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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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mit seinem Genius halte. Er fragte den Sendboten um Zion und das heilige
Land, und als dieser Trauriges berichtete, weinte und klagte er, indem er sich
auf die Erde warf. Als er dann, von jenem über den Stamm Dan befragt
wurde, erwiderte er. daß dieser ein großes selbständiges Reich östlich von Zanaa
bilde und von einem Fürsten beherrscht sei. der nasi heiße. Von dem Frem¬
den aufgefordert, ihn in seine Heimath zu begleiten, lehnte der Sendbote dies
aus Aengstlichkeit ab. In Zcfat erzählte er dann sein Erlebniß, worauf ein
Rabbi Baruch Mosche sich erbot, die Brüder vom Stamme Dan aufzusuchen.
Man rüstete ihn zu dem Zweck mit den nöthigen Mitteln aus und er ging
über Aegypten nach Zanaa. Ein devtiger Jude wurde sein Führer und sie
zogen viele Tage immer nach Osten. Da wurde der Führer plötzlich von einer
Schlange gebissen und geheilt erklärte er. nicht mehr weiter wandern zu wollen
zum Stamme Dan, "der durch den Segen des Patriarchen allein vor Schlan¬
gen in der Wüste geschützt ist."

Was von dem Stamm Dan zu halten ist, lassen wir dahin gestellt.
Sicher ist, daß im Innern Arabiens noch Juden-Stämme Hausen, die sich hier
eingefunden haben, wie es scheint, ziemlich zahlreich sind und eine gewisse
Unabhängigkeit bewahren. Sie selbst nennen sich Jehud Chebr, während die
Beduinen sie mit dem Namen Arad Seht (Araber, die den Sabbat feiern,
vielleicht auch Anhänger des obenerwähnten Sabbatai Zebi) bezeichnen. Sie
verehren Jethro, den Schwiegervater des Moses als Urahnen und sind Noma¬
den. Indem sie es ungern sehen, wenn sie von Juden als Glaubensgenossen
erkannt werden, gehen sie diesen so .viel als möglich aus dem Wege. Der
türkische Quarantäncarzt in Chanekin an der persischen Grenze, ein piemon-
tesischer Jude, der den Feldzug der Aegypter nach Arabien mitgemacht, erzählte
Petermann im Jahr 1854 Folgendes von ihnen: "Der Weg zu den Chaibar
geht von Aden nach Mokka, von da nach Chodeida, dann nach Bir-El Fachid
(Bet El Falls), von wo aus es zwei Wege gibt, der eine führt nach Dschessan,
der andere nach Sana (Zanaa). Von Dschessan kommt man zu den Jan, wo
die Chaibar sind, und von da geht es über Braris, Komfoda und Lina nach
Dschidda zurück. Der Missionär Wolfs ist bei den Chaibar gewesen, hat aber
nicht, wie er behauptet, Proselyten unter ihnen gemacht. Sie sind sehr gastfrei,
bewahren aber streng ihre Religion und ihre Frauen. Sie kennen den Talmud
nicht, besitzen jedoch schöne Gesetzbücher, namentlich Pentateuchc und auch an¬
dere Bücher, die uns ganz unbekannt und in einer unbekannten Schrift geschrie¬
ben sind. Sie sollen an 40,000 Zelte haben und leben völlig unabhängig,
von ihren Rabbinen als ihren Schechs regiert. Nächst Moses verehren sie
vorzüglich Esra."

Der erwähnte Rabbi Schwarz in Jerusalem (allerdings als unklarer und
phantastischer Kopf nicht besonders glaubwürdig) erzählte ferner Frank!, daß


mit seinem Genius halte. Er fragte den Sendboten um Zion und das heilige
Land, und als dieser Trauriges berichtete, weinte und klagte er, indem er sich
auf die Erde warf. Als er dann, von jenem über den Stamm Dan befragt
wurde, erwiderte er. daß dieser ein großes selbständiges Reich östlich von Zanaa
bilde und von einem Fürsten beherrscht sei. der nasi heiße. Von dem Frem¬
den aufgefordert, ihn in seine Heimath zu begleiten, lehnte der Sendbote dies
aus Aengstlichkeit ab. In Zcfat erzählte er dann sein Erlebniß, worauf ein
Rabbi Baruch Mosche sich erbot, die Brüder vom Stamme Dan aufzusuchen.
Man rüstete ihn zu dem Zweck mit den nöthigen Mitteln aus und er ging
über Aegypten nach Zanaa. Ein devtiger Jude wurde sein Führer und sie
zogen viele Tage immer nach Osten. Da wurde der Führer plötzlich von einer
Schlange gebissen und geheilt erklärte er. nicht mehr weiter wandern zu wollen
zum Stamme Dan, „der durch den Segen des Patriarchen allein vor Schlan¬
gen in der Wüste geschützt ist."

Was von dem Stamm Dan zu halten ist, lassen wir dahin gestellt.
Sicher ist, daß im Innern Arabiens noch Juden-Stämme Hausen, die sich hier
eingefunden haben, wie es scheint, ziemlich zahlreich sind und eine gewisse
Unabhängigkeit bewahren. Sie selbst nennen sich Jehud Chebr, während die
Beduinen sie mit dem Namen Arad Seht (Araber, die den Sabbat feiern,
vielleicht auch Anhänger des obenerwähnten Sabbatai Zebi) bezeichnen. Sie
verehren Jethro, den Schwiegervater des Moses als Urahnen und sind Noma¬
den. Indem sie es ungern sehen, wenn sie von Juden als Glaubensgenossen
erkannt werden, gehen sie diesen so .viel als möglich aus dem Wege. Der
türkische Quarantäncarzt in Chanekin an der persischen Grenze, ein piemon-
tesischer Jude, der den Feldzug der Aegypter nach Arabien mitgemacht, erzählte
Petermann im Jahr 1854 Folgendes von ihnen: „Der Weg zu den Chaibar
geht von Aden nach Mokka, von da nach Chodeida, dann nach Bir-El Fachid
(Bet El Falls), von wo aus es zwei Wege gibt, der eine führt nach Dschessan,
der andere nach Sana (Zanaa). Von Dschessan kommt man zu den Jan, wo
die Chaibar sind, und von da geht es über Braris, Komfoda und Lina nach
Dschidda zurück. Der Missionär Wolfs ist bei den Chaibar gewesen, hat aber
nicht, wie er behauptet, Proselyten unter ihnen gemacht. Sie sind sehr gastfrei,
bewahren aber streng ihre Religion und ihre Frauen. Sie kennen den Talmud
nicht, besitzen jedoch schöne Gesetzbücher, namentlich Pentateuchc und auch an¬
dere Bücher, die uns ganz unbekannt und in einer unbekannten Schrift geschrie¬
ben sind. Sie sollen an 40,000 Zelte haben und leben völlig unabhängig,
von ihren Rabbinen als ihren Schechs regiert. Nächst Moses verehren sie
vorzüglich Esra."

Der erwähnte Rabbi Schwarz in Jerusalem (allerdings als unklarer und
phantastischer Kopf nicht besonders glaubwürdig) erzählte ferner Frank!, daß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/82>, abgerufen am 28.07.2024.