Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.und treuherzige Gemüthlichkeit mit vielem Glück zur Schau stellte, der aber in Man wollte in Wien weder Rußland noch Preußen vergrößert und sich Man sieht, Oestreich wünschte eine Theilung Sachsens, sagte aber, wenn auch und treuherzige Gemüthlichkeit mit vielem Glück zur Schau stellte, der aber in Man wollte in Wien weder Rußland noch Preußen vergrößert und sich Man sieht, Oestreich wünschte eine Theilung Sachsens, sagte aber, wenn auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116028"/> <p xml:id="ID_359" prev="#ID_358"> und treuherzige Gemüthlichkeit mit vielem Glück zur Schau stellte, der aber in<lb/> Wahrheit niemals naiv war, den engen polizeilich-despotischen Sinn dieses echten<lb/> Habsburgers, seinen langsamen und beschränkten, aber überaus hartnäckigen Geist,<lb/> seinen tiefgewurzelten Haß gegen Preußen, seine Politik aus italienischer Schule.</p><lb/> <p xml:id="ID_360"> Man wollte in Wien weder Rußland noch Preußen vergrößert und sich<lb/> näher gerückt sehen. Mußte die Beseitigung der russischen Gefahr dadurch er¬<lb/> kauft werden, daß man den Preußen Sachsen überließ, so schien dies kaum<lb/> ein Gewinn. So hätte man gern die Absichten beider Höfe hintertrieben, und<lb/> allem Anschein nach glaubte Metternich durch ein kluges Mischen der Karten,<lb/> wobei falsche mitunterlaufen dürften, dieses Doppelziel, welches schon während<lb/> des Kriegs die Politik Oestreichs bestimmt hatte, auch jetzt noch zu erreichen.<lb/> Am Is. October willigte er in die sofortige Uebergabe der Verwaltung Sachsens<lb/> an Preußen, und am 22. beantwortete er die Mittheilungen Hardenbergs in<lb/> Betreff der polnischen Frage mit einer Note, welche eitel Freundschaft gegen<lb/> Preußen athmete. Es hieß da, der von Oestreich angeregte Gedanke, in Europa<lb/> eine Mittelmacht zu gründen, die auf der durch einen deutschen Bund ver¬<lb/> stärkten engsten Verbindung Preußens mit Oestreich beruhe, werde durch die<lb/> Pläne Alexanders in Polen gefährdet, diese Pläne widersprächen den Verträgen,<lb/> die Rußland mit Preußen und Oestreich geschlossen, und er sei von seinem Kai¬<lb/> ser beauftragt, sich mit Hardenberg und Castlereagh über die Sache zu ver¬<lb/> ständigen. Dann folgte aber die Erklärung, daß Kaiser Franz die Einverleibung<lb/> der gesammten sächsischen Lande in Preußen nur mit Bedauern sehen würde,<lb/> ein Bedauern, welches die Zustimmung Englands und Rußlands zu dieser<lb/> Maßregel nicht mindern könne. Der König von Preußen möge erwägen, wie<lb/> viele Ungelegenheiten sich aus der Vereinigung des gesammten Königreichs<lb/> Sachsen mit seinem Reich ergeben und wie viele deren vermieden werden wür¬<lb/> den, wenn ein Theil desselben, an der Grenze Böhmens erhalten bliebe.<lb/> Sollte aber die Macht der Umstände die Vereinigung des ganzen Landes mit<lb/> Preußen herbeiführen, so müsse der Kaiser seine Zustimmung davon abhängig<lb/> machen, daß diese Frage mit den anderweitigen territorialen Bestimmungen im<lb/> Innern Deutschlands erledigt werde. Der Kaiser halte die Mainlinie mit<lb/> Mainz für nothwendig zur Vertheidigung Süddeutschlands und zur Sicherheit<lb/> Oestreichs. Jenseits des Rheins aber dürfe Preußen sich nicht auf das rechte<lb/> Ufer der Mosel ausdehnen, damit man Raum behalte, „die Loose der süd¬<lb/> deutschen Fürsten zu vervollständigen," d. h. Bayern für das Innviertel zu<lb/> entschädigen, welches es an Oestreich abtreten mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_361" next="#ID_362"> Man sieht, Oestreich wünschte eine Theilung Sachsens, sagte aber, wenn auch<lb/> in vorsichtiger Weise, unter der Bedingung, daß Preußen einen guten Preis dafür<lb/> zahle und sich herbeiließe, alles Land im Süden der Mosel mit Mainz und<lb/> Coblenz den süddeutschen Anhängern Oestreichs abzutreten, auch ganz Sachsen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
und treuherzige Gemüthlichkeit mit vielem Glück zur Schau stellte, der aber in
Wahrheit niemals naiv war, den engen polizeilich-despotischen Sinn dieses echten
Habsburgers, seinen langsamen und beschränkten, aber überaus hartnäckigen Geist,
seinen tiefgewurzelten Haß gegen Preußen, seine Politik aus italienischer Schule.
