung der Psychologie zur Phi¬<lb/> lologie, ferner eine Abhandlung von Herrn Prof. Lange aus Gießen über d>c<lb/> t.j'uMtiv ad plödem, eine Mittheilung von Herrn Prof. Schwabe ebendaher<lb/> über die Wiederauffindung Catulls im 14. Jahrhundert und schließlich einige<lb/> kürzere Bemerkungen von Herr» Prof. Linker aus Lemberg über IlmÄt.<lb/> I^väl 15, welche eine ziemlich lebhafte Debatte hervorriefen.</p><lb/> <p xml:id="ID_401"> Auch ein Curiosum hatte die diesjährige Philologcnvcrsammiung auszu¬<lb/> weisen: einen Bortrag in Costüm. Herr Handelsrichter Mordtmann aus Kon-<lb/> stantinopel verbreitete sich über die Sprache der Zigeuner und war dabei mit<lb/> einem rothen Fez geschmückt, dessen wir schwerlich Erwähnung thun würden,<lb/> wenn ihn der genannte Gelehrte nur da getragen hätte, wo wir Abendländer<lb/> auch eine Kopfbedeckung für nöthig finden, d. h. im Freien. Ihn aber im<lb/> Saale aufzubehalten, und dabei einer Versammlung deutscher Gelehrter eiuen<lb/> Bortrag zu halten, erschien uns pedantischen Deutschen unschicklich, oder wenn<lb/> man lieber will, lächerlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_402" next="#ID_403"> Vier Tage lang waren die Räume der Landesschule angefüllt von kom¬<lb/> menden und gehenden Gästen, und der Schulhvs bot selbst zur Zeit der Sitz¬<lb/> ungen ein ziemltch belebtes Bild. Das Büffet, welches vorsichtigerweise in<lb/> der Nähe eingerichtet war, konnte mit seinem Zuspruch zufrieden sein. Da<lb/> kamen ehrwürdige Altmeister der Wissenschaft, unter denen vor Allem Fr. Haase<lb/> aus Breslau genannt sei, ernstblickendc Scholarchen, die der strengen Schul¬<lb/> miene ganz entsagt zu haben schienen, da wurden frühere Bekanntschaften er¬<lb/> neuert, neue angeknüpft und das alte gewölbte Zimmer, das zur philologischen<lb/> Trinkstube bestimmt war. wird schwerlich so bald wieder ein so fröhliches Stim¬<lb/> mengewirr, gepaart mit dem anmuthigen Klänge von allerhand Gläsern und<lb/> Flaschen vernehmen, wie in jenen rasch entschwundenen Stunden. Die schönste<lb/> Frucht solcher Versammlungen. die persönliche Bekanntschaft der Einzelnen<lb/> untereinander, der lebhafte Wechselverkehr zwischen Aelteren und Jüngeren, be¬<lb/> deutenden und noch unbedeutenden Männern, zwischen den Vertretern der<lb/> Specialfächer in der Schul- und Alterthumswissenschaft wurde da in reicher<lb/> Fülle geboten. Und doch würde gerade dus Nebeneinander solches persönlichen<lb/> Verkehre in seiner bunten Mannigfaltigkeit sicherlich zwar für den Augenblick<lb/> sehr anregend, ebenso gewiß aber mit der Länge der Zeit ermüdend wirken<lb/> und für die Erinnerung zuletzt kaum etwas mehr als das ziemlich verwischte<lb/> Bild einer Menge bekannter und unbekannter Gesichter zurücklassen, wenn nicht<lb/> auch hier, gerade wie bei den Werke» der bildenden Kunst, dnrch das entschie¬<lb/> dene Hervortreten eines Momentes eine gestaltende, ordnende und gruppirende<lb/> Kraft aufträte, welche die Einzelheiten zu einem lebendigen Organismus ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
zu sehen. — Zu nennen sind noch zwei äußerst interessante Vorträge, von Herrn
Prof. Gosche" aus Halle über alt- und neuphrygischc Inschriften und von
Herrn Dr. Steinthal aus Berlin über die Beziehung der Psychologie zur Phi¬
lologie, ferner eine Abhandlung von Herrn Prof. Lange aus Gießen über d>c
t.j'uMtiv ad plödem, eine Mittheilung von Herrn Prof. Schwabe ebendaher
über die Wiederauffindung Catulls im 14. Jahrhundert und schließlich einige
kürzere Bemerkungen von Herr» Prof. Linker aus Lemberg über IlmÄt.
I^väl 15, welche eine ziemlich lebhafte Debatte hervorriefen.
Auch ein Curiosum hatte die diesjährige Philologcnvcrsammiung auszu¬
weisen: einen Bortrag in Costüm. Herr Handelsrichter Mordtmann aus Kon-
stantinopel verbreitete sich über die Sprache der Zigeuner und war dabei mit
einem rothen Fez geschmückt, dessen wir schwerlich Erwähnung thun würden,
wenn ihn der genannte Gelehrte nur da getragen hätte, wo wir Abendländer
auch eine Kopfbedeckung für nöthig finden, d. h. im Freien. Ihn aber im
Saale aufzubehalten, und dabei einer Versammlung deutscher Gelehrter eiuen
Bortrag zu halten, erschien uns pedantischen Deutschen unschicklich, oder wenn
man lieber will, lächerlich.
Vier Tage lang waren die Räume der Landesschule angefüllt von kom¬
menden und gehenden Gästen, und der Schulhvs bot selbst zur Zeit der Sitz¬
ungen ein ziemltch belebtes Bild. Das Büffet, welches vorsichtigerweise in
der Nähe eingerichtet war, konnte mit seinem Zuspruch zufrieden sein. Da
kamen ehrwürdige Altmeister der Wissenschaft, unter denen vor Allem Fr. Haase
aus Breslau genannt sei, ernstblickendc Scholarchen, die der strengen Schul¬
miene ganz entsagt zu haben schienen, da wurden frühere Bekanntschaften er¬
neuert, neue angeknüpft und das alte gewölbte Zimmer, das zur philologischen
Trinkstube bestimmt war. wird schwerlich so bald wieder ein so fröhliches Stim¬
mengewirr, gepaart mit dem anmuthigen Klänge von allerhand Gläsern und
Flaschen vernehmen, wie in jenen rasch entschwundenen Stunden. Die schönste
Frucht solcher Versammlungen. die persönliche Bekanntschaft der Einzelnen
untereinander, der lebhafte Wechselverkehr zwischen Aelteren und Jüngeren, be¬
deutenden und noch unbedeutenden Männern, zwischen den Vertretern der
Specialfächer in der Schul- und Alterthumswissenschaft wurde da in reicher
Fülle geboten. Und doch würde gerade dus Nebeneinander solches persönlichen
Verkehre in seiner bunten Mannigfaltigkeit sicherlich zwar für den Augenblick
sehr anregend, ebenso gewiß aber mit der Länge der Zeit ermüdend wirken
und für die Erinnerung zuletzt kaum etwas mehr als das ziemlich verwischte
Bild einer Menge bekannter und unbekannter Gesichter zurücklassen, wenn nicht
auch hier, gerade wie bei den Werke» der bildenden Kunst, dnrch das entschie¬
dene Hervortreten eines Momentes eine gestaltende, ordnende und gruppirende
Kraft aufträte, welche die Einzelheiten zu einem lebendigen Organismus ver-
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