Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

faltiger Forschungen, vieler und reifer Ueberlegungen und dreihundertjähriger
Erfahrung und kann von uns in ihren Hauptbestunmungen nicht ausgegeben
werden." Asfiliirte gilt es für den Orden heranzuziehen und "damit alle Welt
zu beglücken.

Der Landtag von Vorarlberg, der sich in den ersten Monaten des Jah¬
res 1863 versammelte, richtete an das östreichische Staatsministerium die Bitte,
es wolle die Jesuiten am Gymnasium in Feldkirch zur genauen Beobachtung
aller gesetzlichen Anforderungen (also des jener ratio swäioruin schnurstracks
entgegengesetzten Organisativnsentwurfs für östreichische Gymnasien) anhalten
und wenn sie denselben nicht nachkamen, ihnen diese Lehranstalt entziehen und
letztere womöglich im Schuljahr 18°V°" anderweitig besetzen. So viel uns
bekannt ist, sind vom Ministerium entsprechende Anordnungen erfolgt, man
klagt aber in der betreffenden Abtheilung für den Unterricht sehr; daß sie die
k, k. Statthaltern in Innsbruck unberücksichtigt lasse. Wie lange wird man
den jesuitischen Troiz und Unfug dulden? Der Fortbestand eines Jesuiten¬
gymnasiums paßt sehr schlecht zu den Principien einer Regierung, von der man
uns täglich sagt, daß sie dem Fortschritt huldige und für die Kräftigung der
Liebe zum deutschen Vaterlande Schwärme, welches jene Römlinge so gründlich
hassen. ,




'Oestreich und die öffentliche Meinung.

Es ist sehr belehrend, die Wandlungen zu betrachten, welche die öffentliche
Meinung in Deutschland gegenüber dem östreichischen Reformproject durchgemacht
hat. Als die erste Nachricht von dem persönlichen Vortreten des Kaisers durch
die Tagespresse flog, da wirkte das Unerwartete des Schrittes und die Hoff¬
nung, daß unser Ringen nach staatlicher Einheit durch ein östreichisches Reform¬
project wesentliche Förderung erfahren könne, so stark auf die Gemüther, daß
selbst die Führer der nationalen Partei für nothwendig hielten, der neuen Aus¬
sicht entgegenzukommen und, um eine Spaltung der Volkspartei zu verhindern,
'dem Unternehmen eine achtungsvolle Anerkennung auszudrücken. Die gemäßigte
und rücksichtsvolle Kritik, welche der Abgevrdnetentag aussprach, schon damals


faltiger Forschungen, vieler und reifer Ueberlegungen und dreihundertjähriger
Erfahrung und kann von uns in ihren Hauptbestunmungen nicht ausgegeben
werden." Asfiliirte gilt es für den Orden heranzuziehen und "damit alle Welt
zu beglücken.

Der Landtag von Vorarlberg, der sich in den ersten Monaten des Jah¬
res 1863 versammelte, richtete an das östreichische Staatsministerium die Bitte,
es wolle die Jesuiten am Gymnasium in Feldkirch zur genauen Beobachtung
aller gesetzlichen Anforderungen (also des jener ratio swäioruin schnurstracks
entgegengesetzten Organisativnsentwurfs für östreichische Gymnasien) anhalten
und wenn sie denselben nicht nachkamen, ihnen diese Lehranstalt entziehen und
letztere womöglich im Schuljahr 18°V°» anderweitig besetzen. So viel uns
bekannt ist, sind vom Ministerium entsprechende Anordnungen erfolgt, man
klagt aber in der betreffenden Abtheilung für den Unterricht sehr; daß sie die
k, k. Statthaltern in Innsbruck unberücksichtigt lasse. Wie lange wird man
den jesuitischen Troiz und Unfug dulden? Der Fortbestand eines Jesuiten¬
gymnasiums paßt sehr schlecht zu den Principien einer Regierung, von der man
uns täglich sagt, daß sie dem Fortschritt huldige und für die Kräftigung der
Liebe zum deutschen Vaterlande Schwärme, welches jene Römlinge so gründlich
hassen. ,




'Oestreich und die öffentliche Meinung.

Es ist sehr belehrend, die Wandlungen zu betrachten, welche die öffentliche
Meinung in Deutschland gegenüber dem östreichischen Reformproject durchgemacht
hat. Als die erste Nachricht von dem persönlichen Vortreten des Kaisers durch
die Tagespresse flog, da wirkte das Unerwartete des Schrittes und die Hoff¬
nung, daß unser Ringen nach staatlicher Einheit durch ein östreichisches Reform¬
project wesentliche Förderung erfahren könne, so stark auf die Gemüther, daß
selbst die Führer der nationalen Partei für nothwendig hielten, der neuen Aus¬
sicht entgegenzukommen und, um eine Spaltung der Volkspartei zu verhindern,
'dem Unternehmen eine achtungsvolle Anerkennung auszudrücken. Die gemäßigte
und rücksichtsvolle Kritik, welche der Abgevrdnetentag aussprach, schon damals


