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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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ster der Nation haben daran gearbeitet, und so ist sie die herrschende geblieben.
Sie wurde wiederholt aufgelegt. Der erneuerten danziger Ausgabe von 1632
ging eine Revision des Textes voraus, wobei jedoch der Wörtlichteit der Über¬
tragung die Reinheit des polnischen Stils theilweise zum Opfer gebracht wurde.
Die neueste Ausgabe ist auf Veranstaltung der preußischen Hauptbibelgesellschaft
im Jahre 1854 in der cansteinschen Bibelanstalt in Halle erschienen.

Von den Bekenntnißschriften der evangelischen Kirche nimmt die augsbur¬
gische Konfession bei den Polen die erste Stelle ein. Die erste Uebersetzung
derselben kam schon 1566 in Königsberg heraus. Seitdem verschiedene Aus¬
gaben daselbst, in Schlesien und in Polen. Der neueste Abdruck ist im Jahre
1854 zu Königsberg erschienen und von dort aus auch nach Schlesien und
Posen verbreitet.

Für den Unterricht der Jugend bildet der lutherische Katechismus in
Preußen, Posen und Schlesien überall wesentlich die Grundlage. In Preußen
ist eine sehr alte, mit Sprüchen nach der sctlucianschen Bibelübersetzung ver¬
sehene Übertragung desselben im Gebrauch. Die daneben vorkommenden Ueber¬
setzungen späterer Religionsbücher von Weiß, Rambach, Wald, Falkenberg u. a.
haben nur eine geringe Verbreitung. In Schlesien und Posen ist der den
Gesangbüchern angefügte brieger Katechismus überwiegend verbreitet, wel¬
cher in einer, zum Theil durch einige Lieder und Gebete und durch Hin-
zufügung der öcumenischen Symbole vermehrten Uebersetzung des lutherischen
besteht.

Das polnische Kirchenlied nimmt mit der Ausbreitung der Reformation
in Polen gleichzeitig seinen Anfang. Es wird berichtet, daß in Thorn die pol¬
nische Gemeinde schon im- Jahre 1530 mit dem Singen polnischer Psalmen und
Lieder der deutschen vorangegangen sei. Das erste polnische Gesangbuch aber
war das ins Polnische übertragene Gesangbuch der böhmischen Brüder (Königs¬
berg 1554), welchem 1558 ein lutherisches in Krakau folgte. Die Reformirten
wandten ihren Fleiß vornehmlich auf die metrische Übersetzung der Psalmen,
von denen die erste durch Nicolaus Rey um 1564--55 erschien, 1580 a>'er die
berühmte, im höchsten Ansehen bei den Polen stehende Uebersetzung von Kocha-
nvwski (Katholik). Um die Mitte des 17. bis in das 18. Jahrhundert hatten
die preußischen Städte Danzig, Thorn, Marienwerder eigene Gesangbücher. In
Masuren entstand in derselben Zeit gleichfalls nach einander eine Reihe pol¬
nischer Gesangbücher, aus welchen um das Jahr 1738 das noch gegenwärtig
daselbst im Gebrauch stehende "Neue Preußische Gesangbuch", im Verlage der
hartungschen Hofbuchdruckerei zu Königsberg, erwuchs, dessen neueste, durch die
Mitwirkung des tgi. Evnsistoriums gereinigte Ausgabe im Jahre 1856 erschie¬
nen ist. Es umfaßt 904 Lieder, von denen etwa zwei Drittheile Uebersetzungen
classischer deutscher Kirchenlieder, ein Drittheil polnische Originaldichlungen sind.


ster der Nation haben daran gearbeitet, und so ist sie die herrschende geblieben.
Sie wurde wiederholt aufgelegt. Der erneuerten danziger Ausgabe von 1632
ging eine Revision des Textes voraus, wobei jedoch der Wörtlichteit der Über¬
tragung die Reinheit des polnischen Stils theilweise zum Opfer gebracht wurde.
Die neueste Ausgabe ist auf Veranstaltung der preußischen Hauptbibelgesellschaft
im Jahre 1854 in der cansteinschen Bibelanstalt in Halle erschienen.

Von den Bekenntnißschriften der evangelischen Kirche nimmt die augsbur¬
gische Konfession bei den Polen die erste Stelle ein. Die erste Uebersetzung
derselben kam schon 1566 in Königsberg heraus. Seitdem verschiedene Aus¬
gaben daselbst, in Schlesien und in Polen. Der neueste Abdruck ist im Jahre
1854 zu Königsberg erschienen und von dort aus auch nach Schlesien und
Posen verbreitet.

Für den Unterricht der Jugend bildet der lutherische Katechismus in
Preußen, Posen und Schlesien überall wesentlich die Grundlage. In Preußen
ist eine sehr alte, mit Sprüchen nach der sctlucianschen Bibelübersetzung ver¬
sehene Übertragung desselben im Gebrauch. Die daneben vorkommenden Ueber¬
setzungen späterer Religionsbücher von Weiß, Rambach, Wald, Falkenberg u. a.
haben nur eine geringe Verbreitung. In Schlesien und Posen ist der den
Gesangbüchern angefügte brieger Katechismus überwiegend verbreitet, wel¬
cher in einer, zum Theil durch einige Lieder und Gebete und durch Hin-
zufügung der öcumenischen Symbole vermehrten Uebersetzung des lutherischen
besteht.

Das polnische Kirchenlied nimmt mit der Ausbreitung der Reformation
in Polen gleichzeitig seinen Anfang. Es wird berichtet, daß in Thorn die pol¬
nische Gemeinde schon im- Jahre 1530 mit dem Singen polnischer Psalmen und
Lieder der deutschen vorangegangen sei. Das erste polnische Gesangbuch aber
war das ins Polnische übertragene Gesangbuch der böhmischen Brüder (Königs¬
berg 1554), welchem 1558 ein lutherisches in Krakau folgte. Die Reformirten
wandten ihren Fleiß vornehmlich auf die metrische Übersetzung der Psalmen,
von denen die erste durch Nicolaus Rey um 1564—55 erschien, 1580 a>'er die
berühmte, im höchsten Ansehen bei den Polen stehende Uebersetzung von Kocha-
nvwski (Katholik). Um die Mitte des 17. bis in das 18. Jahrhundert hatten
die preußischen Städte Danzig, Thorn, Marienwerder eigene Gesangbücher. In
Masuren entstand in derselben Zeit gleichfalls nach einander eine Reihe pol¬
nischer Gesangbücher, aus welchen um das Jahr 1738 das noch gegenwärtig
daselbst im Gebrauch stehende „Neue Preußische Gesangbuch", im Verlage der
hartungschen Hofbuchdruckerei zu Königsberg, erwuchs, dessen neueste, durch die
Mitwirkung des tgi. Evnsistoriums gereinigte Ausgabe im Jahre 1856 erschie¬
nen ist. Es umfaßt 904 Lieder, von denen etwa zwei Drittheile Uebersetzungen
classischer deutscher Kirchenlieder, ein Drittheil polnische Originaldichlungen sind.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/464>, abgerufen am 28.07.2024.