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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Zu dem zweiten Absätze fügte er zu den Worten: "Kunstfleiß unserer
Städte" den Satz hinzu:

"Die Freiheit des Handels ward gehemmt und dadurch die Quelle des
Erwerbs und des Wohlstandes verstopft."

In dem siebenten Absatz erläuterte er die von allen Ständen zu fordernden
Opfer Mit dem Zusatz:

"Ihr werdet sie lieber geben für das Vaterland, für euren angebornen
König, als für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren,
eure Söhne und eure letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz
fremd sind."

Das Datum des 17. März 1813 wurde hinzugefügt, und dann ging die
Reinschrift an den König zur Unterzeichnung ab. Derselbe gab dem Aufruf die
Ueberschrift: "An mein Volk", änderte den Satz, nach welchem Napoleon durch
ihn hätte überzeugt werden sollen, daß es sein Vortheil, "Preußen seine Un¬
abhängigkeit wiederzugeben", dahin ab, daß es nur hieß, "Preußen seine Un¬
abhängigkeit zu lassen", setzte in Alinea 3 statt "Erinnert euch an die Vor¬
zeit des großen Kurfürsten, des großen Friedrich" die Worte "Erinnert euch an
die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, den großen Friedrich," und so ging der
Aufruf in die Welt. Die allgemeine Begeisterung, die er hervorrief, war der
schönste Lohn des Verfassers.

Hippel erbat sich vom König die Erlaubniß, persönlich an dem Kampfe
theilzunehmen und sich zur ostpreußischen Landwehr zu begeben. Er erhielt die¬
selbe. Seine Freunde aber. Vorzüglich der Staatskanzler, dem er unentbehrlich
geworden, suchten ihn von dem Gedanken abzubringen, und nach langem Wider¬
streben sah er endlich vom Eintritt in das Heer ab. Noch einmal indeß, und
zwar Mitte Mai in Dresden, wiederholte er sein Gesuch beim König, bekam
aber die Antwort: "Wer soll denn die Geschäfte besorgen, wenn Alles Soldat
sein will? Beamte können in ihrer Stellung ebenso unentbehrlich sein, wie der
Soldat in der seinigen," und stand nun von allen weiteren Versuchen in dieser
Richtung ab.

Kurz zuvor war es ihm vergönnt gewesen, noch einmal einen schönen Ge¬
danken, den er lange schon gehegt, den aber erst die Schlacht bei Groß-Gör-
schen zur Reife gebracht, zur That werden zu sehen. Der König hatte das
eiserne Kreuz gestiftet, und dies hatte in Hippel die Idee wachgerufen, auch
für die ein bleibendes Denkmal zu schaffen, die für das Vaterland gefallen
waren und so diesen kriegerischen Schmuck nicht gewinnen konnten. Auf seine
Veranlassung und von ihm entworfen erschien jene königliche Verordnung
vom 5. Mai 1813, welche die in dem Befreiungskriege gefallenen Helden durch
Aufstellung von Tafeln mit ihren Namen in den Kirchen ihrer Wohnorte zu
ehren befahl.


Zu dem zweiten Absätze fügte er zu den Worten: „Kunstfleiß unserer
Städte" den Satz hinzu:

„Die Freiheit des Handels ward gehemmt und dadurch die Quelle des
Erwerbs und des Wohlstandes verstopft."

In dem siebenten Absatz erläuterte er die von allen Ständen zu fordernden
Opfer Mit dem Zusatz:

„Ihr werdet sie lieber geben für das Vaterland, für euren angebornen
König, als für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren,
eure Söhne und eure letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz
fremd sind."

Das Datum des 17. März 1813 wurde hinzugefügt, und dann ging die
Reinschrift an den König zur Unterzeichnung ab. Derselbe gab dem Aufruf die
Ueberschrift: „An mein Volk", änderte den Satz, nach welchem Napoleon durch
ihn hätte überzeugt werden sollen, daß es sein Vortheil, „Preußen seine Un¬
abhängigkeit wiederzugeben", dahin ab, daß es nur hieß, „Preußen seine Un¬
abhängigkeit zu lassen", setzte in Alinea 3 statt „Erinnert euch an die Vor¬
zeit des großen Kurfürsten, des großen Friedrich" die Worte „Erinnert euch an
die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, den großen Friedrich," und so ging der
Aufruf in die Welt. Die allgemeine Begeisterung, die er hervorrief, war der
schönste Lohn des Verfassers.

Hippel erbat sich vom König die Erlaubniß, persönlich an dem Kampfe
theilzunehmen und sich zur ostpreußischen Landwehr zu begeben. Er erhielt die¬
selbe. Seine Freunde aber. Vorzüglich der Staatskanzler, dem er unentbehrlich
geworden, suchten ihn von dem Gedanken abzubringen, und nach langem Wider¬
streben sah er endlich vom Eintritt in das Heer ab. Noch einmal indeß, und
zwar Mitte Mai in Dresden, wiederholte er sein Gesuch beim König, bekam
aber die Antwort: „Wer soll denn die Geschäfte besorgen, wenn Alles Soldat
sein will? Beamte können in ihrer Stellung ebenso unentbehrlich sein, wie der
Soldat in der seinigen," und stand nun von allen weiteren Versuchen in dieser
Richtung ab.

Kurz zuvor war es ihm vergönnt gewesen, noch einmal einen schönen Ge¬
danken, den er lange schon gehegt, den aber erst die Schlacht bei Groß-Gör-
schen zur Reife gebracht, zur That werden zu sehen. Der König hatte das
eiserne Kreuz gestiftet, und dies hatte in Hippel die Idee wachgerufen, auch
für die ein bleibendes Denkmal zu schaffen, die für das Vaterland gefallen
waren und so diesen kriegerischen Schmuck nicht gewinnen konnten. Auf seine
Veranlassung und von ihm entworfen erschien jene königliche Verordnung
vom 5. Mai 1813, welche die in dem Befreiungskriege gefallenen Helden durch
Aufstellung von Tafeln mit ihren Namen in den Kirchen ihrer Wohnorte zu
ehren befahl.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/502>, abgerufen am 28.07.2024.