Man wollte in Wien weder Rußland noch Preußen vergrößert und sich
näher gerückt sehen. Mußte die Beseitigung der russischen Gefahr dadurch er¬
kauft werden, daß man den Preußen Sachsen überließ, so schien dies kaum
ein Gewinn. So hätte man gern die Absichten beider Höfe hintertrieben, und
allem Anschein nach glaubte Metternich durch ein kluges Mischen der Karten,
wobei falsche mitunterlaufen dürften, dieses Doppelziel, welches schon während
des Kriegs die Politik Oestreichs bestimmt hatte, auch jetzt noch zu erreichen.
Am Is. October willigte er in die sofortige Uebergabe der Verwaltung Sachsens
an Preußen, und am 22. beantwortete er die Mittheilungen Hardenbergs in
Betreff der polnischen Frage mit einer Note, welche eitel Freundschaft gegen
Preußen athmete. Es hieß da, der von Oestreich angeregte Gedanke, in Europa
eine Mittelmacht zu gründen, die auf der durch einen deutschen Bund ver¬
stärkten engsten Verbindung Preußens mit Oestreich beruhe, werde durch die
Pläne Alexanders in Polen gefährdet, diese Pläne widersprächen den Verträgen,
die Rußland mit Preußen und Oestreich geschlossen, und er sei von seinem Kai¬
ser beauftragt, sich mit Hardenberg und Castlereagh über die Sache zu ver¬
ständigen. Dann folgte aber die Erklärung, daß Kaiser Franz die Einverleibung
der gesammten sächsischen Lande in Preußen nur mit Bedauern sehen würde,
ein Bedauern, welches die Zustimmung Englands und Rußlands zu dieser
Maßregel nicht mindern könne. Der König von Preußen möge erwägen, wie
viele Ungelegenheiten sich aus der Vereinigung des gesammten Königreichs
Sachsen mit seinem Reich ergeben und wie viele deren vermieden werden wür¬
den, wenn ein Theil desselben, an der Grenze Böhmens erhalten bliebe.
Sollte aber die Macht der Umstände die Vereinigung des ganzen Landes mit
Preußen herbeiführen, so müsse der Kaiser seine Zustimmung davon abhängig
machen, daß diese Frage mit den anderweitigen territorialen Bestimmungen im
Innern Deutschlands erledigt werde. Der Kaiser halte die Mainlinie mit
Mainz für nothwendig zur Vertheidigung Süddeutschlands und zur Sicherheit
Oestreichs. Jenseits des Rheins aber dürfe Preußen sich nicht auf das rechte
Ufer der Mosel ausdehnen, damit man Raum behalte, „die Loose der süd¬
deutschen Fürsten zu vervollständigen," d. h. Bayern für das Innviertel zu
entschädigen, welches es an Oestreich abtreten mußte.
Man sieht, Oestreich wünschte eine Theilung Sachsens, sagte aber, wenn auch
in vorsichtiger Weise, unter der Bedingung, daß Preußen einen guten Preis dafür
zahle und sich herbeiließe, alles Land im Süden der Mosel mit Mainz und
Coblenz den süddeutschen Anhängern Oestreichs abzutreten, auch ganz Sachsen
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