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115870"/>
          <p xml:id="ID_1435" prev="#ID_1434"> faltiger Forschungen, vieler und reifer Ueberlegungen und dreihundertjähriger<lb/>
Erfahrung und kann von uns in ihren Hauptbestunmungen nicht ausgegeben<lb/>
werden." Asfiliirte gilt es für den Orden heranzuziehen und "damit alle Welt<lb/>
zu beglücken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1436"> Der Landtag von Vorarlberg, der sich in den ersten Monaten des Jah¬<lb/>
res 1863 versammelte, richtete an das östreichische Staatsministerium die Bitte,<lb/>
es wolle die Jesuiten am Gymnasium in Feldkirch zur genauen Beobachtung<lb/>
aller gesetzlichen Anforderungen (also des jener ratio swäioruin schnurstracks<lb/>
entgegengesetzten Organisativnsentwurfs für östreichische Gymnasien) anhalten<lb/>
und wenn sie denselben nicht nachkamen, ihnen diese Lehranstalt entziehen und<lb/>
letztere womöglich im Schuljahr 18°V°» anderweitig besetzen. So viel uns<lb/>
bekannt ist, sind vom Ministerium entsprechende Anordnungen erfolgt, man<lb/>
klagt aber in der betreffenden Abtheilung für den Unterricht sehr; daß sie die<lb/>
k, k. Statthaltern in Innsbruck unberücksichtigt lasse. Wie lange wird man<lb/>
den jesuitischen Troiz und Unfug dulden? Der Fortbestand eines Jesuiten¬<lb/>
gymnasiums paßt sehr schlecht zu den Principien einer Regierung, von der man<lb/>
uns täglich sagt, daß sie dem Fortschritt huldige und für die Kräftigung der<lb/>
Liebe zum deutschen Vaterlande Schwärme, welches jene Römlinge so gründlich<lb/>
hassen. ,</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> 'Oestreich und die öffentliche Meinung.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1437" next="#ID_1438"> Es ist sehr belehrend, die Wandlungen zu betrachten, welche die öffentliche<lb/>
Meinung in Deutschland gegenüber dem östreichischen Reformproject durchgemacht<lb/>
hat. Als die erste Nachricht von dem persönlichen Vortreten des Kaisers durch<lb/>
die Tagespresse flog, da wirkte das Unerwartete des Schrittes und die Hoff¬<lb/>
nung, daß unser Ringen nach staatlicher Einheit durch ein östreichisches Reform¬<lb/>
project wesentliche Förderung erfahren könne, so stark auf die Gemüther, daß<lb/>
selbst die Führer der nationalen Partei für nothwendig hielten, der neuen Aus¬<lb/>
sicht entgegenzukommen und, um eine Spaltung der Volkspartei zu verhindern,<lb/>
'dem Unternehmen eine achtungsvolle Anerkennung auszudrücken. Die gemäßigte<lb/>
und rücksichtsvolle Kritik, welche der Abgevrdnetentag aussprach, schon damals</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0478] faltiger Forschungen, vieler und reifer Ueberlegungen und dreihundertjähriger Erfahrung und kann von uns in ihren Hauptbestunmungen nicht ausgegeben werden." Asfiliirte gilt es für den Orden heranzuziehen und "damit alle Welt zu beglücken. Der Landtag von Vorarlberg, der sich in den ersten Monaten des Jah¬ res 1863 versammelte, richtete an das östreichische Staatsministerium die Bitte, es wolle die Jesuiten am Gymnasium in Feldkirch zur genauen Beobachtung aller gesetzlichen Anforderungen (also des jener ratio swäioruin schnurstracks entgegengesetzten Organisativnsentwurfs für östreichische Gymnasien) anhalten und wenn sie denselben nicht nachkamen, ihnen diese Lehranstalt entziehen und letztere womöglich im Schuljahr 18°V°» anderweitig besetzen. So viel uns bekannt ist, sind vom Ministerium entsprechende Anordnungen erfolgt, man klagt aber in der betreffenden Abtheilung für den Unterricht sehr; daß sie die k, k. Statthaltern in Innsbruck unberücksichtigt lasse. Wie lange wird man den jesuitischen Troiz und Unfug dulden? Der Fortbestand eines Jesuiten¬ gymnasiums paßt sehr schlecht zu den Principien einer Regierung, von der man uns täglich sagt, daß sie dem Fortschritt huldige und für die Kräftigung der Liebe zum deutschen Vaterlande Schwärme, welches jene Römlinge so gründlich hassen. , 'Oestreich und die öffentliche Meinung. Es ist sehr belehrend, die Wandlungen zu betrachten, welche die öffentliche Meinung in Deutschland gegenüber dem östreichischen Reformproject durchgemacht hat. Als die erste Nachricht von dem persönlichen Vortreten des Kaisers durch die Tagespresse flog, da wirkte das Unerwartete des Schrittes und die Hoff¬ nung, daß unser Ringen nach staatlicher Einheit durch ein östreichisches Reform¬ project wesentliche Förderung erfahren könne, so stark auf die Gemüther, daß selbst die Führer der nationalen Partei für nothwendig hielten, der neuen Aus¬ sicht entgegenzukommen und, um eine Spaltung der Volkspartei zu verhindern, 'dem Unternehmen eine achtungsvolle Anerkennung auszudrücken. Die gemäßigte und rücksichtsvolle Kritik, welche der Abgevrdnetentag aussprach, schon damals

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/478
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/478>, abgerufen am 22.12.2024.