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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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sein Patnotismus ihn Manches wagen und opfern ließ, was Andere nicht
wagten und opferten.

Auf die Zeit des Falles folgten die Jahre der Reformen, welche die
Wiedererhebung Preußens vorbereiteten. Der allgemeinen Aufregung gegen
Napoleon im Jahre 1809 blieb Hippel nicht fern, und da er einen allgemeinen
Losbruch gegen die Franzosen für unvermeidlich hielt, so rüstete er sich und zwölf
seiner Leute aus, um als Reiter sich am Kampfe zu betheiligen. Der Tugend¬
bund und die Werbungen für die Beibehaltung des Ministeriums Stein gingen
an ihm vorüber, da er für "dem damaligen Ultra-Liberalismus nicht geneigt"
galt. In der That sah er einige der steinschen Einrichtungen für verfrüht an,
auch tadelte er Steins Leidenschaftlichkeit. Indeß betrachtete er ihn andrerseits
als "Retter seines Vaterlandes", als "hellsehender heroischen Staatsmann",
als "einen deutschthümlichen, reichsunmittelbaren und reichsfreiherrlichen Mira-
beau, doch ohne des Franzosen Gottlosigkeit und Geschliffenheit", und arbeitete
für ihn ein ganzes Heft politischer Denkschriften aus, von denen eine (S. 117
bis 122 unsrer Schrift mitgetheilt) eine Ncpräsentativ-Verfassung mit legislativer
Befugniß der Abgeordneten befürwortete, die jedoch nicht an ihre Adresse ge¬
langten, da Stein zu früh seine Entlassung erhielt.

1809 machte Hippel durch Dohnas Vermittelung die Bekanntschaft von
Altenstein, Humboldt, Scharnhorst und Krauseneck, und wahrscheinlich trat er
damals auch Hardenberg näher, welcher in dieser Zeit in der Zurückgezogenheit
zu Marienwerder lebte. In jenen Tagen übersandte er ferner dem Minister
Dohna einen anonymen Aufsatz über eine gründliche Reform des landschaftlichen
Creditsystems, der jenem so wohl gefiel, daß er ihn den preußischen Landschaften
zur Beachtung mittheilte.

Der König hatte sich allmälig überzeugt, daß Altenstein nicht der rechte
Minister für das Land sei. Hardenberg übernahm die Leitung der Geschäfte.
Seine Ernennung wurde von den Patrioten mit Freude begrüßt, seine Finanz¬
pläne dagegen, sein neues Abgabensystem, welches die Grundstcuerbefrciungen
abschaffte, erregten in weiten Kreisen große Mißstimmung. Hippel unternahm
es. der letztern Worte zu geben. Im December 1810 sendete er dein Staats¬
kanzler einen anonymen Aufsatz ein. in welchem er den Grundsatz aufstellte,
daß Hardenbergs System "zwar theoretisch richtig, aber nur einem Volke an¬
gemessen sei, das politisch frei sei und sich im Wohlstande, nicht einem, das
sich im Elende befände und an solchen Kriegswundcn blutete wie Preußen."
Er führte weiter aus, "daß indirecte Steuern dem Geiste des Landvolkes in
Preußen, vornehmlich aber in seiner Heimathsprovinz ganz entgegen seien und
die nachtheiligste Stimmung erzeugen würden." Endlich sprach er sich unver¬
hohlen dahin aus, daß statt Mahl- und Schlachtsteuer des platten Landes keine
andere Abgabe übrig bleiben werde als eine Personen- oder Classenstcuer.


sein Patnotismus ihn Manches wagen und opfern ließ, was Andere nicht
wagten und opferten.

Auf die Zeit des Falles folgten die Jahre der Reformen, welche die
Wiedererhebung Preußens vorbereiteten. Der allgemeinen Aufregung gegen
Napoleon im Jahre 1809 blieb Hippel nicht fern, und da er einen allgemeinen
Losbruch gegen die Franzosen für unvermeidlich hielt, so rüstete er sich und zwölf
seiner Leute aus, um als Reiter sich am Kampfe zu betheiligen. Der Tugend¬
bund und die Werbungen für die Beibehaltung des Ministeriums Stein gingen
an ihm vorüber, da er für „dem damaligen Ultra-Liberalismus nicht geneigt"
galt. In der That sah er einige der steinschen Einrichtungen für verfrüht an,
auch tadelte er Steins Leidenschaftlichkeit. Indeß betrachtete er ihn andrerseits
als „Retter seines Vaterlandes", als „hellsehender heroischen Staatsmann",
als „einen deutschthümlichen, reichsunmittelbaren und reichsfreiherrlichen Mira-
beau, doch ohne des Franzosen Gottlosigkeit und Geschliffenheit", und arbeitete
für ihn ein ganzes Heft politischer Denkschriften aus, von denen eine (S. 117
bis 122 unsrer Schrift mitgetheilt) eine Ncpräsentativ-Verfassung mit legislativer
Befugniß der Abgeordneten befürwortete, die jedoch nicht an ihre Adresse ge¬
langten, da Stein zu früh seine Entlassung erhielt.

1809 machte Hippel durch Dohnas Vermittelung die Bekanntschaft von
Altenstein, Humboldt, Scharnhorst und Krauseneck, und wahrscheinlich trat er
damals auch Hardenberg näher, welcher in dieser Zeit in der Zurückgezogenheit
zu Marienwerder lebte. In jenen Tagen übersandte er ferner dem Minister
Dohna einen anonymen Aufsatz über eine gründliche Reform des landschaftlichen
Creditsystems, der jenem so wohl gefiel, daß er ihn den preußischen Landschaften
zur Beachtung mittheilte.

Der König hatte sich allmälig überzeugt, daß Altenstein nicht der rechte
Minister für das Land sei. Hardenberg übernahm die Leitung der Geschäfte.
Seine Ernennung wurde von den Patrioten mit Freude begrüßt, seine Finanz¬
pläne dagegen, sein neues Abgabensystem, welches die Grundstcuerbefrciungen
abschaffte, erregten in weiten Kreisen große Mißstimmung. Hippel unternahm
es. der letztern Worte zu geben. Im December 1810 sendete er dein Staats¬
kanzler einen anonymen Aufsatz ein. in welchem er den Grundsatz aufstellte,
daß Hardenbergs System „zwar theoretisch richtig, aber nur einem Volke an¬
gemessen sei, das politisch frei sei und sich im Wohlstande, nicht einem, das
sich im Elende befände und an solchen Kriegswundcn blutete wie Preußen."
Er führte weiter aus, „daß indirecte Steuern dem Geiste des Landvolkes in
Preußen, vornehmlich aber in seiner Heimathsprovinz ganz entgegen seien und
die nachtheiligste Stimmung erzeugen würden." Endlich sprach er sich unver¬
hohlen dahin aus, daß statt Mahl- und Schlachtsteuer des platten Landes keine
andere Abgabe übrig bleiben werde als eine Personen- oder Classenstcuer.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/495>, abgerufen am 23.12.2024.